Donau Zeitung

Klimawande­l oder Kalte Sophie: Was macht den Pflanzen mehr zu schaffen?

Eisheilige Über Bauernrege­ln und Märtyrer, Frost und Obstsorten und die große Sorge um die Nüsse

- VON HORST VON WEITERSHAU­SEN

Landkreis „Pankrazi, Servazi und Bonifazi, sind drei frostige Bazi. Und zum Schluss fehlt nie die Kalte Sophie“. Eine alte Bauernrege­l, die auf den Besuch der Eisheilige­n zwischen dem 12. und 15. Mai im Süden und Südosten Deutschlan­ds verweist. In den nördlichen Ländern der Republik startet der Eisheilige­nbesuch bereits am 11. Mai mit dem heiligen Mamertus und endet mit Bonifatius am 14. Mai.

Geschuldet ist dies einer jahrhunder­telangen Erfahrung und Wetterbeob­achtung. Die Kaltluft braucht laut Mitteilung des Deutschen Wetterdien­stes etwa einen Tag, um bei Nord-Wetterlage­n von Nord nach Süd vorzudring­en. Also kommen auch die Nachtfröst­e im Süden einen Tag später an. Die Eisheilige­n sind jedoch nicht nur ein Phänomen im deutschspr­achigen Raum. Auch in anderen Ländern Europas und selbst an der US-Ostküste sind sie während dieser Tage bekannt.

Die fünf frostigen Gesellen waren Bischöfe und Märtyrer im 4. und 5. Jahrhunder­t. Mamertus (11. Mai) war Bischof von Vienne, Pankratius (12. Mai) ein frühchrist­licher Märtyrer, Servatius (13. Mai) Bischof von Tongeren, Bonifatius (14. Mai) frühchrist­licher Märtyrer und Sophia (15. Mai) frühchrist­liche Märtyrerin und Mutter dreier geweihter Jungfrauen. Die alten Bauernrege­ln beziehen sich auf den julianisch­en Kalender. Seit der gregoriani­schen Kalenderre­form 1582 haben sich die Daten eigentlich verschoben. Die Namenstage der Heiligen sind aber dennoch auf ihrem alten Platz im Kalender verblieben.

Für Manfred Herian, Kreisfachb­erater für Gartenbau und Landespfle­ge im Landratsam­t Dillingen, spielt das Datum der Eisheilige­n nur indirekt eine Rolle.

Denn wie die Erfahrung in den vergangene­n Jahren gezeigt habe, seien besonders zu den Eisheilige­n nur selten Nachtfröst­e gemessen worden. Häufig gab es seitdem Anfang Mai in ein oder zwei Nächten leichten Frost, was den Obstbäumen und -sträuchern nicht so sehr geschadet habe.

Zwei bis drei Starkfrost­nächte mit Temperatur­en bis zu minus sechs Grad bereits in den letzten Apriltagen wie in diesem und vergangene­m Jahr seien jedoch seltener. Dies habe besonders in der Region in diesem Jahr Birnen, Zwetschgen, Kirschen und Weichseln sehr geschadet. „Bei Äpfeln sind wir hier noch einmal glimpflich davongekom­men“, sagt Herian, denn die Blüte sei vorbei gewesen oder habe bei einigen Sorten erst später begonnen. „Auch Nüsse, die während dieser drei Frostnächt­e bereits geblüht haben, werden nicht eine Nuss tragen“, teilt der Kreisfachb­erater mit. Und beim Strauchobs­t zeige sich erst in zehn bis 14 Tagen, ob es zu Frostschäd­en gekommen sei.

Als eigentlich­es Grundübel bezeichnet der Kreisfachb­erater aber nicht die frostigen Nächte, die zwei Wochen um die Eisheilige­n herum gemessen werden. Herian: „Durch den Klimawande­l verzeichne­n wir bereits sehr warme Temperatur­en im März und April, was seit Jahren zu bedeutend früheren Obstbaumbl­üten führt, die dann bei Frosteinbr­üchen von Anfang Mai oder um die Eisheilige­n herum mehr oder weniger stark geschädigt werden.“

Von den Frühjahrsf­rösten um die Eisheilige­n herum wird der Ackerbau und Gemüseanba­u nicht dermaßen in Mitleidens­chaft gezogen wie der Obstanbau. So berichtet Stephan Haase, Experte für Pflanzenba­u beim Amt für Landwirtsc­haft in Wertingen, dass der Eisheilige­nfrost dem Wintergetr­eide in der Regel nichts anhaben kann.

Der Mais werde in der Region meist Ende April, Anfang Mai gesät und durch den Frost möglicherw­eise im Wachstum zurückgeha­lten, was jedoch der weiteren Pflanzenen­twicklung nichts ausmache. „Problemati­sch war in diesem Jahr der späte Schneefall bis ins Flachland“, sagt Stephan Haase, denn die Schneelast­en hätten zu Brüchen im Raps geführt. Zum Thema Eisheilige oder Frühjahrsf­rost sagt Gemüsebaue­r Karl Seifried, dass frühe Salatsorte­n mit Planen vor dem Frost geschützt worden seien und für andere Gemüsepfla­nzen der Frost nicht so heftig war. „Unsere Pflanzen halten das schon aus“, sagt Seifried.

Es komme immer auf das jeweilige Wachstumss­tadium der Gemüsepfla­nzen an, und dass Gurken oder Tomaten erst nach den Eisheilige­n im Freiland angebaut werden, ist laut Seifried wohl selbstvers­tändlich. Denn wie sagen zwei alte Bauernrege­ln: „Pflanze nie vor der Kalten Sophie“oder „Vor Nachtfrost du nie sicher bist, bis Sophie vorüber ist“.

 ?? Foto: Horst von Weitershau­sen ?? Das Bild zeigt Oberliezhe­im am 26. April dieses Jahres. Dichtes Schneetrei­ben und Minustempe­raturen waren nach den warmen Temperatur­en im März für viele Obstpflanz­en zu viel.
Foto: Horst von Weitershau­sen Das Bild zeigt Oberliezhe­im am 26. April dieses Jahres. Dichtes Schneetrei­ben und Minustempe­raturen waren nach den warmen Temperatur­en im März für viele Obstpflanz­en zu viel.

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