Wohin mit den Helden?
Nirgendwo blüht das Heldenwesen so üppig wie im Sport. Kein Wunder! Nirgendwo ist der Heldenstatus günstiger zu erwerben. Ein Tor, das einzige im Spiel – und der Schütze ist der „Held des Tages“. So produziert jede Woche tausende Helden, die irgendwo Platz finden müssen. Einen angemessenen, versteht sich. Auf Sockeln und in Goldrahmen. Damit aus Erinnerung und Anbetung neue Helden entstehen.
Eine Aufgabe, der sich auch andere Disziplinen stellen müssen, was zur weltweiten Verbreitung von Kriegerdenkmälern geführt hat. Die US-Schauspielerei hat sich mit dem „Walk of Fame“beholfen. Kriegs- und Leinwandhelden gemeinsam ist: Ändern sich Zeiten, Regierungen und Ansichten, droht ihren Denkmälern der Presslufthammer.
So gesehen ist es ein Vorteil, dass die „Hall of Fame“des Sports nur virtuell existiert. Schließlich weiß niemand, ob der einst für die elektronische Ruhmeshalle Auserwählte später nicht als Steuerhinterzieher oder Dopingsünder auffliegt. Dann genügen ein paar Klicks – und Tschüss. Im Fall der beiden aktuellen Hall-of-Fame-Kandidaten Heike Drechsler und Täve Schur ist die Sache sogar noch einfacher. Die Jury weiß schon jetzt, dass die ehemalige Weitsprung-Olympiasiegerin und der mehrfache RadWeltmeister in der Ruhmeshalle nichts verloren haben. Drechsler war ein Kind des DDR-Dopings, hat den Betrug lange geleugnet und ihn erst eingeräumt, als die Beweise erdrückend waren. Nebenbei hat sie unter dem Decknamen „Jump“für die Stasi gespitzelt. Und Schur? Eine Propaganda-Figur des kriminellen DDR-Sports, der das Staatsdoping dort konsequent verleugnet hat.
Die deutsche Sporthilfe verteidigt die Nominierung der beiden mit Hinweis auf die wechselvolle Geschichte des Sports. Eine Ruhmeshalle müsse demnach auch Platz für schwarze Schafe haben. Hat sie schon. Beispielsweise im Dressurreiter Josef Neckermann, Parteigänger der Nationalsozialisten und Mitglied der SA-Reiterstaffel. Klick – und Tschüss. Vielleicht wäre es überhaupt besser, sämtliche Ruhmeshallen auf der Welt zu schließen. Niemand braucht sie. Es gibt keine Helden. Die, die es gibt, sind irgendwann gefallen. Vor allen anderen sei gewarnt.