Mehr als kochen und putzen
Schulabschluss Die Fachkräfte für Ernährung und Haushaltsführung nehmen viel fürs tägliche Leben und eine neue Berufslaufbahn mit. Eine Absolventin schaffte in allen neun Fächern eine Eins
Wertingen Semestersprecherin Tanja Ehinger brachte es auf den Punkt: „Hier wurden uns Dinge beigebracht, von denen wir im Leben noch nichts gehört haben.“16 Frauen im Alter von 22 bis 59 Jahren lernten seit September 2015 in der Abteilung Hauswirtschaft an der Landwirtschaftsschule Wertingen nicht nur Putzen und Kochen – obwohl das viele Außenstehende meinen. Auch die Bescheinigung der Ausbildereignung und die Bestätigung der Fähigkeit zur Unternehmungsgründung liegt dem Zeugnis der Fachkräfte für Ernährung und Haushaltsführung bei. In der kommenden Woche machen sie außerdem ihre Prüfung zur Hauswirtschafterin. Deshalb ging es auch um Steuern, Arbeitspädagogik, Einrichten von Räumen und noch viel mehr.
Die Frauen im Alter von 22 bis 59 Jahren hatten alle bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung hinter sich, als sie sich für diesen Studiengang entschieden haben. Dass sie während des Unterrichts viele kriti- sche Fragen stellten und dadurch ihr Wissen noch mehr erweiterten, als wenn sie nur brav dem Unterricht gefolgt wären, kam bei Semesterleiterin Monika Weber ebenso gut an wie bei Schulleiter Magnus Mayer. Der nannte stolz die Durchschnittsnote aller Absolventinnen von 1,56, bevor er die Zeugnisse verteilte. Die besten drei hob er sich für den Schluss auf: Da freuten sich die Frauen mit Tanja Perkl aus Langenreichen über ihren Notenschnitt 1,22, mit Eva-Maria Berchtenbreiter aus Dillingen über den Durchschnitt 1,11 und mit Semestersprecherin Tanja Ehinger aus Emersacker über die Traumnote 1,0. Sie lieferte in allen neun Fächern eine Eins ab.
Dabei hatte es gerade dieses Semester besonders schwer, hörten die Gäste bei der Schulschlussfeier im Gottmannshofer Landgasthof Stark immer wieder, die von Gudrun und Vanessa Bschorr musikalisch umrahmt wurde. Klementine Jahn, die Leiterin der Abteilung Hauswirtschaft an der Landwirtschaftsschule, schied aus gesundheitlichen Gründen aus, und Brigitte Steinle wechselte von Wertingen nach Nördlingen. Das Lehrer-Team hielt zusammen, auch Brigitte Steinle war teilweise noch mit im Boot. Dabei haben die Schülerinnen eine Fähigkeit bewiesen, die Landtagsabgeordneter Georg Winter für besonders wichtig erachtet: „Sie können sich auf Veränderungen einstellen.“Mit einer Weltmeisterschaft und einem guten Team, das zusammenhält, verglich der Vize-Landrat Alfred Schneid die Zeit der Absolventinnen in der Landwirtschaftsschule. Denn miteinander und mithilfe der Familie waren sie erfolgreich.
Eine Möglichkeit, ihr Wissen weiterzugeben, gab Kreisbäuerin Annett Jung den Frauen an die Hand: „Probieren Sie sich als Kursleiterin.“Sie schenkte ihnen einen voll ausgearbeiteten Ferienkurs, der entworfen wurde, um Zwölf- bis 17-Jährigen das Kochen beizubringen. Dafür können sie die Räume der Landwirtschaftsschule in den Sommerferien nutzen. Was in der Schule und oft auch im Elternhaus zu kurz kommt: Die Teenies sollen „lernen fürs Leben“, erst nachrangig soll das Interesse für den Beruf geweckt werden. Auch Wertingens Bürgermeister Willy Lehmeier erhofft sich von den Frauen, dass sie als Botschafterinnen wirken. Gerade heute, wo sich viele keine Zeit mehr nehmen für die gesunde Ernährung und dafür, sich mit den Produkten auseinanderzusetzen.
Als Botschafterinnen für gesunde Ernährung wirken