Klärschlamm wird salonfähig
Kommentar
Nur hinter vorgehaltener Hand wurde bisher über das Thema Klärschlamm gesprochen. Keiner will das oft belastete Abfallprodukt aus Kläranlagen haben. Als Dünger für die Landwirtschaft ist Klärschlamm einerseits gefürchtet, denn Rückstände belasten Felderwirtschaft und Grundwasser. Der Gesetzgeber hat deshalb für das Ausbringen von Klärschlamm strenge Regeln erlassen – ob diese immer beachtet werden, steht auf einem anderen Blatt.
Auf der anderen Seite ist Klärschlamm in der Landwirtschaft beliebt, weil er nicht nur kostenlos zu haben ist, sondern weil die Grundbesitzer für die Abnahme des Schlamms sogar zur Kasse bitten. Ein Dünger, für den der Bauer Geld bekommt, statt ihn bezahlen zu müssen.
Doch weil die Regeln oft missachtet werden und Grundstücke, die damit gedüngt wurden, sich schlecht verpachten lassen, hat der Schlamm hat ein „Gerüchle“bekommen. Gerade jetzt im Rahmen des Grundstücktauschs bei der Flurneuordnung Buttenwiesen zeigt sich, dass keiner die KlärschlammGrundstücke haben will.
So kommt die Innovation aus Bissingen zur rechten Zeit. In der Kesseltalgemeinde fällt besonders viel Klärschlamm an, deshalb wurden die Bissinger erfinderisch: Aus Klärschlamm kann man ein veredeltes Produkt machen und damit sogar noch Geld verdienen. Das ist die Idee, die Schule machen könnte. Bissingen ging eine besondere Liaison mit Buttenwiesen ein, denn dort sitzt die Firma, die die Idee aus dem Kesseltal praktisch umsetzt. Der Probelauf hat geklappt und die Bissinger bekommen im Juni ihre Trocknungsanlage, verkaufen künftig ihr Abfallprodukt nach Harburg, wo – vereinfacht ausgedrückt – die Öfen der Zementfabrik damit geheizt werden. Ein Kreislauf mit tollen Möglichkeiten, der auch noch dazu führt, dass der Klärschlamm seinen Schrecken verliert und salonfähig wird. Denn im Trocknungsprozess wird der Schlamm zur hygienisierten Biomasse, aus der Nährstoffe zurückgewonnen werden. Im Schlamm steckt also noch viel mehr als das reine Abfallprodukt. Toll, oder? Denken wir noch ein bisschen weiter: Wenn der Klärschlamm den Ofen einer Fabrik heizen kann, warum nicht auch den Heizkessel im Einfamilienhaus? Wer weiß, was die Zukunft bringt…