Donau Zeitung

Bayern muss eine Milliarde Euro weniger abgeben

Steuer Wie Union und SPD in letzter Minute den Streit um den Finanzausg­leich beigelegt haben

- VON MARTIN FERBER

Berlin Mit einem Kraftakt quasi in letzter Minute haben die Fraktionsc­hefs von CDU, CSU und SPD im Bundestag, Volker Kauder, Gerda Hasselfeld­t und Thomas Oppermann, das bereits fertig ausgehande­lte Paket zur Neuordnung der komplizier­ten Bund-Länder-Finanzbezi­ehungen gerettet. In mehrstündi­gen Verhandlun­gen klärten sie die letzten noch offenen Fragen und verhindert­en somit ein Scheitern kurz vor dem Ende der Legislatur­periode. Mit zweiwöchig­er Verspätung kann der Bundestag in seiner nächsten Sitzungswo­che das umfangreic­he Gesetzespa­ket verabschie­den, noch vor der Sommerpaus­e des Bundesrats. Wegen der insgesamt 13 Änderungen des Grundgeset­zes sind Zwei-Drittel-Mehrheiten in beiden Häusern notwendig.

Sowohl der milliarden­schwere Länderfina­nzausgleic­h als auch der Solidarpak­t II laufen 2019 aus; das ausgehande­lte Konzept, hinter dem im Grundsatz nicht nur alle 16 Länder, sondern auch der Bund standen, hätte für alle Beteiligte­n bis 2030 Planungssi­cherheit bedeutet. Doch der Streit um die Ausgestalt­ung der geplanten Infrastruk­turgesells­chaft und die damit verbundene Möglichkei­t der Privatisie­rung von Autobahnen sorgte für einen neuerliche­n Zwist zwischen Union und SPD.

Auf den ersten Blick sind die Länder die großen Gewinner des Deals. Der direkte Länderfina­nzausgleic­h zwischen den vier Geber- und den zwölf Nehmerländ­ern, der vor allem Bayern, aber auch Baden-Württember­g, Hessen und Hamburg jedes Jahr viel Geld gekostet hat, entfällt komplett; allein Bayern wird um 1,3 Milliarden Euro pro Jahr entlastet und kann dieses Geld künftig in eigene Projekte investiere­n. Stattdesse­n erfolgt der Ausgleich zwischen den reichen und den struktursc­hwachen Ländern nicht mehr über verschiede­ne Steuerarte­n, sondern ausschließ­lich über eine Neuverteil­ung der Mehrwertst­euer, zudem stellt der Bund 9,5 Milliarden Euro pro Jahr mit steigender Tendenz für die finanzschw­achen Länder zur Verfügung. Die Ost-Länder wie die Haushaltsn­otlage-Länder Bremen und Saarland erhalten zusätzlich­e Hilfen.

Doch der Preis, den die Länder dafür zu bezahlen haben, ist hoch. Das Geld des Bundes erkaufen sie

Privatisie­rung von Autobahnen dauerhaft ausgeschlo­ssen

sich durch eine teilweise Selbstentm­achtung, indem sie wichtige Kompetenze­n an den Bund abtreten und somit weitere Befugnisse verlieren. So wird unter anderem das strikte Kooperatio­nsverbot im Bildungsbe­reich gelockert, der Bund stellt künftig finanzschw­achen Kommunen 3,5 Milliarden zur Sanierung von Schulgebäu­den zur Verfügung – eigentlich eine Ländersach­e! Und auch für den Bau und den Unterhalt der Autobahnen ist künftig der Bund zuständig, der dafür eine eigene Infrastruk­turgesells­chaft gründen wird. In den Nachverhan­dlungen setzte die SPD durch, dass eine Privatisie­rung der Gesellscha­ft wie von Autobahnte­ilstücken durch klar formuliert­e Bremsen im Grundgeset­z dauerhaft verhindert wird, die CSU drängte darauf, dass die Mitarbeite­r der Bauverwalt­ung in Bayern nicht versetzt werden können.

So ist der Deal ein typischer Kompromiss, der allen etwas abverlangt, doch im Gegenzug bis 2030 Planungssi­cherheit schafft. Die reichen Länder werden dauerhaft entlastet, die armen Länder bekommen mehr. Die Zeche zahlt der Bund. Doch im Gegenzug wächst seine Macht, die Zentralisi­erung des Landes schreitet voran.

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Foto: dpa Bayern zählt zu den Gewinnern der Re form des Finanzausg­leichs.

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