Was hat das Grundgesetz mit mir zu tun?!
Politik Die Grundrechte spielen in unserem Alltag eine wichtige Rolle. Ein paar Beispiele zum Jahrestag
Dillingen Heute vor genau 68 Jahren wurde eine Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland erlassen – das Grundgesetz. „Es ist die oberste Rechtsordnung, denn alle rechtlichen Regelungen müssen mit dem Grundgesetz übereinstimmen“, weiß Johann Popp, Direktor vom Amtsgericht Dillingen. Es begegnet uns im Alltag als Werteordnung unserer Gesellschaft immer wieder, wir merken es nur nicht. Hier ein paar typische Beispiele:
7 Uhr: Dank der Pressefreiheit ist die Zeitung frei von jeglicher Zensur, erklärt Popp. Auf das, was darin steht, darf die Politik keinen Einfluss nehmen.
8 Uhr: Nun aber schnell mit dem Bus in die Arbeit. „In öffentlichen Verkehrsmitteln gibt es keine eigenen Abteile für Deutsche und Ausländer, Männer und Frauen“, sagt Kreis- und Bezirksrat Popp. In so einer Situation begegne uns die Gleichberechtigung aller Menschen in Form von Artikel 3 des Grundgesetzes.
8.15 Uhr: Dank des Rechts auf Berufsfreiheit und die freie Entfaltung der Persönlichkeit „kann ich mir meinen Arbeitsplatz aussuchen, wo ich will“, erklärt Dr. Johann Popp.
9 Uhr: Schnell ein Telefonat mit der Freundin – völlig unbemerkt von allen andern, denn: Aufgrund der Telekommunikationsfreiheit ist das Abhören privater Gespräche verboten. Allerdings gibt es hier Ausnahmen: „In bestimmten Fällen kollidieren Grundrechte miteinander“, sagt Popp. Es könne sein, dass ein Grundrecht das andere einschränkt. Wenn also die Staatsgewalt durch das Abhören eines Telefons einen terroristischen Anschlag verhindern könne, heben bestimmte Gesetze der Strafprozessordnung das Grundrecht auf Fernmeldegeheimnis auf.
10 Uhr: Krisengespräch auf der Arbeit. Im Grundgesetz ist festgelegt, dass jeder seine Meinung in Wort, Bild und Schrift frei äußern darf. Auch Popp, Richter im Dillinger Amtsgericht, findet, dass die freie Meinungsäußerung zu den wichtigsten Artikeln im Grundgesetz zählt.
11.20 Uhr: In der Schule klingelt es zur Stunde. Die Kinder haben Religionsunterricht. „Jeder darf frei einer Religion beitreten, das aber auch verweigern“, erklärt Popp weiter.
18 Uhr: In Gundremmingen findet eine Demonstration gegen Kernenergie statt. Dass die Menschen sich versammeln und ihre Meinung zum Ausdruck bringen dürfen, dafür sorge laut Popp die Demonstrationsfreiheit.
Zum einen dienen die Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Staat, wie beispielsweise die Pressefreiheit oder das Briefgeheimnis. Denn sowohl Gericht als auch Polizei und Standesamt sind an das Grundgesetz gebunden, betont Johann Popp. „Auch das Strafgesetzbuch beschützt gewissermaßen die Bürger untereinander, aber auch vor dem Staat.“Wenn der Staat gegenüber einem Bürger gesetzeswidrig handelt, habe diese Person die Möglichkeit, eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einzureichen, erzählt der Richter. „Im Vorläufer des Grundgesetzes, der Weimarer Reichsverfassung, gab es das noch nicht. Heute passiert es relativ häufig, doch die Verfassungsbeschwerden sind überwiegend nicht gerechtfertigt.“
Außerdem fungieren die Grundrechte teilweise als Schutzpflichten des Staates gegenüber den Bürgern. Zum Beispiel heißt es in Artikel 6 des Grundgesetzes: Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
Oder aber es sind Mitwirkungsrechte. Darunter fallen die Demonstrationsfreiheit und die freie Meinungsäußerung. Rechte wie diese lassen zu, dass sich die Gesellschaft aktiv beteiligen und weiterentwickeln kann.