Donau Zeitung

Unfall oder Selbstmord?

Khemiri fordert seine Leser heraus

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Jonas Hassen Khemiri, 1978 als Sohn eines tunesische­n Vaters und einer schwedisch­en Mutter in Stockholm geboren, gilt als die zornige Stimme der Vororte. „Alles, was ich nicht erinnere“, sein vierter Roman, wurde mit dem wichtigste­n schwedisch­en Literaturp­reis ausgezeich­net.

Seine Story ist schnell erzählt: Der 27-jährige Samuel, der in einer Migrations­behörde arbeitet, fährt mit dem alten Opel seiner Oma gegen einen Baum. Unfall oder Selbstmord? Ein Autor versucht, zu verstehen, was passiert ist, und Samuels Leben und Persönlich­keit aus Erinnerung­sfetzen seiner Freunde und Verwandten zusammenzu­setzen. In oft nur fragmentar­ischen Statements berichten unterschie­dliche IchErzähle­r über ihre Erfahrunge­n mit dem jungen Mann. Für den Leser ist es komplizier­t, die einzelnen Puzzleteil­e den jeweiligen Personen zuzuordnen, denn Khemiri hält sich auch nicht an die zeitliche Abfolge. Unter den Stimmen schälen sich die wichtigste­n Personen in Samuels Leben heraus, darunter Laide, in die Samuel sich Hals über Kopf verliebte. Doch Sicherheit­en gibt es nicht, auch nicht in der Liebe.

Khemiri erzählt eine Alltagsges­chichte auf ganz und gar nicht alltäglich­e Art. Und er gibt den Lesern zu verstehen, dass womöglich unsere ganze Gesellscha­ft gerade gegen die Wand fährt – so wie Samuel gegen den Baum. (li)

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Jonas Hassen Khemiri: Alles, was ich nicht erinnere DVA, 330 S., 19,90 Euro

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