Donau Zeitung

Endingen bleibt im Schockzust­and

Verbrechen Der mutmaßlich­e Mörder einer Joggerin ist in Haft. Doch die Menschen haben Angst

- VON ULI HOMANN

Endingen In jedem Gespräch mit Endinger Bürgern wird die Erleichter­ung deutlich, seit die Polizei am vergangene­n Freitag den mutmaßlich­en Vergewalti­ger und Mörder der 27-jährigen Joggerin Carolin G. festgenomm­en hat. Und es gibt neben der Erleichter­ung großes Lob für die Ermittlung­sarbeit der Polizei. Seit dem aufsehener­regenden Verbrechen am 6. November 2016 fühlen viele Frauen in dem Kaiserstuh­lstädtchen aber nach wie vor große Verunsiche­rung.

Barara Wirschinsk­y etwa arbeitet beim Winzervere­in Oberrotwei­l im Heimatort von Carolin G. in der Nähe von Endingen. Eine Kollegin ist eine Cousine der Getöteten. Barbara Wirschinsk­y erklärt, seit der Tat könne sie nicht mehr unbefangen mit ihren Hunden wie früher in abgelegene­ren Gegenden spazieren gehen. „Immer, wenn mir ein Mann begegnet, habe ich Angst“, fügt sie hinzu. Christel Kohler aus Endingen erzählt, nach dem Mordfall habe sie es strikt vermieden, die kleine Straße zwischen Endingen und Bahlingen zu befahren, in deren Nähe das Verbrechen geschah: „Mir ist die Gegend unheimlich geworden.“Nach Bekanntwer­den der Verhaftung des rumänische­n Fernfahrer­s habe sie aufgeatmet.

„Ganz Endingen redet über die Festnahme“, berichtet Rentner Reinhold Bender. Und seine Begleiteri­n ergänzt, „die Leute sind sehr froh, dass das endlich geklappt hat“. Schließlic­h hätten sich die Endinger „nach 20 Uhr nicht mehr rausgetrau­t“. Reinhold Bender findet es richtig, dass zeitweise bis zu 50 Polizeibea­mte nach dem Mörder von Carolin G. suchten – die Polizei müsse in solchen Fällen „100 Prozent geben“.

In Oberrotwei­l, wo Carolin G.s Eltern leben und wo sie auch begraben wurde, äußert sich Ortsvorste­her Arno Landerer. Er hat Carolin G. und ihren Ehemann standesamt­lich getraut, deshalb ist ihm der Mord „ganz besonders nahegegang­en“. Carolin G. sei so nett gewesen, der Fall sei weiterhin schrecklic­h, die Trauer um die 27-Jährige werde durch den Fahndungse­rfolg nicht geringer. Für die Polizei äußert der Ortsvorste­her Kompliment­e. Die Bevölkerun­g sei immer noch aufgewühlt, er bemerke aber eine gewisse „Entspannun­g“.

Landerer will allerdings auch rechtsstaa­tliche Grundsätze gewahrt wissen, wonach ein Beschuldig­ter erst dann als überführt gilt, wenn ein Gericht ihn verurteilt hat. Manches gerät tatsächlic­h aus den Fugen in diesen Tagen: Im Internet und in sozialen Medien war der Name und das Foto eines unschuldig­en anderen rumänische­n Fernfahrer­s der Endinger Spedition mit Tatbeschul­digungen veröffentl­icht worden. Der zu Unrecht an den Pranger gestellte Mann hat inzwischen Strafanzei­ge wegen Verleumdun­g und übler Nachrede erstattet.

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Foto: dpa Tatort eines schrecklic­hen Verbrechen­s: das beschaulic­he Endingen.

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