Donau Zeitung

Will da jemand Merkel beerben?

CDU Der 37-jährige Jens Spahn pflegt sein Image als Rebell. Das machte ihn beliebt. Doch der Wind dreht sich

- VON MARTIN FERBER

Berlin Da blitzten Schlagfert­igkeit und der Witz der Angela Merkel für einen kurzen Moment wieder durch. Am Tag nach der Landtagswa­hl in Nordrhein-Westfalen wurde Wahlsieger Armin Laschet bei seinem gemeinsame­n Auftritt mit der CDU-Chefin und Bundeskanz­lerin gefragt, was er davon halte, dass ein Mitglied seines Landesverb­andes, Finanzstaa­tssekretär Jens Spahn, bereits als Nachfolger Merkels gehandelt werde. „Wir stehen jetzt vor einer Bundestags­wahl, wo wir eigentlich eine Kanzlerkan­didatin haben. Und insofern denke ich, dass das kein Thema ist“, antwortete Laschet routiniert. Doch da hielt es Merkel nicht mehr aus und gab vor laufenden Kameras Kontra. „Nicht mal nur eigentlich. Sondern ganz real.“

Damit war das Thema für die Kanzlerin beendet. Jedenfalls bei der Pressekonf­erenz im AdenauerHa­us. Doch in der Union läuft die Diskussion, wer dereinst ihre Nachfolge antreten könnte und nach der Ära Merkel an der Spitze der CDU steht, schon seit längerem. Und sie dürfte auch nach dem kleinen Machtwort der Kanzlerin andauern. Dabei fiel zuletzt immer wieder ein Name: Jens Spahn aus dem Münsterlan­d, der am Dienstag seinen 37. Geburtstag feierte. Mit wohl kalkuliert­en Angriffen gegen die Kanzlerin und ihre Flüchtling­spolitik hat sich der Mann, der früher in erster Linie als Experte für Gesundheit­spolitik galt, zum Wortführer der Konservati­ven in der CDU gemausert.

Seitdem der britische Guardian im letzten August ein Porträt des ebenso selbstbewu­ssten wie ehrgeizige­n Nachwuchsp­olitikers mit dem Titel „Jens Spahn: der Mann, der Merkel als Kanzler ablösen könnte“veröffentl­ichte, hat die Diskussion an Fahrt gewonnen. Und der neue Star des rechten Flügels lässt keine Gelegenhei­t aus, sich in dieser Rolle zu präsentier­en. In den TV-Talkshows ist er Dauergast, er eilt von Termin zu Termin und schafft es regelmäßig in die Schlagzeil­en, wenn er lautstark ein Burka-Verbot oder ein Islamgeset­z fordert, Innenminis­ter Thomas de Maizière in der Leitkultur-Debatte verteidigt oder Außenminis­ter Sigmar Gabriel kritisiert, wenn dieser mehr Geld für Brüssel ins Gespräch bringt.

Der Höhepunkt war sein Auftritt auf dem CDU-Parteitag in Essen im letzten Dezember: Vehement unterstütz­te Spahn den Antrag der Jungen Union, den Doppelpass abzuschaff­en und zum Optionsmod­ell zurückzuke­hren – womit er sich sowohl mit Angela Merkel und Generalsek­retär Peter Tauber als auch Innenminis­ter Thomas de Maizière anlegte – und gewann.

Denn Spahn, der sich zu seiner Homosexual­ität offen bekennt und mit seinem Partner zusammenle­bt, hat einen mächtigen Gönner in der Partei, der seine schützende Hand über ihn hält: Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble. Der Badener unterstütz­te ihn im Vorfeld des Parteitags im Dezember 2014, als sich Spahn für einen Sitz im siebenköpf­igen Präsidium bewarb, vor einer Kampfkandi­datur gegen den früheren Generalsek­retär und amtierende­n Gesundheit­sminister Hermann Gröhe nicht zurückschr­eckte und die Abstimmung gewann. Als Parlamenta­rischer Staatssekr­etär im Finanzmini­sterium, eigentlich ein Austragsjo­b für altgedient­e Parlamenta­rier, erhielt er von seinem Chef die Erlaubnis, sich zu allen politische­n Fragen äußern zu dürfen – außer zur Finanzpoli­tik. Da steht Spahn, der sonst sein Image als konservati­ver Querdenker pflegt, loyal an der Seite seines Ministers.

Als Kritiker der Merkel’schen Flüchtling­spolitik war Spahn ein gefragter Mann. Doch der Wind hat sich in den letzten Monaten spürbar gedreht. Die Flüchtling­spolitik hat an Bedeutung verloren, Angela Merkel schwimmt wieder auf einer Welle der Zustimmung. Die Wahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gewannen drei Politiker, die den Kurs Merkels unterstütz­ten, dem liberalen Flügel der Partei angehören und in jeder Beziehung das Gegenteil von Rebellen sind.

 ?? Foto: Kappeler, dpa ?? Jens Spahn hat seine Chefin genau im Blick. Kanzlerin Angela Merkel reagierte mit Humor auf Gerüchte, dass der 37 Jährige ihr nachfolgen könnte.
Foto: Kappeler, dpa Jens Spahn hat seine Chefin genau im Blick. Kanzlerin Angela Merkel reagierte mit Humor auf Gerüchte, dass der 37 Jährige ihr nachfolgen könnte.

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