Wer ist schuld am Tod des Rotmilans?
Vergiftung Verbotenes Pflanzenschutzmittel Carbofuran ist noch immer im Umlauf. Die Meinungen über mögliche Täterkreise gehen weit auseinander
Landkreis Die hochgiftige Substanz Carbofuran ist schuld am Tod eines Rotmilans. Und das, obwohl das Pflanzenschutzmittel seit 2007 verboten ist. Ende März entdeckten Passanten hinter Kicklingen einen verletzten Raubvogel (unsere Zeitung berichtete). Es handelte sich um einen seltenen Rotmilan. Zunächst flatterte er noch am Boden. Kurze Zeit später starb er noch am Fundort.
An der Ludwig-MaximiliansUniversität München wurde der geschützte Greifvogel genauer unter die Lupe genommen. Im Körper fanden die Experten eindeutig Rückstände des verbotenen Pflanzenschutzmittels. Laut Annahme der Polizei sei davon auszugehen, dass der Vogel durch einen präparierten Köder verendet ist.
Dabei stellt sich eine Frage: Wieso ist Carbofuran auch in unserem Landkreis noch in Gebrauch?
Reimut Kayser vom Bund Naturschutz will niemandem die Schuld zuweisen, aber er gibt eines zu bedenken: „Unter den Jägern gibt es auch schwarze Schafe.“Vereinzelte würden bewusst Köder auslegen, um Greifvögel zu vergiften, meint der Tierschützer. „Weil die Vögel das Jagdvergnügen mindern.“Aber Kayser hofft, dass es im Landkreis keinen dieser Jäger gibt. „Gott sei Dank sind es nur wenige, die dazu fähig sind.“
Dass Landwirte trotz des Verbots Carbofuran verwenden und der Rotmilan deshalb verendet ist, kann sich Kayser nicht vorstellen. „Ich halte es für ausgeschlossen, dass eine akute Vergiftung durch die Landwirtschaft möglich ist.“Selbst wenn es Bauern gäbe, die das Mittel noch verwenden. Schließlich liege das Insektizid, wenn, nur in verdünnter Form vor und würde nicht direkt zum Tod des Tieres führen.
So sieht das auch Eugen Bayer vom Bayerischen Bauernverband (BBV). Nach der Pflanzenschutzmittelverordnung ist Carbofuran verboten. „Das Mittel noch zu verwenden, wäre illegal. Auf dieses Glatteis würde sich keiner begeben.“
Dass Carbofuran trotzdem noch im Umlauf ist, kann sich Bayer kaum erklären. Doch wie bei verbotenen Arzneimitteln gebe es immer Wege, sie zu beschaffen. Feststellen will der BBV-Kreisgeschäftsführer aber vor allem eines: „Wenn etwas verboten ist, werden unsere Bauern auch die Reste des Düngemittels nicht mehr aufbrauchen.“Der hohe finanzielle Aufwand, der in dem Fall auf einen Landwirt zukommen würde, stehe in keinem Verhältnis zum Nutzen.
Ein Köder muss es gewesen sein. Da ist sich auch Kayser sicher. Die Kriminalität gegen Greif- und Großvögel habe in letzter Zeit ohnehin stark zugenommen. Gerade im Umfeld von Windkraftanlagen, meint der Naturschützer. Schließlich sei der Bau eines Windrads nicht möglich, wenn ein geschützter Vogel wie der Rotmilan innerhalb von 1500 Metern Umkreis vorkommt. Eine Windkraftplanung in der Nähe des gefundenen Rotmilans sei aber nicht vorgesehen. Damit sei der Verdacht, der Köder könnte aus dem Grund ausgelegt worden sein, nicht haltbar.
Kayser geht der Fall des toten Vogels nahe. Insbesondere die Ursache. „Das Gift war wohl so heftig, dass er sehr schnell abgestürzt ist.“Für Kayser ist der Vorfall wie ein Déjà-vu. 2004 entdeckte er einen toten Rotmilan bei Lutzingen. Das Tier starb durch einen präparierten Köder. „Der letzte Bissen war noch im Maul und die Fänge ganz verkrampft.“
Für Kayser ist das Schlimmste an Carbofuran, dass es selbst für Kinder gefährlich sein kann. „Carbofuran ist ein Kontaktgift, das über die Schleimhäute übertragen wird.“Fassen Kinder ein vergiftetes Tier an und nehmen den Finger anschließend in den Mund, könnte das schlimme Folgen haben.
Das ist unwahrscheinlich, meint dagegen Helmut Jaumann. Köder gegen Greifvögel werden eher auf freien Feldern ausgelegt, vermutet der Vorsitzende der Kreisjägervereinigung Dillingen. „Das ist fast undenkbar, dass Kinder da spielen.“Zumal die Vögel den Geruch des Köders sofort aufnehmen und er dadurch schnell verspeist wird.
Jaumann will keinem etwas unterstellen. Doch dass „die Jäger wieder die bösen Buben“sein sollen, stört den Vorsitzenden. Klar gäbe es in jedem Bereich schwarze Schafe. „Aber über meine Jäger halte ich die schützende Hand.“Sollte er wider Erwarten doch mal einen erwischen, gibt’s mächtig Ärger: „Das ist nicht mit meinem Tierschutzgedanken vereinbar.“Wer einen präparierten Köder auslegt, wird strafrechtlich verfolgt und muss seinen Jagdschein abgeben.
Ob ein ausgelegter Köder mit Carbofuran präpariert wurde oder das verbotene Pflanzenschutzmittel noch immer in der Landwirtschaft im Einsatz ist, darüber könnte man nur mutmaßen. Jaumann: „Das ist wie mit der Stecknadel im Heuhaufen.“Umso wichtiger sei es, stets wachsam zu sein. „Die Bevölkerung muss sehr aufmerksam sein, wenn sie in der Natur ist.“
„Wenn etwas verboten ist, werden unsere Bauern auch die Reste des Düngemittels nicht mehr aufbrauchen.“
Eugen Bayer, BBV Kreisgeschäftsführer