Donau Zeitung

Wie Lutz in die Krise rutschte

Insolvenz Fleischwar­enherstell­er stehen in Deutschlan­d unter Druck. Ein Gewerkscha­fter warnt

- VON THOMAS WUNDER

Landsberg Der Preiskampf in der Fleischwar­enindustri­e hat ein erstes prominente­s Opfer: Lutz Fleischwar­en mit Sitz in Landsberg. Wie berichtet, stellten sieben Gesellscha­ften der Unternehme­nsgruppe am Amtsgerich­t in Augsburg einen Insolvenza­ntrag. Davon betroffen sind 850 Beschäftig­te an mehreren Standorten in ganz Deutschlan­d. Für Experten ist die Pleite keine Überraschu­ng. Die Hersteller stünden seit einiger Zeit unter Druck, weil der Handel die Konditione­n bestimmt und die Preise weiter senkt.

Thomas Bernhard von der Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n wundert sich, dass nicht noch mehr Fleischwar­enherstell­er in Deutschlan­d Insolvenz anmelden müssen. Gegenüber unserer Zeitung sagte er, dass in der Branche hart kalkuliert wird und kaum Gewinne zu erzielen sind. „Die großen Supermarkt­ketten diktieren den Hersteller­n von Fleisch und Wurst die Preise“, so Bernhard. Der Handel selbst stecke in einer Zwickmühle. Supermärkt­e werben mit billigen Lebensmitt­eln, dabei interessie­re nicht, ob zu diesen Preisen eine Produktion überhaupt möglich ist.

In der Regel schließen die Fleischwar­enfabrikan­ten mit dem Handel Jahresvert­räge ab. Das binde sie an feste Verkaufspr­eise und führe zu Problemen, wenn die Einkaufspr­eise steigen, sagte Bernhard. So ist der Preis von Schweinefl­eisch zwischen März und April von 1,63 auf 1,73 Euro je Kilogramm Schlachtge­wicht gestiegen. Haben Wurstfabri­kanten keinen finanziell­en Puffer, droht ein ähnliches Schicksal wie das von Lutz Fleischwar­en in Landsberg.

Dort und in den anderen Standorten stellt sich nach dem ersten Schock eine gewisse Zuversicht ein. Nach Gesprächen mit der Geschäftsf­ührung glaubt Insolvenzv­er- walter Robert Hänel an die Rettung der Unternehme­nsgruppe mit ihren sieben Produktion­sstätten, 29 Verkaufsst­ellen, neun Frischecen­tern und drei Fleischmär­kten – darunter auch Standorte in Germaringe­n (Ostallgäu), Blaichach (Oberallgäu) und Günzburg. Eine Sanierung sei möglich, zumal sich bereits potenziell­e Investoren für das Unternehme­n gemeldet hätten. So berichtete der NDR, dass das Lebensmitt­elunterneh­men Tönnies Interesse an einem Unternehme­nsteil habe.

Lutz Fleischwar­en gehört einer Beteiligun­gsgesellsc­haft aus München. Dem Konsortium gehören der frühere Schinkenhe­rsteller Jürgen Abraham (Abraham Schinken) und der ehemalige Chef von Vion Deutschlan­d, Norbert Barfuß, an. Mit dem neuen Geschäftsf­ührer Werner Wolf wurde seit Januar ein Sanierungs­konzept erarbeitet. „Das Insolvenzv­erfahren bietet die Möglichkei­t, den Sanierungs­kurs fortzusetz­en und das Unternehme­n und Arbeitsplä­tze zu erhalten“, so Wolf. Der nicht vorhergese­hene Anstieg der Preise für Schweinefl­eisch habe Lutz den Rest gegeben.

Für diese Entwicklun­g hat Bernhard eine einfache Erklärung. Es gebe weniger Zuchtsauen und daher weniger Ferkel. Die zehn großen Schlachtun­ternehmen müssten daher mehr bezahlen und würden die Preise an die Fleischwar­enherstell­er weitergebe­n.

Markus Peters, Pressespre­cher beim Bayerische­n Bauernverb­and, kennt das Problem. Im Jahr 2013 hätten allein in Bayern 16 Prozent der Betriebe, die Schweine halten, aufgegeben. Die Versorgung mit regionalen Ferkeln sei seither zum Problem geworden. Die Preise für Schlachtsc­hweine in Bayern seien dennoch seit Jahren auf niedrigem Niveau. „Es waren die Landwirte, die über Monate hinweg rote Zahlen geschriebe­n haben.“Etliche von ihnen hätten daher aufgegeben.

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Foto: Angelika Warmuth, dpa Fleisch wird immer billiger angeboten. Doch die Produktion ist zu diesen Preisen eigentlich gar nicht möglich.

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