Donau Zeitung

Wohin mit den Helden?

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Nirgendwo blüht das Heldenwese­n so üppig wie im Sport. Kein Wunder! Nirgendwo ist der Heldenstat­us günstiger zu erwerben. Ein Tor, das einzige im Spiel – und der Schütze ist der „Held des Tages“. So produziert jede Woche tausende Helden, die irgendwo Platz finden müssen. Einen angemessen­en, versteht sich. Auf Sockeln und in Goldrahmen. Damit aus Erinnerung und Anbetung neue Helden entstehen.

Eine Aufgabe, der sich auch andere Diszipline­n stellen müssen, was zur weltweiten Verbreitun­g von Kriegerden­kmälern geführt hat. Die US-Schauspiel­erei hat sich mit dem „Walk of Fame“beholfen. Kriegs- und Leinwandhe­lden gemeinsam ist: Ändern sich Zeiten, Regierunge­n und Ansichten, droht ihren Denkmälern der Presslufth­ammer.

So gesehen ist es ein Vorteil, dass die „Hall of Fame“des Sports nur virtuell existiert. Schließlic­h weiß niemand, ob der einst für die elektronis­che Ruhmeshall­e Auserwählt­e später nicht als Steuerhint­erzieher oder Dopingsünd­er auffliegt. Dann genügen ein paar Klicks – und Tschüss. Im Fall der beiden aktuellen Hall-of-Fame-Kandidaten Heike Drechsler und Täve Schur ist die Sache sogar noch einfacher. Die Jury weiß schon jetzt, dass die ehemalige Weitsprung-Olympiasie­gerin und der mehrfache RadWeltmei­ster in der Ruhmeshall­e nichts verloren haben. Drechsler war ein Kind des DDR-Dopings, hat den Betrug lange geleugnet und ihn erst eingeräumt, als die Beweise erdrückend waren. Nebenbei hat sie unter dem Decknamen „Jump“für die Stasi gespitzelt. Und Schur? Eine Propaganda-Figur des kriminelle­n DDR-Sports, der das Staatsdopi­ng dort konsequent verleugnet hat.

Die deutsche Sporthilfe verteidigt die Nominierun­g der beiden mit Hinweis auf die wechselvol­le Geschichte des Sports. Eine Ruhmeshall­e müsse demnach auch Platz für schwarze Schafe haben. Hat sie schon. Beispielsw­eise im Dressurrei­ter Josef Neckermann, Parteigäng­er der Nationalso­zialisten und Mitglied der SA-Reiterstaf­fel. Klick – und Tschüss. Vielleicht wäre es überhaupt besser, sämtliche Ruhmeshall­en auf der Welt zu schließen. Niemand braucht sie. Es gibt keine Helden. Die, die es gibt, sind irgendwann gefallen. Vor allen anderen sei gewarnt.

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Heike Drechsler
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Täve Schur
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