Das Comeback des Toastbrots
Essen & Trinken Die einen lieben den Duft, die anderen schmähen es als „leere Kalorien“. Doch es lässt sich auch anspruchsvoll in der Küche einsetzen
Der Geruch erinnert an gemütliche Sonntags-Frühstücke – und viele lieben es, wenn Süßes oder Herzhaftes auf dem warmen Toast ein kleines bisschen schmilzt. Der eine mag es, wenn das Brot nur eine Minute ganz zart gewärmt wird. Der andere liebt es deftig und befreit die Scheibe erst aus dem Toaster, wenn sie tiefbraun geröstet ist. „Toast, so wie wir es heute kennen, gibt es seit Mitte der fünfziger Jahre in Deutschland“, sagt Marianne Honold vom Deutschen Museum für Brotkultur in Ulm. „Mithilfe einer Vermarktungsorganisation amerikanischer Weizenproduzenten und deutscher Toasthersteller wurde dieses Brot als gehobene und praktische Mahlzeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland mit hohem Werbeaufwand populär gemacht.“
Durch den Zusatz von Fett und Zucker entstehen beim Erhitzen die Röststoffe, die dem Toast den typischen Geruch und Geschmack verleihen. Etwa in Großbritannien gehört der Toast klassischerweise zum „Full English Breakfast“, zum traditionell aufwendigen Frühstück mit Speck, Eiern und Würstchen. So herzhaft belegt, schmeckt er auch zu allen anderen Tageszeiten – als Mittagsimbiss ebenso wie als schnelles Abendbrot. Doch auch in der aufwendigeren Küche erlebt Toast derzeit ein Comeback: Kochbuchautoren und Food-Blogger im Internet liefern zahlreiche schräge Ideen für süße wie deftige Toastmahlzeiten: Marillenmarmelade, Banane, Melone, Zimt und Kakao zum Beispiel oder eine Mixtur aus Frischkäse, Basilikum und Himbeeren.
Im Kochbuch „Pimp your Toast“gibt es zum Beispiel Pasten aus Bohnen, Zitrone und Salbei oder Empfehlungen wie das pürierte Zusammenspiel von Aubergine, Minze und Walnuss. In rund 15 Minuten lässt sich ein Toast mit Mozzarella und Grünkohl-Pesto zubereiten: Für das Pesto die stiellosen Grünkohlblätter blanchieren und mit Knoblauch, Zitronenschale, Parmesan und Pinienkernen mit dem Mörser oder der Küchenmaschine zu einer groben Paste verarbeiten. Dann einfach mit Mozzarella – und natürlich Toast – servieren.
Etwas länger braucht ein Toast mit Feigen und Parmaschinken. Während die Feigen im Backofen mit Honig und Olivenöl beträufelt rund 20 Minuten rösten, schneidet man Blauschimmelkäse in Scheiben und toastet das Brot. Dann kommt etwas Garflüssigkeit vom Backblech auf die Brotscheibe, bevor Käse und Parmaschinken aufgelegt werden. Zuletzt die warmen Feigen auf den Toast geben und mit dem restlichen Saft sowie etwas Balsamico beträufeln. Und Toast funktioniert auch als Canapé: Dazu eine Fenchelknolle sowie eine Selleriestange in sehr dünne Scheiben schneiden, einen Apfel in dünne Stifte. Gemüse und Obst mit Mayonnaise, Crème fraîche, Senf und Petersilie zu einem Dressing vermischen. Dann werden kleine Brotstücke auf einem Backblech verteilt und zehn Minuten kross geröstet. Anschließend jeweils einen Löffel Salat und einige Stücke Bresaola auf die Minibrote tupfen.
„Mehl, Wasser, Hefe, Salz und Zucker“– das sind die klassischen Bestandteile des Toasts, wie Thomas Muschelknautz, Bäckermeister und Diplom-Ingenieur für Lebensmitteltechnik, von der Akademie des deutschen Bäckerhandwerks erklärt. „Und wenn es um Buttertoast geht, natürlich Butter.“Daneben gibt es Varianten wie Vollkorn-, Dinkel-, Roggen oder Mehrkorntoast. Aber selbst ein Toastbrot mit Vollkornmehl hat ernährungsphysiologisch eher wenig zu bieten – es handelt sich um die berühmt-berüchtigten leeren Kalorien, wie der Ernährungsberater und Buchautor Andreas Sommers erklärt: „Bei industriell hergestelltem Toast möchte ich fast sagen, er ist wertlos.“
Sommers moniert die Mehlqualitäten von industriell hergestellten Toastbroten: „Sie enthalten kaum Ballaststoffe.“Der Autor hat nach einigen Experimenten Alternativen gefunden und eine eigene Toastvariante kreiert. Er verwendet Roggensauerteig und Dinkelmehl: „Die Vollkornanteile sorgen für eine gute, geschmackvolle Röstung. Butter gehört natürlich dazu, aber nicht zu viel“, erklärt er. Der Roggen gebe eine kräftige Geschmacksnote.
Ob industriell gefertigt oder in Handwerksarbeit, gibt es dennoch Vorgaben, die ein Toastbrot erfüllen muss: Qualitätsmerkmale sind die schwach ausgeprägte Kruste und die ebenmäßig-feinporige Struktur der Krume. Denn diese ermöglicht die gleichmäßige Bräunung – wenn die Toastscheibe lecker duftend aus dem Toaster ploppt. (dpa)
Roggen verleiht eine kräftige Geschmacksnote