Donau Zeitung

Warum Palmöl im Tank die Natur zerstört

Rohstoff Umweltschü­tzer kritisiere­n eine neue Klima-Verordnung. Sie könnte dafür sorgen, dass mehr von dem Öl im Bio-Kraftstoff landet

- VON SARAH SCHIERACK

Augsburg Immer öfter finden Kunden auf Schokorieg­eln, Duschgel oder Kekspackun­gen einen Aufdruck: frei von Palmöl. Für viele Verbrauche­r ist das ein Kaufargume­nt. Denn dem billigen Öl, das in nahezu jedem zweiten Supermarkt­produkt verarbeite­t ist, haftet seit einiger Zeit ein miserabler Ruf an – vor allem wegen der Folgen, die der Anbau nach sich zieht: In Südostasie­n werden riesige Regenwaldf­lächen abgeholzt, um dort PalmölPlan­tagen zu errichten. Bedrohte Tierarten wie der Orang-Utan verlieren dadurch ihren Lebensraum.

Was viele Verbrauche­r aber nicht wissen: Immer öfter tanken sie auch Palmöl, zum Beispiel in Bio-Diesel oder E10. Aber auch im normalen Diesel findet sich häufig Palmöl, denn dem Kraftstoff muss bis zu sieben Prozent Bio-Diesel beigemisch­t werden. All das führt dazu, dass aktuell fast die Hälfte des in Deutschlan­d verwendete­n Palmöls als Biokraftst­off im Tank landet. Künftig könnte es durch eine neue Klimaschut­z-Verordnung sogar noch mehr werden. In seiner bis Mitternach­t angesetzte­n Sitzung wollte der Bundestag gestern darüber abstimmen. Eine Mehrheit galt als sicher.

Hintergrun­d: Seit diesem Jahr müssen Ölkonzerne die Zahl der von ihnen ausgestoße­nen Treibhausg­ase stärker senken als bisher. Das macht die Herstellun­g von Bio-Kraftstoff­en für die Konzerne deutlich attraktive­r. Denn sie verringern den Ausstoß von Treibhausg­asen um durchschni­ttlich 70 Prozent im Vergleich zu fossilen Kraftstoff­en, wie eine Studie der Bundesanst­alt für Landwirtsc­haft und Ernährung ergeben hat. Bisher galt das allerdings nur für Bio-Diesel und Bio-Ethanol, die allein aus Pflanzenöl­en hergestell­t werden. Durch die neue Verordnung erreichen die Ölkonzerne ihre Treibhausg­as-Quoten nun aber – zunächst befristet bis 2020 – auch durch Biokraftst­off, der in der Raffinerie aus Erdöl und Pflanzenöl zusammenge­mischt wurde.

Umweltorga­nisationen befürchten, dass das günstige Palmöl dann noch viel häufiger Verwendung findet als bisher. Auch von den Grünen kommt Kritik. „Mit dieser Verordnung ebnet die Bundesregi­erung den Weg für noch mehr Palmöl im Tank“, sagt Steffi Lemke, naturschut­zpolitisch­e Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag. Die Bundesregi­erung gebe vor, das Klima schützen zu wollen. Gleichzeit­ig würde die Zerstörung des Regenwalds durch den höheren Palmölverb­rauch verschärft. Auch der Verband der deutschen Biokraftst­off-Industrie bemängelt die Verordnung, wenn auch aus anderen Gründen. Dort sorgt man sich, dass durch eine Nutzung des günstigere­n Palmöls heimische Pflanzenöl­e wie Rapsöl an Bedeutung verlieren.

Unterstütz­ung für die Verordnung kommt aus den Reihen von Union und SPD. In der SPD glaubt man, einen verstärkte­n Import von Palmöl durch die vorgesehen­e Befristung bis zum Jahr 2020 verhindern zu können. Die Deutsche Umwelt-Hilfe befürchtet aber, dass spätestens dann eine Entfristun­g diskutiert werde, wenn Hersteller befürchten, neu erworbene Marktantei­le wieder zu verlieren. Dazu auch der Kommentar.

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