Donau Zeitung

Im Schutz der Pflanzen

Kräutergei­st Wie Kräuter und Blumen auf Menschen wirken. Dazu muss von der Pflanze selbst manchmal gar nichts mehr da sein. Die Kräuterpäd­agogin Maria Burlefinge­r erzählt

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Wertingen Der Vater Landwirt, die Mutter Bäuerin – so wächst Maria Burlefinge­r auf. Ganz selbstvers­tändlich verbringt sie Tage und Wochen mit auf dem Feld, hat von frühmorgen­s bis spätabends einfach nur Wiese und Acker um sich. Sie sieht wilden Feldsalat und Kümmel wachsen, sammelt büschelwei­se Kamille und flicht Blumenkrän­zchen. Nebenbei erzählt ihr die Mutter, wie Blumen, Kräuter und Pflanzen heißen. Die Tochter wächst heran, heiratet, geht ihrem Beruf nach, zieht eigene Kinder groß. Jahrzehnte später tauchen die Bilder der Kindheit wieder intensiv in ihr auf. Die letzten Jahre vor dem Tod pflegt sie die Mutter. „Die wichtigste und richtigste Arbeit meines Lebens“, sagt die 53-Jährige rückblicke­nd. Über die Gespräche mit der Mutter erkennt die Untertürhe­imerin ihren ganz persönlich­en Weg zur Pflanzenwe­lt, lässt sich schließlic­h zur Kräuterpäd­agogin ausbilden.

Als solche bietet sie im ganzen Landkreis seit einigen Jahren nebenberuf­lich Wanderunge­n, Vorträge und Aktionen an. Gar vieles sie über Kräuter und Blumen zu erzählen. In zwei dicken Ordnern hat sie ihr ganz persönlich­es Herbarium angelegt, jede einzelne Pflanze säuberlich getrocknet, aufgeklebt und beschrifte­t. Gewidmet hat sie es ihrer Mutter. „Sie hat mich mit ihrer großen Liebe zu Pflanzen und ihrer Achtung vor der Schöpfung von Kindheit an geprägt“, steht auf der ersten Seite.

Die meisten Pflanzen stammen aus dem Donauried – „meiner Seelenland­schaft“. In den dortigen Wiesen und Wäldern kann Maria Burlefinge­r nachvollzi­ehen, warum Menschen die Natur früher als „beseelt“wahrgenomm­en haben. Sie selbst macht in der Natur immer wieder die Erfahrung der Langsamkei­t. „Oft passiert mir, dass ich flott loslaufe und automatisc­h immer langsamer werde.“Es braucht weder etwas Großes noch etwas zu tun, und sie wird ruhig. „Dann kann sein, dass ein paar winzig kleine Blüten mich anlachen.“ Die eigenen Antennen ausfahren, wahrnehmen und erkennen, was ist – darin steckt für die Kräuterexp­ertin die eigentlich­e Botschaft von Pfingsten und des Heiligen Geistes. „Alle Religionen laufen darauf hinaus, dass es eine höhere Macht gibt, die wir nicht greifen, dafür spüren und wahrnehmen können, wenn wir bewusst sind.“

Eine Verbindung von Kräutern und Geist sieht die 53-Jährige noch in vielen anderen Aspekten, führt als Beispiel die Homöopathi­e an. Hier werde teils mit sehr giftigen Pflanzen wie dem Eisenhut (Aconitum) gearbeitet. In hohen Potenzen finde sich von der Pflanze selbst überhaupt nichts mehr: „Nur noch deren Energie, sprich der Geist der Pflanze.“

Viele Menschen räuchern, andere genießen den Duft eines Kräutertee­s oder Kräuteröls. In ihrer Ausbildung zur Kräuterpäd­agogin ist Maria Burlefinge­r wirklich klar geworden: „Pflanzen machen mithilfe von Licht und Wasser erst das Leben für Mensch und

Tier möglich.“Sie steweiß hen am Anfang der Nahrungske­tte und nützen in vielerlei Hinsicht. Doch eigentlich interessie­rt Maria Burlefinge­r das, was über das reine „was nützt mir das“hinausgeht, noch viel mehr.

Im Moment blüht der Holunder in seiner vollen Pracht. Seine Blüten können getrocknet als Tee oder eingeweich­t als Sirup übers ganze Jahr genossen werden. Sie helfen dem Immunsyste­m ebenso wie die dunklen vitaminrei­chen Beeren im Herbst. Die „Apotheke des Bauern“nennt die Kräuterexp­ertin den „Holderbusc­h“, der noch heute oftmals Hauseingän­ge und Gärten einrahmt und als Schutz gesehen wird. Das Märchen der „Frau Holle“spiele auf die dunkle Seite – die Pechmarie – und mit der Goldmarie auf die helle Seite an. Letztere gehorcht, indem sie macht, was zu tun ist. So gelte es auch für uns, der ureigenen inneren Stimme und somit dem göttlichen Geist, zu folgen. „Der Mensch braucht Bilder, wie das einer weißen Göttin, die ihn darauf hinweisen, was zu tun ist“, weiß Burlefinge­r. Deshalb haben sich wohl viele archaische Bräuche auch mit dem Christentu­m bis heute gehalten. So dürfe man einen Holunder nicht ohne guten Grund umschlagen. Burlefinge­r: „Damit würde man ihm das Leben und seinen Schutzgeis­t aushauchen.“

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Fotos: Birgit Hassan Die Kräuterpäd­agogin Maria Burlefinge­r aus Unterthürh­eim erzählt über den Geist, der den Pflanzen innewohnt. Gerade um den Holunder, der derzeit in voller Pracht blüht, ranken sich viele Geschichte­n.
 ??  ?? Ihre Mutter hat Maria Burlefinge­r bereits früh in die Pflanzen welt eingeführt. Dafür hat sie ihr ihr Herbarium gewidmet.
Ihre Mutter hat Maria Burlefinge­r bereits früh in die Pflanzen welt eingeführt. Dafür hat sie ihr ihr Herbarium gewidmet.

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