Mit Schirm, Pferd und Melone
Reiten Zum 20. Mal fanden die Kutschertage in Gundelfingen statt. Manche Gespanne kamen von weit her. Richter Nigel Whiting prüfte sie
Gundelfingen „Die Pferde sollen Manieren haben“, erklärt Nigel Whiting, Richter bei den Kutschertagen in Gundelfingen. Schwarzer Anzug, Weste und Melone, der Engländer nimmt seinen Job ernst. Dazu gehört auch eine quietschbunte Krawatte mit Kutschenmuster. Prüfend umrundet er das Gespann. „Reibt das nicht?“, fragt er den Kutscher und prüft einen Lederriemen. „Höchster Pflegezustand“sollte gewährleistet sein, bei Kutsche, Pferden – und auch bei Fahrer, Beifahrern und Passagieren. Doch so genau wird das in Gundelfingen nicht genommen, verrät der Richter. „Ich gebe Tipps, die Bewertung ist ohne Punkte, es gibt keinen Sieger.“
Zum 20. Mal richtete der Fahrverein „Obere Mühle“Gundelfingen die Kutschertage über das Pfingstwochenende aus. Manfred Rechner, Vorsitzender und Gründer des Vereins, legt Wert darauf, dass die Teilnehmer Spaß haben, deswegen werden keine Punkte vergeben. „Es geben sich ja alles sehr viel Mühe.“16 Gespanne sind zur 35 Kilometer langen Stil- und Streckenfahrt an der Donau am Sonntag aufgebrochen. Die Teilnehmer putzen vorher aufwendig Pferde, Kutschen und Geschirre. „Wenn der Boden noch nass ist, oder wenn es regnet, wird alles wieder dreckig, das ist schade“, sagt Rechner. Gerade fährt Markus Gull mit seinem Zweispänner vor. Zwei Moritzburger, schwere Warmblüter, ziehen die große Kutsche. Gull ist Schweizer Meister im Gespannfahren, erklärt Rechner. Unter seinen Passagieren sitzt Fred Stobb, fast 90 Jahre alt. Der Bielefelder sei bis vor fünf Jahren selbst mit Kutsche und Pferden im Lkw angereist, inzwischen genieße er als Mitfahrer die Atmosphäre, sagt Rechner. Am Festabend am Samstag und bei Weißwurstausfahrt und Brenz-Cup am Sonntag gab es mehr Zeit für die Kutscher, miteinander zu plaudern.
Nigel Whiting dreht noch eine prüfende Runde um Gulls Gespann, erzählt von Schweiflängen und Bockdecken. „Früher durfte die Mähne nur eine Hand breit sein, inzwischen stehen die Tiere auf der Weide, da dient die lange Mähne auch zur Abwehr der Fliegen.“Der Brite ist seit zehn Jahren Richter – prüft aber erst zum 21. Mal und ist in Gundelfingen immer gnädig. Im vergangenen Jahr trat eine Kutsche mit Flagge an. Das gab im Gesamteindruck ein „abenteuerlich“. Nicht so das Gespann von Markus Gull. Es gibt viel Lob aus Whitings Mund, dann hebt er die Melone und wünscht allen eine gute Fahrt.