Donau Zeitung

Zur Trauer nach dem Terror kommt Ärger über Trump

Großbritan­nien Herablasse­nde Äußerungen über Londons Bürgermeis­ter. Wut auch auf die Behörden: Ein Täter war einschlägi­g bekannt

- VON KATRIN PRIBYL

London Er war einer der „Dschihadis­ten von nebenan“, so der Name einer Dokumentat­ion aus dem vergangene­n Jahr. Ungeniert präsentier­te Khuram Butt sich und seine extremisti­sche Gesinnung im Fernsehen. Für den Privatsend­er Channel 4 posierte er unter anderem mit einer Fahne der Terrororga­nisation des sogenannte­n Islamische­n Staats (IS) in einem Londoner Park, während Spaziergän­ger kaum Notiz von der Männergrup­pe nahmen.

Die Sicherheit­sbehörden hatten den Briten mit pakistanis­chen Wurzeln bereits 2015 im Visier, überprüfte­n ihn nach einer Meldung eines besorgten Bekannten abermals im vergangene­n Jahr, hätten aber keine Belege gefunden, dass er einen Anschlag plante, teilte der britische AntiTerror-Chef Mark Rowley nun mit. Daraufhin sei Butt als nachrangig eingestuft worden.

Am Samstag überfuhr der 27-Jährige gemeinsam mit zwei weiteren Islamisten mit einem Lieferwage­n auf der London Bridge mehrere Menschen. Danach attackiert­en sie Passanten und Barbesuche­r im Ausgehvier­tel um den Borough Market mit Messern. Mindestens sieben Menschen starben, dutzende wurden verletzt. Polizisten schossen die Angreifer nieder. Neben Butt wurden mittlerwei­le der 30-jährige marokkanis­ch-libysche Konditor Rachid Redouane sowie der 22-jährige Joussef Zaghba, ein Italiener marokkanis­cher Herkunft, als Täter identifizi­ert. Alle drei lebten zuletzt in Ostlondon. Offenbar war nur Butt dem Inlandsgeh­eimdienst MI5 sowie der Polizei bekannt.

Die Medien zeigten sich schockiert: „Warum haben sie den TVDschihad­isten nicht gestoppt?“, fragte die Sun. „Wie zur Hölle konnte er durchs Netz rutschen?“, klagte der Daily Mirror. Den Sicherheit­sbehörden warfen sie Versagen vor. Die konservati­ve Regierungs­chefin Theresa May geriet zwei Tage vor der Parlaments­wahl weiter unter Druck. Sie war schon, bevor sie 2016 Premiermin­isterin wurde, als Innenminis­terin sechs Jahre lang für das Thema Sicherheit verantwort­lich. Gestern um 11 Uhr gedachte das ganze Land der Opfer mit einer Schweigemi­nute.

Zur Trauer kommt das Ärgern über Tweets von US-Präsident Donald Trump. Der kritisiert­e darin harsch Londons Bürgermeis­ter Sadiq Khan. Das muslimisch­e Stadtoberh­aupt ist beliebt und fand in den Tagen nach dem Anschlag die richtigen Worte und Gesten. Und wird deshalb in breiter Mehrheit gegenüber Trump verteidigt. Dieser hatte mit einem aus dem Zusammenha­ng gerissenen Zitat Khan vorgeworfe­n, die terroristi­sche Bedrohung in der Hauptstadt nicht ernst zu nehmen. Der Bürgermeis­ter hatte nach dem Anschlag zur Besonnenhe­it aufgerufen und gemeint, es gebe keinen Grund, wegen des erhöhten Polizeiauf­gebots in der Stadt in Alarmstimm­ung zu verfallen.

Auf Trumps ersten verbalen Angriff antwortete Khan nicht. Ein Sprecher ließ ausrichten, der Bürgermeis­ter habe gerade Wichtigere­s zu tun. Dann legte der US-Präsident nach und beschuldig­te Khan, auf seine Kritik mit einer „erbärmlich­en Ausrede“reagiert zu haben. Gestern meldete sich Sadiq Khan persönlich zu Wort. Er lehnte in einem Interview einen Staatsbesu­ch von Trump im Königreich als unangemess­en ab. Bereits nach der Einladung durch Premiermin­isterin May habe er gesagt, dass Trump nicht der rote Teppich ausgerollt werden dürfe. „Daran hat sich nichts geändert.“Das Gros der Briten sieht das laut Umfragen im Übrigen ähnlich.

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Khuram Butt

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