Sie lindern die bittere Armut in Osteuropa
Der Verein für mehr Humanität und Frieden mit Sitz in Peterswörth organisiert seit Jahren Hilfstransporte. Heute startet der nächste
Peterswörth/Sontheim Johann Öfele kann noch ganz genau beschreiben, wie es damals aussah, als sie die alten Möbel aus dem Sailer-Gymnasium in der Schule im rumänischen Bacau ablieferten. Aus einfachsten Holzbrettern war der Fußboden gezimmert. Die Dielen wiesen Höhenunterschiede von mehreren Zentimetern auf. Doch als er in einen Nebenraum geführt wurde, standen da auf einmal 50 Computer mit neuesten Flachbildmonitoren. „Ich habe sie gefragt, was sie denn damit machen und mein Schock war groß, als man mir erklärt hat, dass es leider kein Stromnetz gibt, an das man die Rechner anschließen könnte“, erzählt Öfele. Mehr als 100000 Euro habe die EU hier investiert. Doch ganz offensichtlich an der völlig falschen Stelle.
Seit der Gründung vor 20 Jahren ist Öfele Vorsitzender des Vereins für mehr Humanität und Frieden, dessen Herz in Sontheim an der Brenz schlägt und der seinen Sitz in Peterswörth hat. Schon bei der ersten Sontheimer Hilfsfahrt 1990 war er mit dabei. Und solche Dinge hat er in den fast drei Jahrzehnten auf den zahlreichen Fahrten des Vereins nach Osteuropa immer wieder erlebt. Auch im ungarischen Gyula. Dort, sagt Öfele, habe die EU ein nagelneues Krankenhaus finanziert. Nur eben ohne Einrichtung. Und so baten die Verantwortlichen den Chef des 260 Mitglieder starken Vereins um Hilfe. Denn es fehlen einfach Betten, Matratzen und Bettwäsche. 350 Krankenhausbetten hat Öfele schon organisiert und mit seinen Mitstreitern nach Ungarn gebracht. Ausgemusterte Modelle aus Krankenhäusern in Günzburg, Krumbach oder Stuttgart. Damit die Patienten in Ungarn endlich nicht mehr auf Spanplatten liegen müssen, weil das Maschengeflecht im Gestell längst durchgebrochen ist. Wie oft Johann Öfele insgesamt auf Hilfsfahrten war, das kann er gar nicht genau sagen. Er schätzt, dass er etwa 160 Mal selbst unterwegs war und für weitere 40 Transporte die Verantwortung getragen hat. Mehrmals im Jahr geht es mit dem vereinseigenen Lkw, der zwölf Tonnen transportieren kann, gen Osten. Am Samstag ist es wieder so weit. Da findet zunächst am Vormittag die große Ostersammelaktion an der Kirche in Sontheim statt, wo Hilfsgüter angenommen werden. Am Abend dann geht es für Öfele nach Ungarn. Es ist die dritte Fahrt in diesem Jahr. Sie führt nach Cleja, 200 Kilometer vom Schwarzen Meer entfernt. Dort arbeitet ein Pfarrer, den Öfele durch den Weltjugendtag in Köln kennengelernt hat. Der möchte ein Jugendhaus bauen. Doch dafür fehlen ihm Fliesen. Fünf Paletten hat der gebürtige Gundelfinger von der Sontheimer Firma Schauz bekommen. Jetzt werden sie geliefert. Über die Jahre hat sich der 64-jährige Unternehmer ein weites Netz von Unterstützern aufgebaut. Auf der anderen Seite hat er vor allem in Rumänien ein großes Netzwerk vor Ort. Und so kommt es, dass immer wieder ganz spezielle Wünsche an ihn herangetragen werden.
Da war zum zehnjährigen Bestehen des Vereins zum Beispiel die Sache mit der Zahnarztpraxis. Eine junge Zahnärztin wollte sich in Simand eine Praxis einrichten. Doch dazu fehlten die Mittel. Öfele machte sich auf die Suche und stieß schließlich auf eine Praxisauflösung in Norddeutschland. Dort bauten sie die komplette Einrichtung ab, fuhren sie nach Rumänien und bauten sie da wieder auf. Im Gegenzug behandelte die Zahnärztin dann auch kostenlos mittellose Erwachsene und Kinder. „Das macht sie heute noch aus Dankbarkeit.“
Die unendliche Dankbarkeit der Menschen, sagen Johann und Marianne Öfele, war über die Jahre immer wieder Motivation, sich den Strapazen der Reise auszusetzen. Den teils stundenlangen Wartezeiten an den Grenzen. Vor allem in den Anfangsjahren waren sie dort oft der Willkür von Zollbeamten ausgesetzt. Doch dann gibt es eben Momente wie den, wenn der Lkw auf das Gelände des Kinder- und Behindertenheims Cighid einbiegt, das der Verein seit Langem unterstützt. „Wenn sie uns sehen, dann strömen sie schon. Das ist so eine herzliche Liebe“, schwärmt Marianne Öfele. Das kann ihr Mann nur bestätigen: „Wer einem Menschen in die Augen blickt, der etwas geschenkt bekommt und sich so sehr freut, obwohl er nicht einmal weiß, was in dem Karton ist. Da bekommt man nasse Augen. Das ist so ehrlich und gibt einem Kraft, es wiederzutun.“Ein Gefühl wie dieses sei in unserer modernen Gesellschaft gar nicht erlebbar. „Das hat unserem Leben eine andere Richtung gegeben.“Und so macht der Verein, der von einer Handvoll Menschen umgetrieben wird, immer weiter. Schließlich wird noch so viel gebraucht. Zum Beispiel in dem ungarischen Krankenhaus. 1000 Betten fehlen da noch, ebenso Stühle und Tische für den Empfangsbereich und Säuglingserstausstattungen. Überall, wo sie hinkommen, ist daneben die Nachfrage nach Inkontinenzartikeln groß. Die stellen die pragmatischen Priester in Rumänien sogar im Kirchenraum zur Abholung bereit. Sie verteilen häufig auch andere Dinge unter ihren Schäfchen, weil sie wissen, wo die Not groß ist. Vielleicht sind es beim nächsten Mal Dinge, die bei der Sammelaktion vor der Sontheimer Kirche abgegeben wurden. Oder aber vor dem Lagerhaus in Peterswörth. O
Abgabe An jedem 1. Samstag im Mo nat werden beim ehemaligen Raiffei sengebäude in Peterswörth zwischen April und Oktober Hilfsgüter in Kartons an genommen.