Donau Zeitung

„Facebook Mörder“tötet sich selbst

Verbrechen Der Täter von Cleveland, nach dem tagelang gefahndet wurde, erschießt sich nach einer Verfolgung­sjagd mit der Polizei. Nach dem Mordvideo wächst der Druck auf Facebook. Dessen Chef Mark Zuckerberg kündigt Konsequenz­en an

- VON THOMAS SEIBERT

Washington Drei Tage lang war Steve Stephens der meistgesuc­hte und vielleicht auch meistgehas­ste Mann in den USA – dann war seine Flucht zu Ende: Am Dienstag erschoss sich der 37-jährige Schwarze nach einer Verfolgung­sjagd mit der Polizei im Bundesstaa­t Pennsylvan­ia.

Am Ostersonnt­ag hatte Stephens in Cleveland einen wahllos ausgewählt­en 74-jährigen Mann mit einem Kopfschuss getötet und ein Video der Tat auf Facebook veröffentl­icht. Der Mord wirft neue kritische Fragen für eines der größten sozialen Medien der Welt auf. FacebookGr­ünder Mark Zuckerberg sagte am Dienstag, sein Unternehme­n wolle alles tun, um solche Vorfälle zu ver- hindern. Wie das gehen soll, weiß jedoch niemand. Stephens hatte sein Opfer, den ebenfalls afroamerik­anischen Robert Godwin, zufällig ausgewählt; vorher hatte der Täter seiner Mutter gesagt, er werde aus Wut über seine Freundin einen Menschen erschießen. Godwin war auf dem Heimweg nach einer Osterfeier mit seiner Familie, als er seinem Mörder begegnete.

Bevor er Godwin niederscho­ss, ließ Stephens den alten Mann den Vornamen seiner Freundin laut ausspreche­n. Die Brutalität des Mordes und die Veröffentl­ichung der Szene auf Facebook hatte weltweit Entsetzen ausgelöst. Die US-Polizei begann eine landesweit­e Fahndung nach Stephens, dessen Bild überall erschien. Am Dienstagvo­rmittag wurde er von Mitarbeite­rn eines McDonald’s-Restaurant­s nahe der Stadt Erie in Pennsylvan­ia, etwa 170 Kilometer östlich von Cleveland, erkannt, als er eine Bestellung für Hühnchen und Pommes frites aufgab. Die vom McDonald’s-Personal alarmierte Polizei nahm Stephens’ Verfolgung auf. Kurz darauf fuhr der mutmaßlich­e Mörder an den Fahrbahnra­nd und erschoss sich im Wagen.

Am Dienstag blieb zunächst unklar, wo sich Stephens seit Sonntag aufhielt und ob er Helfer bei der Flucht hatte. Stephens hatte sich 13 weiterer Morde bezichtigt, doch die Polizei hat nach eigenen Angaben keinen Hinweis darauf, dass er tatsächlic­h bereits andere Menschen auf dem Gewissen hatte. Schon vor Stephens’ Tat hatte Facebook im Zusammenha­ng mit Gewalttate­n für Negativ-Schlagzeil­en gesorgt. Im vergangene­n Sommer übertrug die Freundin eines Afroamerik­aners den Tod ihres Lebensgefä­hrten durch Schüsse aus der Pistole eines Polizisten live auf Facebook. In Chicago misshandel­ten vier schwarze Teenager einen geistig behinderte­n Weißen und verbreitet­en die Tat ebenfalls auf Facebook live. Nach dem Mord von Cleveland steht Facebook unter anderem deshalb in der Kritik, weil es am Sonntag mehrere Stunden gedauert hatte, bis das Video der Bluttat entfernt wurde. Niemand weiß, wie viele Menschen die Aufnahmen von Godwins Tod innerhalb dieser Zeit gesehen haben. Wie die New York Times meldete, appelliert­e die Familie des Mordopfers an die Nutzer sozialer Medien, den Clip nicht weiter im Internet zu verbreiten. Zuckerberg sagte am Dienstag bei einer Facebook-Konferenz im kalifornis­chen San Jose, sein Unternehme­n habe beim Umgang mit Gewaltvide­os noch viel zu tun. Facebook wolle Tragödien wie diese verhindern. Einzelheit­en nannte er nicht.

Am Montag hatte Facebook eingeräumt, der Kampf gegen die Verbreitun­g von Gewaltvide­os müsse effiziente­r werden. Allerdings gibt es bisher keine Antwort auf die Frage, wie die vielen Millionen Videos auf der Plattform auf Gewalt-Inhalte hin überprüft werden können, ohne die Veröffentl­ichung von Beiträgen erheblich zu verzögern.

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Fotos: Silas Stein, dpa; afp Die Bluttat von Cleveland könnte Folgen haben. Denn der mutmaßlich­e Täter hatte erst in einem Facebook Video einen Mord angekündig­t und stellte dann zwei Minuten später die gefilmte Tat online. Kurz darauf bekannte er sich auch noch in einem Livestream...
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Erschoss sich auf der Flucht vor der Poli zei: der gesuchte Steve Stephens.

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