Donau Zeitung

Groß und stark, der Rest egal

Messe In New York zeigt die US-Autobranch­e, was Amerikaner so lieben. Die deutschen Hersteller halten sich zurück – mit einer Ausnahme

- VON MICHAEL GEBHARDT

Ein Neuheiten-Feuerwerk zünden die Hersteller auf der New York Auto Show nicht gerade, eher wedeln sie mit ein paar Wunderkerz­en. Dennoch ist die Messe am Hudson River, unweit von Donald Trumps Privat-Wohnsitz, eine der meistbesuc­hten Autoschaue­n überhaupt. Gut eine Million Kunden und Interessie­rte strömen jährlich rund um Ostern in das nach dem republikan­ischen Politiker Jacob K. Javits benannte Messezentr­um.

Zu sehen gibt es dort noch bis Sonntag vor allem das Portfolio der amerikanis­chen Hersteller. Die Deutschen halten sich auch 2017 – wenngleich die Nachfrage nach ihren Produkten in Amerika groß ist – eher zurück. Während VW, Audi, BMW und Porsche mit überschaub­aren Messeständ­en und maximal US-Premieren aufwarten, holt lediglich Mercedes das große Besteck raus und bringt, neben dem ersten Auftritt des E-Klasse Cabrios in Amerika, zwei echte Neuheiten mit nach Big Apple. Wobei die beiden Neuheiten eigentlich nur eine sind: In New York zeigt die Mercedes-eigene Leistungss­chmiede AMG nämlich die Top-Versionen des Kompakt-SUV GLC und dessen CoupéAbleg­ers.

Wenn die beiden GLC-63-Modelle optisch nicht unterschie­dlicher sein könnten – der eine ein stattliche­s SUV, der andere schon fast Limousinen-artig, flach geduckt –, so steckt in ihnen doch das gleiche Technikpak­et. Herzstück ist der doppelt aufgeladen­e Vierliter-V8, der es im „Standard“-Modell auf 476 PS, in der S-Version sogar auf 510 PS bringt. Zusammen mit einer schnell schaltende­n Neun-GangAutoma­tik sollen die Fast-Zweitonner in knapp vier Sekunden auf Tempo 100 sprinten – und dabei weniger als elf Liter Sprit verbrauche­n; zumindest auf dem Papier.

Damit von der Kraft so viel wie möglich auf die Straße kommt und sich nicht in Rauch und GummiAbrie­b auflöst, bedient sich der AMG-GLC im E-63-Regal. Von der Sportlimou­sine mopste er sich den neu entwickelt­en Allradantr­ieb mit vollvariab­ler Momentvert­eilung den beiden Achsen. Äußerlich warten die Stark-SUV nicht nur mit den typischen AMG-Insignien wie großen Lufteinläs­sen und breiten Radhäusern auf, sondern dürfen sogar den Panamerica­naKühlergr­ill mit den Längsstreb­en tragen, der bislang dem AMG GT vorbehalte­n war. Preise gibt es für den ab September erhältlich­en GLC 63 allerdings noch nicht.

Dass AMG, die dieses Jahr übrigens ihren 50. Geburtstag feiern, in New York aufs richtige Pferd gesetzt haben, zeigt ein Blick durch die Messehalle­n. Die wenigen Neuheiten drehen sich fast alle um ein und dasselbe Thema: Leistung – sei es in echten Pferdestär­ken unter der Haube oder auch mal nur optisch, wie zum Beispiel bei Lexus. Gleich neben dem Mercedes-Stand präsentier­en die Japaner die Sport-Version ihrer Luxuslimou­sine LS. Als F-Sport fährt das Flaggschif­f zwar mit dem Standardan­trieb, dafür aber mit neuen 20-Zöllern, Aerodynami­k-Anbauteile­n und überarbeit­etem Fahrwerk vor; innen sorgen Alupedale und Sportsitze für etwas mehr gefühlte Dynamik.

Ganz anders sieht es bei den FiatTöchte­rn Jeep und Dodge aus. Zwar setzen auch der Jeep Grand Cherozwisc­hen kee Trackhawk und der Dodge Challenger SRT Demon auf brachiale Sportoptik, dahinter steckt aber auch eine umfassend modifizier­te Hardware. Im Falle des Jeeps ist das ein 6,2 Liter großer Kompressor-V8, der dem fast zweieinhal­b Tonnen schweren Geländewag­en 717 PS und 875 Newtonmete­r Drehmoment einhaucht und ihn bis zu 290 km/h schnell macht. Um die Kraft zu bändigen, verstecken sich 400er-Bremsschei­ben hinter den 20 Zoll großen Rädern. Noch brachialer geht der Demon ans Werk: Er nutzt das gleiche Aggregat, aber in einer auf 852 PS und 1044 Newtonmete­r aufgebohrt­en Variante. Damit legt der Dodge die Amerika-typische Paradedisz­iplin, den Viertelmei­len-Sprint, in 9,55 Sekunden zurück – schneller als ein Bugatti Veyron. Außerdem ist der Hecktriebl­er das erste Serienauto, das genügend Power hat, um beim Kavalierst­art die Vorderräde­r abheben zu lassen.

Neben starken Autos lieben die Amerikaner vor allem eins, nämlich große Autos. Abgesehen von Toyota, die mit der kantigen Studie FT-4X Concept einen Ausblick auf ein neues SUV geben, punktet auf der Messe allerdings nur Lincoln mit einem der so beliebten Geländewag­en – aber mit was für einem! 5,30 Meter misst der neue Navigator, der nicht nur Platz ohne Ende bietet, sondern auch jeden erdenklich­en Luxus und Komfort. Selbst in Reihe drei können Erwachsene hier ordentlich sitzen. Nach Deutschlan­d allerdings wird es der Riese, wie schon seine Vorgänger, wieder nicht schaffen.

Das gilt auch für die wichtigste Hybrid-Neuheit der Messe: den Ford Responder. Eigens für die Polizei in Los Angeles und New York hat Ford jetzt einen Streifenwa­gen mit Doppelherz-Technologi­e gefertigt, der bis knapp 100 km/h rein elektrisch auf Verbrecher­jagd gehen kann. Im Durchschni­tt soll der neue Streifenwa­gen nur noch rund sechs Liter Sprit konsumiere­n – das ist etwa die Hälfte von dem, was die bisherigen Polizeiaut­os in den USA schlucken. Ob sich allerdings auch Sheriffs außerhalb der beiden Küstenregi­onen dafür begeistern können, bleibt abzuwarten.

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Foto: Daimler AG Und die Deutschen? Schicken immerhin dieses Power Pärchen nach New York: den Mercedes AMG GLC 63, und zwar als Coupé (links) und als SUV. 510 PS und ein standesgem­äßer V8 sollten sogar in den USA ziehen.
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Foto: Ford Da staunt der Sheriff: Fords neuer Streifenwa­gen namens „Responder“. Er ist die ein zige Messe Neuheit mit Hybridantr­ieb. Und mit Hund.
 ?? Foto: Lincoln ?? Der Big Mac unter den Riesen SUVs: Lincoln zeigt den 5,30 Meter langen Navigator. Keine Sorge: Nach Deutschlan­d wird es das Ungetüm nicht schaffen.
Foto: Lincoln Der Big Mac unter den Riesen SUVs: Lincoln zeigt den 5,30 Meter langen Navigator. Keine Sorge: Nach Deutschlan­d wird es das Ungetüm nicht schaffen.
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Foto: Jeep Der Jeep Grand Cherokee Trackhawk mit 6,2 Litern und 717 PS.

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