Donau Zeitung

Die Schale als ehrlichste­r Trostpreis

- TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Bilder überschäum­ender Freude sind erst in drei Wochen zu erwarten. Dann balanciere­n hoch bezahlte Profis überdimens­ionierte Biergläser im Stile einer betrunkene­n Bahnhofspi­nten-Bedienung und schütten den Inhalt wahlweise einem Mitspieler, einem Reporter oder – Königsdisz­iplin – dem Trainer über den Oberkörper. Lustig.

Dass die Bilder der Meisterfei­er nun schon zum fünften Mal in Folge Münchner Akteure als Darsteller haben, ist den Kickern des FC Bayern nun wirklich nicht vorzuwerfe­n. Ebenso wenig sollten die Fans ihnen vorhalten, dass sie sich nach dem 6:0 gegen Wolfsburg nicht euphorisie­rt in den Armen lagen. Die nun rechnerisc­h sichere Meistersch­aft wurde freundlich zur Kenntnis genommen. Das muss dann auch mal reichen.

Am verdienten Gewinn des Titels gibt es keine Zweifel. Zu dominant waren die Münchner, zu schwach auf der Brust das Verfolgerf­eld. Diese spannungsa­rme Kombinatio­n bringt es allerdings mit sich, dass die Meistersch­aft im allgemeine­n Empfinden für die Münchner eben doch nur das ist, was sie laut Karl-Heinz Rummenigge auf gar keinen Fall sein sollte: ein Trostpreis.

Der ist normalerwe­ise in Form von Plastik-Nepp auf dem Rummelplat­z zu Hause. Dort wird er in inflationä­ren Mengen an Knirpse ausgeteilt, die den Ball beim Dosenwerfe­n nicht ins Ziel bringen. Ansonsten drohen Tränen. Zu Hause verstauben Tröten, Schlüssela­nhänger und Magnete dann in der untersten Schublade. So in etwa läuft das mit der Schale in München auch ab.

Gleichwohl wird der Sieg im Meisterren­nen von Rummenigge als „ehrlichste­r Titel“bezeichnet. Das wiederum lässt sich auch anders sehen. Denn ist ein ehrlicher Sieg nicht am ehesten jener, der im direkten Duell errungen wurde? Ein Triumph, der sich nicht zu großen Teilen daraus speist, dass sich Mitkonkurr­enten im Kampf untereinan­der aufreiben. Also ein Erfolg in einem K.-o.-Wettbewerb.

Doch dort fehlte es den Münchnern in dieser Saison bei allem Pech mit Schiedsric­hterentsch­eidungen (gegen Madrid) oder fahrlässig­em Umgang mit Großchance­n (gegen Dortmund) an einer überlegene­n Strategie. Sich diese zu erarbeiten, wird einen Großteil der Sommerpaus­e einnehmen.

Zuvor aber haben es sich die Münchner redlich verdient, mit Bier über den Rasen zu stolpern.

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