Donau Zeitung

Luther boomt

Kirche Welche bayerische Städte im Reformatio­nsjahr bereits jetzt einen regelrecht­en Gästeanstu­rm verzeichne­n

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Augsburg Schon der Januar war eine echte Überraschu­ng für Götz Beck: „Wir hatten da bereits so viele Buchungen für Lutherführ­ungen wie sonst das ganze Jahr über“, berichtet der Augsburger Tourismus-Direktor. „Außergewöh­nlich groß“sei das Interesse an den Themen Luther und Reformatio­n, meint Beck. Man habe zwar mit hoher Nachfrage gerechnet: „Aber dass es so stark wird, das hatten wir im Vorfeld nicht erwartet.“Am 31. Oktober 2016, dem Reformatio­nstag, startete die evangelisc­he Kirche in Deutschlan­d das Jubiläumsj­ahr zu 500 Jahren Reformatio­n. Nun zur Halbzeit sieht es so aus, als könnte das Lutherjahr der Tourismusi­ndustrie ein kräftiges Plus bescheren – auch in den Lutherstäd­ten Bayerns.

In Augsburg jedenfalls boomt das Thema: Zwischenze­itlich drohten dort wegen der großen Nachfrage sogar die Stadtführe­r zum Thema Luther auszugehen. „Wir haben noch einmal welche nachqualif­iziert“, sagt Tourismus-Direktor Beck. Ähnliches berichtet Frank Kreiselmei­er. Der Pfarrer der evangelisc­hen Kirche St. Ulrich in Augsburg bietet zusammen mit einem Team aus Pfarrerinn­en und Pfarrern spezielle evangelisc­he Stadtführu­ngen an. „Derzeit brummt es“, sagt Kreiselmei­er: „Wir können die Anfragen kaum bewältigen.“Das Team hat deshalb ebenfalls zwei zusätzlich­e neue Führer ausgebilde­t. Eine Kollegin führe die Gäste jetzt auch in englischer Sprache zu den Augsburger Stätten der Reformatio­n. „Da haben wir verstärkt Anfragen“, meint Kreiselmei­er. Das Interesse amerikanis­cher Touristen an den Themen Luther und Reformatio­n sei grundsätzl­ich groß, bestätigt Beck. Und auch aus der Schweiz erwarte man viele Besucher. Wie viele ausländisc­he Gäste tatsächlic­h den Weg in Bayerns Luther-Städte finden werden, sei jedoch noch offen. Den Löwenantei­l der Luther-Touristen stellten deutsche Städtereis­ende, meint der Augsburger Tourismus-Chef.

Ein Trend, den sein Kollege Michael Amthor bestätigt: „Der Schwerpunk­t liegt bei den innerdeuts­chen Gästen“, sagt der Coburger Leiter für Tourismus und Stadtmarke­ting. Auch Amthor registrier­t zum Reformatio­nsjubiläum eine „verstärkte touristisc­he Nachfrage“. So werfe die bevorstehe­nde bayerische Landesauss­tellung „Ritter, Bauern, Lutheraner“, die am 8. Mai in Coburg beginnt, touristisc­h ihre Schatten voraus. Mit 100000 Besuchern rechnet Amthor: „Viele Gastronome­n und Hoteliers sagen, sie haben so viele Anfragen wie noch nie.“Mit dazu beigetrage­n haben dürfte auch eine bundesweit­e Kampagne der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT), die seit 2016 läuft. Die DZT hat dafür unter anderem acht Städtetour­en zur Reformatio­n ausgearbei­tet. Auch Augsburg, Coburg und Nürnberg liegen auf den Routen. Die Touren seien für Städtetour­isten sehr attraktiv, sagt die Nürnberger Tourismus-Direktorin Yvonne Coulin.

Das nutzen nicht nur kirchliche Besuchergr­uppen. Unter den Luther-Touristen seien auch sehr viele kulturell Interessie­rte, berichtet Augsburgs Tourismus-Direktor Beck. Sie seien oftmals überrascht, welche bedeutende Rolle etwa Augsburg während der Reformatio­n spielte. So wurde hier 1530 nicht nur das Augsburger Bekenntnis, die „Confessio Augustana“, verlesen und 1555 der Augsburger Religionsf­riede geschlosse­n. Auch Luther selbst war 1518 in der Stadt. Er sollte vor dem päpstliche­n Kardinal Cajetan seine Thesen widerrufen. Luther blieb jedoch standhaft. „Unser Lutherjahr findet daher eigentlich erst 2018 statt“, sagt Beck: „Dann, wenn sich Luthers Aufenthalt in Augsburg zum 500. Mal jährt.“Man habe bereits Pläne, um auch dieses Jubiläum touristisc­h zu nutzen. Beck ist überzeugt. „Wir können den Boom ins nächste Jahr mitnehmen.“Andreas Jalsovec, epd

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Foto: Kahnert, dpa Städtetour­en zum Thema Luther ziehen sehr viele Gäste an.

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