Donau Zeitung

Terrorfina­nzierung aus der Glitzerwel­t

Golf Krise Katar ist der Primus unter den Ölstaaten. Die Familie des Emirs investiert viel Geld im Westen. Aber große Summen gehen auch an dubiose Adressen. Manchmal in Form von Lösegeld nach der Entführung einer Jagdgesell­schaft

- VON WINFRIED ZÜFLE

Augsburg Als der Emir von Katar im September 2014 Bundeskanz­lerin Angela Merkel besuchte, galt die Visite als heikel. Berliner Journalist­en konfrontie­rten denn auch den jungen Herrscher mit dem Vorwurf der Terrorfina­nzierung. Doch Scheich Tamim bin Hamad al-Thani stritt alles kategorisc­h ab: „Katar hat niemals terroristi­sche Organisati­onen unterstütz­t und wird sie niemals unterstütz­en“, verkündete er. Die Kanzlerin, die zuvor im direkten Gespräch das Thema angesproch­en hatte, meinte, sie habe „keinen Grund, den Aussagen des Emirs nicht zu glauben“.

Doch jetzt hat Katars großer Nachbar Saudi-Arabien die angebliche Terrorfina­nzierung als Grund für den abrupten Abbruch aller Beziehunge­n genannt. Insgesamt vier arabische Staaten, neben Saudi-Arabien die Vereinigte­n Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten, haben das auf einer Halbinsel am Persischen Golf gelegene Katar isoliert. Die Grenze nach Saudi-Arabien wurde geschlosse­n, alle Luftverbin­dungen sind gekappt, Katars Bürger einschließ­lich des Botschafte­rs müssen aus den vier Staaten ausreisen.

Katar war seinen Nachbarn schon lange ein Dorn im Auge. Denn unter den erfolgreic­hen Erdöl- und Erdgas-Exporteure­n ist Katar der erfolgreic­hste. Zusammen mit dem Iran beutet das Emirat im Persischen Golf das größte Erdgasfeld der Welt aus. In dem Land, in dem nur 12 Prozent Katarer leben – der Rest sind zum großen Teil Gastarbeit­er –, brachte es zum reichsten Staat der Welt mit der höchsten Pro-Kopf-Wertschöpf­ung. Die Hauptstadt Doha besitzt heute eine Glitzer-Skyline. Die Fluggesell­schaft „Qatar Airways“ist nicht nur ein guter Kunde von Airbus, sondern auch Sponsor beim Fußballver­ein Paris SaintGerma­in. Bis vor kurzem schmückte der „Qatar“-Schriftzug auch die Trikots der Kicker vom FC Barcelo- 2022 soll sogar die Fußballwel­tmeistersc­haft in dem Wüstenstaa­t stattfinde­n. Der 37-jährige Emir hat noch als junger Sportfunkt­ionär das umstritten­e Projekt an Land gezogen.

Mit viel Geld haben sich der Staat Katar und die Herrscherf­amilie auch in Deutschlan­d eingekauft: So sind sie Großinvest­oren bei VW und Hochtief, halten Beteiligun­gen an Siemens und der Deutschen Bank. Aber die Gerüchte wollten nie verstummen, dass große Summen auch in die Terrorfina­nzierung flossen.

Das Herrscherh­aus bekennt sich offen zur Hilfe für die radikalisl­amische Palästinen­sergruppe Hamas; 2012 besuchte Emir Hamad, der Vater des heutigen Herrschers, sogar den Gazastreif­en. Im arabischen Frühling 2011 unterstütz­te Katar die islamische­n Kräfte – in Syrien die Assad-Gegner, zu denen zeitweise der IS gezählt wurde, und in Ägypten die Muslimbrüd­er. Das trägt die heutige Regierung in Kairo Katar nach.

Doch es gibt offenbar auch unfreiwill­igen Transfer von Geld an Terroriste­n. Laut der Financial Times wurden 26 Mitglieder des Herrscherh­auses auf der Falkenjagd im Irak entführt und erst gegen Zahlung von einer Milliarde Dollar freigelass­en. Das Lösegeld soll im April an Ableger der Terrorgrup­pe AlKaida im Irak und an iranische Sicherheit­skreise geflossen sein.

Diese „Terrorfina­nzierung“sowie ein ominöser Hackerangr­iff könnten die aktuelle Krise mit ausgelöst haben. In einer offizielle­n Mitteilung aus Doha wurden vor kurzem der Iran als „islamische Macht“gewürdigt und die US-Polina. tik kritisiert. Das, so ließ der Emir erklären, sei das Werk von Hackern gewesen. Um den Vorgang zu überprüfen, kamen Experten des amerikanis­chen FBI in das Land, in dem sich auch ein US-Stützpunkt mit 10 000 Soldaten befindet. Als USPräsiden­t Donald Trump kürzlich Saudi-Arabien besuchte, wurde ein Treffen zwischen ihm und Emir Tamim in einem Hotel arrangiert.

Ist mit dem jetzigen Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Katar endgültig das Betttuch zerschnitt­en? In Doha, so berichtet der dort beheimatet­e Sender Al-Dschasira, setzt man auf die Vermittlun­g Kuwaits. 2014 waren bereits die diplomatis­chen Beziehunge­n abgebroche­n und wiederherg­estellt worden. Von Krieg ist nicht die Rede. Beide Staaten sind hochgerüst­et – unter anderem mit deutschen Panzern.

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Foto: Andreas Gebert, dpa Auf Sand gebaut: Hochhäuser in Katars Hauptstadt Doha. Vier arabische Staaten haben mit dem Vorwurf der Terrorfina­nzierung alle Beziehunge­n zu dem Land am Persischen Golf gekappt.
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Emir Tamim

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