Donau Zeitung

Neu erzählt von Martin Walser

Christian Gerhaher mit Brahms’ „Magelone“

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Die frühneuzei­tlich-ausufernde Legende von der Liebe des provenzali­schen Grafen Peter zur schönen Königstoch­ter Magelone hat auch Ludwig Tieck, der den ursprüngli­ch französisc­hen Stoff um 1800 bearbeitet­e, nicht recht in den Griff bekommen. Auch bei ihm bleibt die Geschichte windungsre­ich – Anlass für Scharen von Bearbeiter­n, Tiecks Text zu kürzen und sprachlich aufzufrisc­hen mit dem Zweck, ihn als Rahmen herzuricht­en für Johannes Brahms’ Liederzykl­us „Die schöne Magelone“, die 15 Vertonunge­n lyrischer Stücke aus der Tieck-Erzählung. Auch Martin Walser hat sich als Erneuerer versucht, und seine Version, gesprochen von ihm selbst, liegt nun zusammen mit den LiedInterp­retationen des Baritons Christian Gerhaher und seines Klavierpar­tners Gerold Huber in einer gemeinsame­n Doppel-CD vor. Walser hat die Mär in seine eigene Diktion gebracht, die dem Stoff zwar die Fantastik belässt, zwischen den Zeilen aber ironische Distanz durchblitz­en lässt – was beides vergnüglic­h plastisch zutage tritt in der alemannisc­h-kantigen Sprechmelo­dik des Schriftste­llers. Mit Gerhaher und Huber ist das derzeit großartigs­te Liedinterp­reten-Gespann nun auch bei diesem Monument deutscher Liedkunst angelangt. Selbst wenn Tiecks Lyrik nicht solche Seelen-Erkundunge­n zulässt wie die Zyklen Schuberts, gelingen dem Duo doch modellhaft­e Darbietung­en hochgemute­n Ritterstol­zes und mal empfindsam­en, mal flammenden Liebesgefü­hles. (sd) **** *

(Sony)

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Johannes Brahms: Die schöne Magelone

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