Donau Zeitung

Sie lindern die bittere Armut in Osteuropa

Der Verein für mehr Humanität und Frieden mit Sitz in Peterswört­h organisier­t seit Jahren Hilfstrans­porte. Heute startet der nächste

- VON KATHARINA INDRICH

Peterswört­h/Sontheim Johann Öfele kann noch ganz genau beschreibe­n, wie es damals aussah, als sie die alten Möbel aus dem Sailer-Gymnasium in der Schule im rumänische­n Bacau ablieferte­n. Aus einfachste­n Holzbrette­rn war der Fußboden gezimmert. Die Dielen wiesen Höhenunter­schiede von mehreren Zentimeter­n auf. Doch als er in einen Nebenraum geführt wurde, standen da auf einmal 50 Computer mit neuesten Flachbildm­onitoren. „Ich habe sie gefragt, was sie denn damit machen und mein Schock war groß, als man mir erklärt hat, dass es leider kein Stromnetz gibt, an das man die Rechner anschließe­n könnte“, erzählt Öfele. Mehr als 100000 Euro habe die EU hier investiert. Doch ganz offensicht­lich an der völlig falschen Stelle.

Seit der Gründung vor 20 Jahren ist Öfele Vorsitzend­er des Vereins für mehr Humanität und Frieden, dessen Herz in Sontheim an der Brenz schlägt und der seinen Sitz in Peterswört­h hat. Schon bei der ersten Sontheimer Hilfsfahrt 1990 war er mit dabei. Und solche Dinge hat er in den fast drei Jahrzehnte­n auf den zahlreiche­n Fahrten des Vereins nach Osteuropa immer wieder erlebt. Auch im ungarische­n Gyula. Dort, sagt Öfele, habe die EU ein nagelneues Krankenhau­s finanziert. Nur eben ohne Einrichtun­g. Und so baten die Verantwort­lichen den Chef des 260 Mitglieder starken Vereins um Hilfe. Denn es fehlen einfach Betten, Matratzen und Bettwäsche. 350 Krankenhau­sbetten hat Öfele schon organisier­t und mit seinen Mitstreite­rn nach Ungarn gebracht. Ausgemuste­rte Modelle aus Krankenhäu­sern in Günzburg, Krumbach oder Stuttgart. Damit die Patienten in Ungarn endlich nicht mehr auf Spanplatte­n liegen müssen, weil das Maschengef­lecht im Gestell längst durchgebro­chen ist. Wie oft Johann Öfele insgesamt auf Hilfsfahrt­en war, das kann er gar nicht genau sagen. Er schätzt, dass er etwa 160 Mal selbst unterwegs war und für weitere 40 Transporte die Verantwort­ung getragen hat. Mehrmals im Jahr geht es mit dem vereinseig­enen Lkw, der zwölf Tonnen transporti­eren kann, gen Osten. Am Samstag ist es wieder so weit. Da findet zunächst am Vormittag die große Ostersamme­laktion an der Kirche in Sontheim statt, wo Hilfsgüter angenommen werden. Am Abend dann geht es für Öfele nach Ungarn. Es ist die dritte Fahrt in diesem Jahr. Sie führt nach Cleja, 200 Kilometer vom Schwarzen Meer entfernt. Dort arbeitet ein Pfarrer, den Öfele durch den Weltjugend­tag in Köln kennengele­rnt hat. Der möchte ein Jugendhaus bauen. Doch dafür fehlen ihm Fliesen. Fünf Paletten hat der gebürtige Gundelfing­er von der Sontheimer Firma Schauz bekommen. Jetzt werden sie geliefert. Über die Jahre hat sich der 64-jährige Unternehme­r ein weites Netz von Unterstütz­ern aufgebaut. Auf der anderen Seite hat er vor allem in Rumänien ein großes Netzwerk vor Ort. Und so kommt es, dass immer wieder ganz spezielle Wünsche an ihn herangetra­gen werden.

Da war zum zehnjährig­en Bestehen des Vereins zum Beispiel die Sache mit der Zahnarztpr­axis. Eine junge Zahnärztin wollte sich in Simand eine Praxis einrichten. Doch dazu fehlten die Mittel. Öfele machte sich auf die Suche und stieß schließlic­h auf eine Praxisaufl­ösung in Norddeutsc­hland. Dort bauten sie die komplette Einrichtun­g ab, fuhren sie nach Rumänien und bauten sie da wieder auf. Im Gegenzug behandelte die Zahnärztin dann auch kostenlos mittellose Erwachsene und Kinder. „Das macht sie heute noch aus Dankbarkei­t.“

Die unendliche Dankbarkei­t der Menschen, sagen Johann und Marianne Öfele, war über die Jahre immer wieder Motivation, sich den Strapazen der Reise auszusetze­n. Den teils stundenlan­gen Wartezeite­n an den Grenzen. Vor allem in den Anfangsjah­ren waren sie dort oft der Willkür von Zollbeamte­n ausgesetzt. Doch dann gibt es eben Momente wie den, wenn der Lkw auf das Gelände des Kinder- und Behinderte­nheims Cighid einbiegt, das der Verein seit Langem unterstütz­t. „Wenn sie uns sehen, dann strömen sie schon. Das ist so eine herzliche Liebe“, schwärmt Marianne Öfele. Das kann ihr Mann nur bestätigen: „Wer einem Menschen in die Augen blickt, der etwas geschenkt bekommt und sich so sehr freut, obwohl er nicht einmal weiß, was in dem Karton ist. Da bekommt man nasse Augen. Das ist so ehrlich und gibt einem Kraft, es wiederzutu­n.“Ein Gefühl wie dieses sei in unserer modernen Gesellscha­ft gar nicht erlebbar. „Das hat unserem Leben eine andere Richtung gegeben.“Und so macht der Verein, der von einer Handvoll Menschen umgetriebe­n wird, immer weiter. Schließlic­h wird noch so viel gebraucht. Zum Beispiel in dem ungarische­n Krankenhau­s. 1000 Betten fehlen da noch, ebenso Stühle und Tische für den Empfangsbe­reich und Säuglingse­rstausstat­tungen. Überall, wo sie hinkommen, ist daneben die Nachfrage nach Inkontinen­zartikeln groß. Die stellen die pragmatisc­hen Priester in Rumänien sogar im Kirchenrau­m zur Abholung bereit. Sie verteilen häufig auch andere Dinge unter ihren Schäfchen, weil sie wissen, wo die Not groß ist. Vielleicht sind es beim nächsten Mal Dinge, die bei der Sammelakti­on vor der Sontheimer Kirche abgegeben wurden. Oder aber vor dem Lagerhaus in Peterswört­h. O

Abgabe An jedem 1. Samstag im Mo nat werden beim ehemaligen Raiffei sengebäude in Peterswört­h zwischen April und Oktober Hilfsgüter in Kartons an genommen.

 ??  ?? Eine sechsköpfi­ge Familie und ihr bescheiden­es Heim. Bilder wie dieses sehen die Helfer des Vereins für mehr Humanität und Frie den auf ihren Fahrten nach Osteuropa immer wieder.
Eine sechsköpfi­ge Familie und ihr bescheiden­es Heim. Bilder wie dieses sehen die Helfer des Vereins für mehr Humanität und Frie den auf ihren Fahrten nach Osteuropa immer wieder.
 ?? Fotos: Öfele ?? Seit vielen Jahren unterstütz­t der Verein das Kinder und Behinderte­nheim im rumänische­n Cighid. Wenn der Lkw mit den Kartons kommt, ist die Freude und Dankbarkei­t immer riesengroß.
Fotos: Öfele Seit vielen Jahren unterstütz­t der Verein das Kinder und Behinderte­nheim im rumänische­n Cighid. Wenn der Lkw mit den Kartons kommt, ist die Freude und Dankbarkei­t immer riesengroß.
 ??  ?? Bei einem Transport nach Cintei in Rumänien wurden die Hilfsgüter an den örtlichen Pfarrer übergeben. Johann Öfele ist der Dritte von links.
Bei einem Transport nach Cintei in Rumänien wurden die Hilfsgüter an den örtlichen Pfarrer übergeben. Johann Öfele ist der Dritte von links.
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Deutsche Weihnachts­männer finden im Frühjahr noch reißenden Absatz.

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