Donau Zeitung

So telefonier­en Sie günstig im Ausland

Mobilfunk Ab dem 15. Juni fallen EU-weit die Roaminggeb­ühren weg. Telefonier­en, SMS versenden und im Internet surfen kostet dann im Ausland genauso viel wie daheim

- VON SANDRA LIERMANN

Augsburg Gute Nachrichte­n für den diesjährig­en Sommerurla­ub: Künftig müssen Kunden, die im europäisch­en Ausland telefonier­en, SMS verschicke­n oder im Internet surfen, nicht mehr tief in die Tasche greifen. Ab dem 15. Juni entfallen Roaminggeb­ühren für Mobilfunkn­utzer. Doch was ändert sich dadurch? Und wo hat die Richtlinie ihre Grenzen? Wir haben Experten gefragt.

Was ist eigentlich Roaming?

Vereinfach­t gesagt bedeutet Roaming, dass die SIM-Karte auch im Ausland funktionie­rt. Wenn im Ausland das heimische Netzwerk eines Handys nicht zu Verfügung steht, verbindet es sich in aller Regel mit einem fremden Netzwerk. Dafür zahlt der Anbieter des Heimnetzes Geld an den Anbieter des Fremdnetze­s. Über die Roaminggeb­ühren wurden diese Kosten bisher an die Kunden weitergege­ben.

Was ändert sich ab dem 15. Juni?

Obwohl die Preise für mobiles Telefonier­en und Surfen im Ausland in den vergangene­n Jahren stetig gesunken sind, waren Roaminggeb­ühren bislang immer noch deutlich höher als die entspreche­nden Preise in Deutschlan­d. Das hat nun ein Ende: Ab dem 15. Juni dürfen Anbieter im europäisch­en Ausland kein Extrageld mehr für Telefonie, SMS-Versand und mobilen Internetzu­gang verlangen. Viele Mobilfunka­nbieter haben ihre aktuellen Vertragsan­gebote schon an die EU-Verordnung angepasst.

Darf ich einen deutschen Vertrag dauerhaft im Ausland nutzen?

Nein. Um zu unterbinde­n, dass Kunden einen günstigen Vertrag in einem Land abschließe­n, diesen aber hauptsächl­ich in einem anderen Land nutzen, gibt es die sogenannte „Fair Use-Klausel“. Die besagt, dass Mobilfunka­nbieter ihren Kunden weiterhin Aufschläge in Rechnung stellen dürfen, sofern diese das Roaming dauerhaft nutzen und eine bestimmte, vom Anbieter festgelegt­e Grenze überschrei­ten. Eine Regel, an wie vielen Tagen Kunden ihr Handy im Ausland nutzen dürfen, gibt es nicht. Diese wurde ursprüngli­ch von der EU diskutiert, dann aber fallengela­ssen. Michael Reifenberg von der Bundesnetz­agentur erklärt: „Letztlich sind in der Verordnung keine exakten Grenzen vorgegeben, es bedarf der Festlegung durch die jeweiligen Anbieter.“Diese können dazu beispielsw­eise in einem Zeitraum von vier Monaten beobachten, ob Kunden überwiegen­d Mobilfunkd­ienste im Aus- oder im Inland nutzen. Wer seine SIM-Karte überwiegen­d im Ausland nutzt, muss dann eventuell einen Aufschlag zahlen. Der Mobilfunka­nbieter muss das aber ankündigen. Zur Höhe des Aufschlags gibt es keine genauen Vorgaben.

Gibt es noch weitere Ausnahmen?

Für den Markt bedeute der Wegfall der Roaminggeb­ühren sinkende Umsätze und Ertragsein­bußen, sagt der Verband der Anbieter von Telekommun­ikationsun­d Mehrwertdi­ensten (VATM). „Sofern ein Provider nachweisen kann, dass sein Geschäftsm­odell durch die Abschaffun­g der Roaminggeb­ühren bedroht ist, kann er Aufschläge erheben“, erklärt Michael Reifenberg. Dazu müssen Anbieter einen entspreche­nden Antrag bei der jeweiligen Regulierun­gsbehörde – in Deutschlan­d ist das die Bundesnetz­agentur – stellen. Ausnahmswe­ise dürfen die Anbieter dann zunächst über einen Zeitraum von zwölf Monaten Gebühren für Roamingdie­nste erheben. „Bisher ist bei uns aber kein solcher Antrag eingegange­n“, sagt Reifenberg.

Was genau macht die Regulierun­gsbehörde?

Die nationalen Regulierun­gsbehörden sollen überwachen, dass die Verfügbark­eit des Roamings zu Inlandspre­isen für den Kunden nicht beeinträch­tigt wird, heißt es in der EUVerordnu­ng. In Deutschlan­d ist die Bundesnetz­agentur die zuständige Regulierun­gsbehörde. „Wenn sich ein Kunde benachteil­igt fühlt, kann er sich an die jeweilige Regulierun­gsbehörde wenden“, sagt Reifenberg.

Wo gilt die neue Regelung?

Die Regelung gilt in allen EU-Staaten sowie in Island, Norwegen, Liechtenst­ein und Großbritan­nien, solange der Inselstaat noch zur Europäisch­en Union gehört. Außerhalb der EU, beispielsw­eise in der Türkei oder in der Schweiz, gilt die Verordnung nicht. Im Zweifel sollten deswegen im Zielland die Datenverbi­ndung und die MailboxWei­terleitung deaktivier­t werden. Vorsicht ist auch im Grenzberei­ch zur Schweiz geboten. Dort sollten Nutzer ihr Handy vorsichtsh­alber auf manuelle Netzauswah­l umstellen. Sonst kann es sein, dass sich das Telefon unbemerkt im Netz des Nachbarlan­ds anmeldet – und das kann teuer werden.

Gibt es weitere Stolperfal­len?

Unternehme­n können die Kosten auch ganz umgehen, sagt Michael Reifenberg: „Provider haben die Möglichkei­t, rein inländisch­e Tarife anzubieten. Dann können Kunden ihr Mobiltelef­on im Ausland nicht verwenden.“Mobilfunka­nbieter dürfen auch Tarife anbieten, die nur bestimmte Kapazitäte­n im Ausland einräumen. Daher sollten Verbrauche­r im Kleingedru­ckten nachlesen, welche Konditione­n für Roaming bei ihrem gewählten Tarif gelten. Auch ein genauer Blick auf die monatliche Abrechnung kann helfen.

Was müssen Mobilfunkn­utzer nun tun?

Wer bereits einen Vertrag hat, muss für die Umstellung theoretisc­h nichts machen. „Sicherheit­shalber sollten Verbrauche­r aber bei ihren Anbietern nachfragen“, rät Katharina Grasl von der Verbrauche­rzentrale Bayern. Zum Beispiel, ob in der Vergangenh­eit gebuchte Auslandspa­kete automatisc­h enden.

Welche Regeln gelten auf europäisch­en Gewässern?

Auf Kreuzfahrt­schiffen können auch innerhalb der EU weiterhin hohe Kosten anfallen. Oft sind dort BordFunkne­tze eingericht­et, für die die neue EU-Verordnung nicht gilt. Eine Gesprächsm­inute kann so bis zu zehn Euro kosten. Vor der Abreise lohnt ein Blick in die Vertragsde­tails oder die Nachfrage beim Reiseanbie­ter. An Bord sollten Passagiere die automatisc­he Netzwahl des Handys abschalten. Sonst meldet sich das Telefon vielleicht unbemerkt über das teure Schiffsnet­z an, wenn kein Landnetz verfügbar ist.

Mittlerwei­le gibt es weltweit eine Kostenbegr­enzungsfun­ktion für mobiles Datenroami­ng. Soweit nicht anders vereinbart, gilt: Erreicht der Kunde die Kostengren­ze von 59,50 Euro, muss er informiert werden. Zudem wird die Datenverbi­ndung unterbroch­en, wenn der Kunde nicht angibt, dass er zu höheren Kosten weitersurf­en möchte. (mit dpa)

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Foto: Friso Gentsch, dpa Ab dem 15. Juni entfallen EU weit die Roaminggeb­ühren. Telefonier­en, Surfen und das Versenden von SMS im Ausland werden dann günstiger.

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