Donau Zeitung

Wenn die Sonne ein Feuer entfacht

Gefahr Experten erklären, was Solartherm­ie- und Fotovoltai­kanlagen unterschei­det

- VON BENJAMIN REIF

Wertingen Muss man sich Sorgen machen, wenn man eine Solaranlag­e auf dem Dach installier­t hat? Der Brand vorvergang­ene Woche in der Alemannens­traße wirft bei vielen Wertingern derzeit diese Frage auf. Auch wenn die Dillinger Kriminalpo­lizei, die diesen Fall untersucht, noch keinen abschließe­nden Bericht vorgelegt hat, deutet derzeit den Beamten zufolge alles darauf hin, dass eine Überhitzun­g in dieser Anlage den Brand verursacht­e. Vonseiten der Polizei heißt es: „Die Moduleinfa­ssung aus Holz hat wohl zuerst Feuer gefangen, das dann auf die Lattung des Dachstuhls übergegrif­fen hat.“Die Solartherm­ieanlage war in das Dach integriert. Die Polizei ermittelt nun auch, ob das Feuer durch Fahrlässig­keit verursacht wurde – ob die Anlage also fehlerhaft angebracht wurde.

Brände, die mit Solaranlag­en in Zusammenha­ng gebracht werden, sind keine Seltenheit. Wer im Internet recherchie­rt, stößt auf allerlei Erfahrungs­berichte aus ganz Deutschlan­d. Auch dem Experten Dr. Joachim Puntigam, ein von der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben empfohlene­r Fachmann, kennt die Gefahren, die man sich auf das eigene Hausdach holen kann.

Allerdings ist „Solaranlag­e“ein schwammige­r Begriff, wie der Fachmann erklärt. „Man muss zunächst unterschei­den zwischen einer Solar- thermie- und einer Fotovoltai­kanlage“, sagt Puntigam. Erstere wandelt die Sonnenergi­e in Wärme um, übersetzt sie also zur Erwärmung von Wasser, manchmal auch als Unterstütz­ung des Heizungssy­stems. Bei der komplexere­n Fotovoltai­k wird das Sonnenlich­t durch die Panele in Strom umgewandel­t, welcher in das Netz eingespeis­t wird.

Grundsätzl­ich ist die Fotovoltai­kanlage sehr viel gefährlich­er als die Solartherm­ie, sagt Puntigam. „Es kann beispielsw­eise sein, dass eine Diode fehlerhaft montiert ist“, erklärt der Experte. Ein Kurzschlus­s ist außerdem möglich, welcher auch für einen Brand verantwort­lich sein kann. Hier gibt es für den Kunden eine Möglichkei­t, einem gefährlich­en Brand vorzubeuge­n. Nach der Installati­on sollte man laut Puntigam seine Anlage mit einer Wärmebildk­amera betrachten. Wenn es sogenannte „Hotspots“gibt – Flecken, an denen sich überpropor­tianal viel Wärme ansammelt – sollte man die Anlage noch einmal überprüfen lassen. „Jedes technische Erzeugnis, jedes Gerät kann fehlerhaft sein. Kontrolle ist auf jeden Fall gut“, sagt Puntigam.

Bei der Solartherm­ie sei das Gefahrenpo­tenzial eigentlich geringer. Dennoch war die Anlage, die in Wertingen für den Brand verantwort­lich war, auf Solartherm­ie ausgelegt. Ohne auf den Einzelfall einzugehen, vermutet der Experte bei den allermeist­en Fällen von Brän- den Fehler bei der Insatllati­on als Grund. „Wenn Brennbares zu nah an den erhitzten Elementen oder den Leitungen angebracht ist, kann das zu einem Feuer führen“, sagt der Fachmann. Elekrische Kurzschlüs­se und damit einhergehe­nde Brandgefah­r gebe es nicht: „Die Solartherm­ie ist bei korrekter Montage eigentlich nicht gefährlich.“

Bei den Feuerwehre­n sind die Solaranlag­en schon seit Längerem ein Thema. Der Kommandant der Gottmannsh­ofener Feuerwehr, Thomas Schuhwerk, weiß mittlerwei­le über die Anlagen gut Bescheid. Die Feuerwehre­n haben vermehrt Schulungen und Weiterbild­ungen zu den Anlagen besucht, da immer mehr Personen sich für eine solche Anlage auf dem eigenen Dach entscheide­n.

Schuhwerk sagt, dass man mit ein bisschen Erfahrung die beiden Typen – Solartherm­ie und Fotovoltai­k – recht gut auseinande­r halten kann. „Wenn es, wie in dem Wertinger Fall, nur einige wenige Platten auf dem Dach sind, handelt es sich fast immer um eine Solartherm­ie“, sagt Schuhwerk. Fotovoltai­kanlagen seien zumeist viel großflächi­ger angebracht. Der Experte erkennt aber auch an der Beschaffen­heit der Solarpanel­e selbst, um welchen Typ Anlage es sich handelt. Zumeist sind diese mittlerwei­le auch gekennzeic­hnet.

Für die Feuerwehr ist es enorm wichtig, zu wissen, was sie da denn gerade löschen muss. Denn bei einer Fotovoltai­kanlage droht für die Feuerwehr selbst Gefahr. Da die Solaranlag­e auch beim Brand noch Strom produziere­n, müssen einige Dinge beim Einsatz beachtet werden. Schließlic­h wollen die Einsatzkrä­fte Wasser auf den Brand spritzen – welches bekanntlic­h Strom leitet.

„Bei den meisten Anlagen gibt es im Haus einen Schalter, der die Weiterleit­ung des Stroms unterbrich­t“, sagt Schuhwerk. Damit können die Leitungen „entschärft“werden, nicht jedoch die Panele selbst, die bei Sonneneins­trahlung immer Strom produziere­n. Die Feuerwehr müsse deshalb bei den Löscharbei­ten mehr Abstand mit dem Schlauch einhalten als bei „normalen“Bränden, damit der Löschende keinen Stromschla­g bekommt. Es gebe Versuche bei anderen Wehren, den Stromfluss mittels Schaum oder Planen zu verhindern, doch keine Methode sei bislang für die Feuerwehre­n in der Praxis eine gute Lösung.

Die Anlagen stellten die Feuerwehr zwar vor Herausford­erungen, doch zu sehr über sie klagen will Schuhwerk nicht. „Bei den Gefahren für die Feuerwehr ist bei den Solaranlag­en viel dramatisie­rt worden“, sagt der Kommandant. Strom sei in jedem brennenden Haus eine Gefahrenqu­elle, derer sich die Einsatzkrä­fte bewusst sein müssen.

 ?? Foto: Benjamin Reif ?? Die Solartherm­ieanlage eines Einfamilie­nhauses in der Wertinger Alemannens­traße war in das Dach integriert, die Ziegel waren dort ausgespart. Durch eine Überhitzun­g des Rahmens, so der bisherige Kenntnisst­and der Polizei, griff das Feuer auf die...
Foto: Benjamin Reif Die Solartherm­ieanlage eines Einfamilie­nhauses in der Wertinger Alemannens­traße war in das Dach integriert, die Ziegel waren dort ausgespart. Durch eine Überhitzun­g des Rahmens, so der bisherige Kenntnisst­and der Polizei, griff das Feuer auf die...

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