Croissants essen in Paris
Serie Jonas Riefle taucht für zehn Monate in die französische Kultur ein
„Nur Froschschenkel habe ich noch nicht probiert.“
Haunsheim Die bayerischen Semmeln wird Jonas Riefle vermutlich schon vermissen, wenn er bald nur noch in Croissants oder Baguettes beißen kann. Denn ab September kehrt er dem beschaulichen Haunsheim den Rücken und streift durch die Straßen von Paris.
Aber außer der deutschen Backkunst wird ihm nichts fehlen – davon ist der 18-Jährige überzeugt. „In Frankreich herrscht ein ganz anderer Lebensstil. Alles ist entspannter und wird viel lockerer gesehen.“Im Vergleich zu den Deutschen seien die Franzosen nicht so auf Genauigkeit und Präzision bedacht.
Und das Essen dort schmecke ihm besonders gut. „Nur Froschschenkel habe ich noch nicht probiert“, erzählt er. Das will der Gymnasiast vielleicht nachholen, wenn er in Pa- ris lebt. Zehn Monate lang wohnt und arbeitet der Haunsheimer bei einer französischen Gastfamilie. Als Au-pair betreut er den 14-jährigen Sohn und übernimmt alle Arbeiten, die über Tag im Haushalt anfallen. Er holt den Jugendlichen von der Schule ab, fährt ihn zum Sport, kauft Lebensmittel ein, kocht Mittagessen und bügelt seine Klamotten. „Viele männliche Au-pairs haben vor ihrer Reise Angst, dass sie die Hausarbeit nicht hinbekommen“, erzählt Riefle. Für den jungen Haunsheimer ist das bisschen Haushalt aber kein Problem. Er kennt das nicht anders. „Heute Morgen musste ich noch mein Hemd bügeln“, sagt er und lacht auf. „Das macht mir nichts aus.“
Schon vier Mal war er in Frankreich. Privat zog es ihn ins Elsass. Für einen Austausch seiner Schu- le ging es erneut ins Nachbarland. An einer Sightseeing-Tour, organisiert von Dillingens französischer Partnerstadt, nahm er ebenfalls teil. Seit der 8. Klasse hat Jonas Riefle Französischunterricht. Was den Umgang mit ausländischen Worten angeht, spürt er keine Hemmungen. Er fürchtet sich nicht vor einer möglichen Sprachbarriere. Als er während des Schüleraustauschs in einer französischen Gastfamilie lebte, sei das auch kein Problem gewesen. Die übrigen Sprachlücken will er im September auf den Pariser Straßen füllen oder in dem Kurs, an dem er vor Ort teilnimmt. Fünf Mal die Woche wird er für jeweils zwei Stunden Französisch pauken. Auch sonst hat er keine Angst vor den Monaten in Frankreichs Hauptstadt. Das einzige Gefühl, das ihn in Gedanken an seine Reise umtreibt, ist Vorfreude.
Leben wird er direkt in Versailles. „Zwei Straßen vom Schloss entfernt.“
Sobald der Haunsheimer ankommt, will er seine Kamera auspacken und Fotos knipsen. „Ich werde vermutlich jedes Wochenende losziehen, um zu fotografieren“, sagt er. Ein schönes Bild verspricht er sich auch von der Empore des Eiffelturms. „Ich will ganz nach oben.“
Obwohl viele Schüler nach dem Abitur eher in Richtung Amerika aufbrechen wollen, schlummerte in Jonas Riefle immer der Wunsch, in ein europäisches Land zu reisen.
Über die Internetseite www.aupairworld.de stieß er auf die Familie in Paris. Seither gab es das eine oder andere Telefongespräch und die Zusage.
360 Euro bekommt Jonas Riefle monatlich. Essen und die Unterkunft kosten ihn nichts. Das Klischee, in Frankreich sei alles überteuert, kann der 18-Jährige nicht bestätigen: „Taxi fahren oder ein Metro-Tagesticket sind viel günstiger als in Deutschland.“Was ihm an Frankreich auch noch so gut gefällt: „Die Franzosen kümmern sich nicht so um ihre Autos.“Es sei einfach nur ein Fortbewegungsmittel. Eingeschlagene Fensterscheiben und demolierte Karosserien sehe man daher öfter.
In den Weihnachtsferien unterbricht der Abiturient seine Reise und kehrt kurz nach Hause zurück. Vielleicht auch noch mal zu Ostern. Die übrige Ferienzeit verbringt er mit seiner Gastfamilie. „Ich bin wie ein vollwertiges Familienmitglied“, sagt Jonas Riefle.
Nach seinem Trip in Frankreich will der Zwölftklässler studieren. „Ich schwanke noch zwischen Psychologie, Fotografie und einem Studium zum Toningenieur.“
In einer Hinsicht ist er sich aber zu 100 Prozent sicher – als Student will er für zwei Monate mit dem Zug europäische Länder bereisen. „Wenn man es jetzt nicht macht, wann dann?“
Jonas Riefle