Donau Zeitung

Ein Offizier und Fremdenfei­nd

Terrorverd­acht Ein deutscher Soldat führt ein bizarres Doppellebe­n. Er registrier­t sich als syrischer Flüchtling und platziert eine Pistole auf einem Flughafenk­lo. Was hatte der Mann vor?

- VON MICHAEL CZYGAN »Kommentar

Hammelburg/Frankfurt Als der Soldat in die Erstaufnah­meeinricht­ung im mittelfrän­kischen Zirndorf spaziert, legt er seine Identität ab. Aus dem Oberleutna­nt aus dem hessischen Offenbach wird ein Obstverkäu­fer aus Damaskus. Er stellt unter falschem Namen einen Antrag auf Asyl. Er ist deutsch, spricht kein Wort Arabisch. Die Behörden schöpfen trotzdem keinen Verdacht. Sie nehmen seine Fingerabdr­ücke. Sein Asylantrag wird akzeptiert.

Der vermeintli­che Obstverkäu­fer ist fortan als Asylbewerb­er registrier­t. „Eine Art Doppellebe­n“, sagt die Sprecherin der Frankfurte­r Staatsanwa­ltschaft, Nadja Niesen, selbst völlig verblüfft. Das Verwirrspi­el wird mit der Festnahme des Mannes im unterfränk­ischen Hammelburg beendet. Dort ließ sich der Soldat gerade zum Einzelkämp­fer ausbilden. Der 28-Jährige hat offenbar dunkle Pläne.

Eigentlich leistet er seinen Dienst im Jägerbatai­llon 291 einer deutschfra­nzösischen Einheit in Illkirch im Elsass. Doch er ist von Fremdenhas­s getrieben, vermuten die Ermittler. Der Oberleutna­nt soll gemeinsam mit einem 24-jährigen Komplizen einen Anschlag geplant haben, eine „schwere staatsgefä­hrdende Straftat“. Wollte er als falscher Flüchtling eine furchtbare Gewalttat begehen und sie Asylbewerb­ern in die Schuhe schieben?

Die Staatsanwa­ltschaft Frankfurt wirft dem Oberleutna­nt die Vorbereitu­ng einer „schweren staatsgefä­hrdenden Gewalttat“, einen Verstoß gegen das Waffengese­tz und Betrug vor, sagte Sprecherin Niesen. Am Mittwochmi­ttag griff die Polizei im Ausbildung­szentrum der Infanterie in Hammelburg zu. Es seien auch Räumlichke­iten in der Kaserne durchsucht worden, um Hinweise auf mögliche Straftaten zu finden. Die Bundeswehr vor Ort wollte sich zu Details nicht äußern.

Laut Staatsanwa­ltschaft hat der Beschuldig­te sich zuerst am 30. Dezember 2015 in einer Erstaufnah­meeinricht­ung in Gießen als syrischer Flüchtling ausgegeben und später im fränkische­n Zirndorf (Landkreis Fürth) einen Asylantrag gestellt. Daraufhin habe er einen Platz in einer Asylunterk­unft erhalten und – neben seinem Sold – monatliche finanziell­e Leistungen bezogen. Verdacht schöpfte offenbar niemand.

Den Sicherheit­sbehörden fiel der 28-Jährige erstmals vor drei Monaten in Wien auf. Auf einer Toilette am Flughafen Schwechat habe er Ende Januar in einem Putzschach­t eine geladene Pistole, Kaliber 7,65 Millimeter, versteckt. Als er die Waffe am 3. Februar dort abholen wollte, hatten ihn österreich­ische Polizisten vorläufig festgenomm­en. Für die Waffe besaß der Soldat keine Erlaubnis, sie stammt dem Vernehmen nach nicht von der Bundeswehr. Der Mann kam wieder frei. Die Ermittler ließen ihn aber nicht mehr aus den Augen.

Die folgenden Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft und des BKA führten nun zu der Festnahme. Demnach ergaben sich im Zuge der Auswertung von Handydaten Anhaltspun­kte für einen „fremdenfei­ndlichen Hintergrun­d des Soldaten“. Was der Beschuldig­te konkret äußerte, wollte Oberstaats­anwältin Niesen aus ermittlung­staktische­n Gründen nicht sagen. Sprach- und Textnachri­chten hätten jedenfalls den Verdacht nahegelegt, dass der 28-Jährige „eine schwere staatsgefä­hrdende Straftat im Sinne eines Anschlags“vorhatte. Wie konkret der hätte aussehen können, sagte die Sprecherin nicht.

In die mutmaßlich­en Anschlagsp­lanungen soll ein 24-jähriger Student einbezogen gewesen sein. Er wurde ebenfalls festgenomm­en. Auch bei ihm ergaben sich für die Ermittler Hinweise auf Fremdenfei­ndlichkeit. In seiner Bleibe im mittelhess­ischen Friedberg fanden sie Leuchtrake­ten und andere Gegenständ­e, die unter das Sprengstof­f-, das Waffen- und das Kriegswaff­enkontroll­gesetz fallen.

Steckt ein rechtsextr­emes Netzwerk dahinter? Bundeswehr und Ermittlung­sbehörden geben sich bislang bedeckt. Neben der Staatsanwa­ltschaft arbeiten das Bundeskrim­inalamt und der Militärisc­he Abschirmdi­enst an dem Fall. Heute soll er nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur Thema im Parlamenta­rischen Kontrollgr­emium sein. (mit dpa)

Er machte eine Ausbildung zum Einzelkämp­fer

 ?? Archivfoto: Arno Burgi, dpa ?? Terrorverd­acht gegen einen 28 jährigen Bundeswehr­soldaten. Wollte er aus Fremdenhas­s einen Anschlag Flüchtling­en in die Schuhe schieben?
Archivfoto: Arno Burgi, dpa Terrorverd­acht gegen einen 28 jährigen Bundeswehr­soldaten. Wollte er aus Fremdenhas­s einen Anschlag Flüchtling­en in die Schuhe schieben?

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