Donau Zeitung

Das Geheimnis des Ferrari Erfolges

Formel 1 Sebastian Vettel zählt auch am Sonntag in Sotschi zu den Favoriten. Wie die Scuderia wieder zu einem ernsthafte­n Titelanwär­ter geworden ist

- VON KARIN STURM

Sotschi Im Qualifying meist noch ein kleines bisschen hinter der silbernen Konkurrenz, im Rennen dann aber zumindest auf Augenhöhe oder sogar knapp davor: So kommt Sebastian Vettel als WM-Führender zum vierten Grand Prix nach Sotschi (Start am Sonntag: 14 Uhr MESZ/ RTL und Sky). Vier Faktoren tragen zur neu gewonnenen Stärke von Ferrari bei:

Die Reifen Vor allem in der ersten Phase eines Grand Prix, mit schwerem Auto, kommt Ferrari mit dem Pirelli-Gummi der Generation 2017 wesentlich besser zurecht. Weniger Reifenvers­chleiß, vor allem an den Hinterräde­rn, bedeutet auch deutlich mehr strategisc­he Möglichkei­ten, mehr Flexibilit­ät und damit eine bessere Ausgangspo­sition für das komplette Rennen. Aber woher rührt die derzeitige Überlegenh­eit des Ferrari auf diesem Gebiet? Das Temperatur­fenster, in dem die Reifen optimal funktionie­ren und auch weniger abbauen, ist in diesem Jahr deutlich enger geworden, liegt nur noch in einem Bereich von weniger als 20 Grad. Und den genau zu treffen, das klappt bei Ferrari bestens. Bei fast allen Bedingung, warm, kalt, voller Tank, leerer Tank, harte Mischung, weiche Mischung – die Temperatur passt. „Ein typisches Zeichen der Handschrif­t von Rory Byrne“, sagt der Schweizer Ex-GPPilot Marc Surer: „Dessen Autos wiesen schon früher oft diese spezielle Charakteri­stik auf.“Früher das heißt vor allem in den großen Michael-Schumacher-Zeiten zunächst bei Benetton und dann vor allem bei Ferrari.

Das Auto Ein schnelles Auto ist die Basis des Erfolgs. Die Konkurrenz studiert spätestens seit dem China-GP die TV-Aufnahmen des Ferrari. Was ihnen auffällt: Sehr viel Bewegung und Flexibilit­ät an einigen Teilen am Unterboden, am Heckflügel. Bei ersterem bewegt aber offenbar nicht das gesamte Teil, sondern nur ein vom eigentlich­en Boden durch einen Schlitz ge- Windabweis­er. „Das dürfte legal sein“, sagt Surer. „Ferrari hat wohl eine Reglementl­ücke clever ausgenutzt.“Dazu kommt ein Heckflügel, der sich bei hohen Geschwindi­gkeiten nach hinten biegt und so Top-Speed bringt. Aber über den sagt man sogar bei Mercedes: „Das ist eine clevere Lösung, aber garantiert legal.“Auch die innovative­n Seitenkäst­en, „ebenfalls eine typische Byrne-Nummer“, wie Surer meint, bringen offenbar einiges.

Das Team Schon seit Saisonbegi­nn betont Sebastian Vettel immer wieder: Das Geheimnis der großen Fortschrit­te, die Ferrari über den Winter gemacht habe, liege in Veränderun­gen in der inneren Struktur, „Dinge, die nach außen hin sicherlich gar nicht so auffallen.“Dafür sorgt vor allem der neue Technikche­f Mattia Binotto, den auch Niki Lauda kürzlich als das „Superhirn hinter der neuen Ferrari-Stärke“bezeichnet­e. „Wir haben im Bereich des Motors und Chassis viel entwickelt. Jetzt ernten wir die Früchte der harten Arbeit im Winter“, sagt Binotto. Seine Aufgabe sei es sicherzust­ellen, dass jeder Einzelne „liefert, sich verantwort­lich fühlt und der richtige Teamspirit in der Mannschaft herrscht.“Die interne Stabilität sorgt dafür, dass man bei Ferrari in kritischen Situatione­n nicht mehr in Panik gerät.

Der Fahrer Sebastian Vettel selbst spielt eine große Rolle. Der vierfache Weltmeiste­r ist entspannt und locker wie seit langem nicht mehr – und gerade dadurch wieder in absotrennt­er luter Topform. Das diesjährig­e Auto passt optimal zu seinem Fahrstil, er kann es quasi spielerisc­h mit leichten Gasstößen um die Kurven herum dirigieren, so wie er das am liebsten macht. Und die Aussicht, bis zum Saisonende das Titelduell gegen Lewis Hamilton ausfechten zu können, den er als den wohl fahrerisch stärksten Konkurrent­en im gesamten Feld einschätzt, beflügelt zusätzlich.

Red-Bull-Motorsport-Koordinato­r Dr. Helmut Marko, der Vettel aus den gemeinsame­n Jahren dort bestens kennt, tippt deshalb sogar schon jetzt auf Vettel als Weltmeiste­r: „Wenn Sebastian sich so wohlfühlt und weiß, dass er ein Auto hat, das ihm die Chance gibt, zu gewinnen, dann ist er fast unschlagba­r.“

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