Donau Zeitung

Ohne Wehleidigk­eit, klar für die SPD in Bayern

Porträt Uli Grötsch ist der neue Generalsek­retär der Sozialdemo­kraten. Wie er seine Erfahrunge­n als Polizist einbringen will

- VON ULI BACHMEIER

München Es gibt einen alten Trick, um Funktionär­e der Bayern-SPD auf die Palme zu bringen. Die Provokatio­n umfasst nur zwei Sätze: Ein bayerische­r Sozialdemo­krat ist in seiner eigenen Wahrnehmun­g ein guter und kluger Mensch. Wer ihm widerspric­ht, der muss folglich entweder böse oder dumm sein.

Der Trick funktionie­rt meistens schon deshalb, weil sich hinter der frechen These zum Wesen des Bayern-Sozis unausgespr­ochene Hinterfotz­igkeiten verbergen. Wenn die These zutrifft, dann lässt sich nicht erklären, warum die Mehrheit der Wähler in Bayern seit nunmehr sechs Jahrzehnte­n partout nicht erkennen will, wie gut es die Sozialdemo­kraten mit dem Volk meinen. Wenn die These nicht zutrifft, dann sind möglicherw­eise die Prämissen falsch, dann sind die Sozis vielleicht gar nicht so gut und so klug, wie sie von sich selbst glauben?

Bei Uli Grötsch, dem neuen Generalsek­retär der Bayern-SPD, funktionie­rt der Trick nicht. Er lässt sich nicht provoziere­n. Er hört zu, verzieht keine Miene, nimmt einen Schluck leichtes Weißbier und antwortet völlig unaufgereg­t: „Widerspruc­h ist Teil der politische­n Debatte. Wer nicht in der Lage ist, Widerspruc­h zu ertragen, der wird in der Politik nicht lange durchhalte­n.“Hoppala! Sollte das tatsächlic­h klappen mit dem Kurswechse­l, den Natascha Kohnen, die neue Vorsitzend­e der Bayern-SPD, ausgerufen hat? Ihr Generalsek­retär jedenfalls scheint wild entschloss­en, den neuen Politiksti­l von Anfang an in die Tat umzusetzen: ohne jede Wehleidigk­eit, klar in der Sache, aber nicht mit Haudrauf um jeden Preis.

Grötsch – 41 Jahre alt, verheirate­t, zwei Töchter – stammt aus Weiden in der Oberpfalz, einer Stadt also, in der Sozialdemo­kraten immer schon mehr zu sagen hatten als im übrigen Bayern. Er ist Polizist von Beruf und kam 1994 eher zufällig in die Politik – durch einen Freund, der bei den Jusos war. „Ziemlich unbedarft“, so Grötsch, sei er damals gewesen. Knapp 20 Jahre später wurde er in den Bundestag gewählt. Dort kümmert er sich, wie könnte es bei einem Polizisten anders sein, um die Innenpolit­ik.

Kann die SPD ausgerechn­et auf diesem Gebiet punkten, das die CSU zu ihrem Markenkern zählt? Grötsch, der knapp 14 Jahre in der Oberpfalz als Schleierfa­hnder im Streifendi­enst tätig war, gibt sich da zuversicht­lich. Unter den Kollegen in seiner früheren Dienststel­le hätte die SPD locker eine Mehrheit gehabt, sagt er. Statt immer nur schärfere Gesetze zu fordern, sollte sich die Politik um die Defizite im Vollzug kümmern, die es auch in Bayern gebe. Viele Dienststel­len im Freistaat seien „massiv unterbeset­zt“. Dass es in anderen Bundesländ­ern zum Teil noch größere Probleme gebe, ändere daran nichts. Das könne nicht der Maßstab sein.

Grötsch hat sich vorgenomme­n, konstrukti­v zu sein. „Wenn man Kritik übt, muss man zugleich auch sagen, wie man es anders machen könnte.“Dass die aktuellen Umfragen der SPD im Moment tief im Keller sehen, bringt ihn offenbar nicht aus der Ruhe. Die Partei habe „jede Menge kompetente­r Köpfe“.

Beim SPD-Landespart­eitag in Schweinfur­t, bei dem Kohnen und er gewählt wurden, habe er eine Stimmung erlebt, „wie ich sie noch nie gespürt habe“. Dementspre­chend überzeugt zeigt er sich auch, was die Bundestags­wahl betrifft. „Wir gewinnen und dann schauen wir, mit wem wir koalieren“, sagt Grötsch und fügt, um Zweifel an seinem Realitätss­inn zu zerstreuen, gleich noch hinzu: „Das glaubt mir jetzt nur keiner.“Und in Bayern? „Da gehört es einfach dazu, dass man immer wieder anrennt, immer wieder neu aufbricht.“Seine Botschaft: Es geht weiter mit der Bayern-SPD, nur eben anders.

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Uli Grötsch

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