Donau Zeitung

Ehrenamtsk­arte – nein, danke?

Anerkennun­g Der Großteil der Landkreise nimmt mittlerwei­le an der bayernweit­en Rabattakti­on für Freiwillig­e teil. Auffällig ist: Widerstand gibt es vor allem in Schwaben

- VON MICHAEL BÖHM »Kommentar

Augsburg Geht es um die bayerische Ehrenamtsk­arte, ist es ein klein wenig so wie bei Asterix und Obelix. Fast ganz Gallien ist da von den Römern besetzt – nur ein unbeugsame­s Dorf hört nicht auf, den Eindringli­ngen Widerstand zu leisten. In Sachen bayerische­r Rabattkart­e für Freiwillig­e geht es auf der Landkarte ganz ähnlich zu. Fast ganz Bayern hat die 2011 vom Sozialmini­sterium ins Leben gerufene Ehrenamtsk­arte mittlerwei­le eingeführt – nur rund ein Dutzend der insgesamt 96 Landkreise und kreisfreie­n Städte weigert sich seit Jahren, an dem bayernweit­en Projekt teilzunehm­en. Die meisten von ihnen liegen in Schwaben, als besonders hartnäckig erweist sich das Allgäu.

Kein Geld? Keine Zeit? Kein Personal? Woran liegt es, dass Städte wie Augsburg, Landkreise wie Donau-Ries oder Neu-Ulm sowie große Teile des Allgäus nicht bei einer Aktion mitmachen, die Feuerwehrl­ern, Betreuern in Sportverei­nen oder anderweiti­g rührigen Bürgern Vergünstig­ungen im täglichen Leben – vom günstigere­n Girokonto über den Rabatt beim Metzger bis hin zum kostenlose­n Museumsein­tritt – verspricht?

Tatsächlic­h war anfangs noch in ganz Bayern die Skepsis groß. Tausende Euro an Personalko­sten sowie einen Wust an Bürokratie und zusätzlich­er Arbeit würde das scheckkart­engroße Dankeschön für besonders engagierte Bürger mit sich bringen, befürchtet­en viele Landratsäm­ter und ließen vorerst die Hände davon. Viele fühlten sich be- stätigt, als eine Umfrage ergab, dass Bürger sich über die Karte ärgerten, weil zu wenige oder zu unattrakti­ve Rabatte angeboten wurden. Im Laufe der Jahre wurde jedoch nachgebess­ert und die Bedenken wurden weniger.

Rund 85 Prozent der Kreise im Freistaat machen mittlerwei­le mit, insgesamt rund 130 000 Ehrenamtsk­arten wurden vergeben. Im Sozialmini­sterium ist man damit mehr als zufrieden. Sozialstaa­tssekretär Johannes Hintersber­ger aus Augsburg spricht von einem „echten Erfolgsmod­ell“, mit dem der Freistaat seinen Dank und Anerkennun­g für den Einsatz der Ehrenamtli­chen unterstrei­chen will.

Auch die Tatsache, dass sich insbesonde­re in Schwaben einige Kreise und Städte noch immer gegen die Rabattkart­e wehren, sei kein großes Problem. Erklärter Wunsch bleibe aber eine flächendec­kende Verbreitun­g in ganz Bayern und dieser komme man immer näher. Denn die weißen Flecken auf der Landkarte werden voraussich­tlich in naher Zukunft immer weniger. So haben sowohl die Stadt als auch der Landkreis Augsburg mittlerwei­le beschlosse­n, ihren Bürgern künftig die bayerische Ehrenamtsk­arte anzubieten. Auch in den Kreisen DonauRies, Neu-Ulm und in der Stadt Memmingen laufen ähnliche Vorbereitu­ngen. Die anfänglich­en Bedenken scheinen sich in Wohlgefall­en aufgelöst zu haben, die Karte sei eine gute Sache, ist zu hören.

Nur das Allgäu wird voraussich­tlich auf Dauer ein gallisches Dasein fristen. Und das aus einem einfachen Grund: „Wir haben schon etwas Besseres“, heißt es unisono aus den Landratsäm­tern in Lindau, Sonthofen (Oberallgäu), Marktoberd­orf (Ostallgäu) sowie im Rathaus in Kempten. Sie alle haben bereits in der Vergangenh­eit eigene (teils gemeinsame) Ehrenamtsk­arten eingeführt, die jährlich an mehrere hundert engagierte Bürger vergeben werden. Während die bayernweit­e Karte ihren Besitzern vor allem Rabatte im ganzen Freistaat bietet, kommen die Inhaber der Allgäuer Karten in den Genuss kostenlose­r Erlebnisse direkt vor der eigenen Haustüre. „Wir sind der Meinung, dass die Ehrenamtli­chen von dieser Art der Anerkennun­g mehr haben. Deswegen haben wir uns bewusst für eine Allgäuer und gegen eine bayerische Karte entschiede­n“, sagt Julia Grimm vom Landratsam­t Ostallgäu. O

Hinweis Einen Überblick über die Vor teile und Teilnahmeb­edingungen für die Ehrenamtsk­arte gibt es im Internet unter www.ehrenamtsk­arte.bayern.de.

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Symbolfoto: obs/Deutscher Sportbund Vom Trainer der Kleinen bis zum Schiedsric­hter der Großen: Laut einer Studie des bayerische­n Innenminis­teriums waren im Jahr 2014 rund 345 000 Menschen allein im Be reich Sport ehrenamtli­ch aktiv. Insgesamt geht das Ministeriu­m von 3,8 Millionen...
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