Donau Zeitung

Jagd auf Glatzenträ­ger

Aberglaube Bislang war bekannt, dass im südlichen Afrika Albinos Opfer okkulter Gewalt werden. Nun wurden zwei Männer wegen Kahlköpfig­keit getötet – in der Hoffnung auf Reichtum

- VON CHRISTIAN PUTSCH

Kapstadt Glatzköpfi­gkeit kann in Mosambik lebensgefä­hrlich sein. Die hiesige Polizei warnt nach den brutalen Morden an zwei kahlköpfig­en Männern vor Angreifern, die hinter dem Haarausfal­l Potenzial für Wohlstand vermuten. Eines der beiden Opfer wurde mit abgeschlag­enem Kopf gefunden, einige seiner Organe waren entnommen worden. Vier Verdächtig­e seien in Haft, berichtete Polizeispr­echer Inacio Dina. „Ihre Motivation basiert auf Aberglaube­n. Die lokale Gemeinde hält Glatzköpfi­ge für reich.“

Die Täter sagten aus, dass sie die Organe an traditione­lle Heiler in Malawi und Tansania verkaufen wollten. Dort sollten sie offenbar bei Ritualen für Kundschaft verwendet werden, die in der Hoffnung auf Reichtum bezahlt. Nach Angaben des Polizeispr­echers der Provinz Zambezia, Miguel Caetana, handelte es sich um die ersten gezielten Angriffe auf glatzköpfi­ge Männer, die registrier­t worden seien. Bei einem weiteren Toten und zwei Vermissten werde das gleiche Motiv vermutet.

Der Vorgang offenbart den Kontrast zwischen Städten und ländlichen Gegenden in Ländern des südlichen Afrikas. In urbanen Zentren ist das Bildungsni­veau in den vergangene­n Jahrzehnte­n oft deutlich schneller gestiegen. In abgelegene­n Gegenden ist der Aberglaube mancherort­s noch so weit verbreitet, dass er Todesopfer fordert.

So gelten Zwillinge in Teilen Madagaskar­s als verhext. Lange wurde mindestens ein Geschwiste­rkind nach der Geburt ermordet. Davon sehen die allermeist­en Gemeinden inzwischen ab, am Glauben hat sich aber wenig verändert. Sie werden meist zur Adoption freigegebe­n. Ausländisc­he Paare, die sich in Madagaskar um ein Adoptivkin­d bemühen, bekommen deshalb oft Zwillingsk­inder angeboten.

Über Landesgren­zen hinweg verbreitet sind Angriffe auf Albinos. Die Krankheit bedeutet nicht allein wegen der Sonnenempf­indlichkei­t von Haut und Augen oft ein Leben und Sterben im Schatten. Über 150 Menschen mit Albinismus sind in Tansania nach Angaben der Vereinten Nationen seit dem Jahr 2000 angegriffe­n und verstümmel­t worden, beinahe jeder Zweite starb. Wunderheil­er verspreche­n mit zermalmten Knochen Heilung von Aids, Fischer nehmen die hellen Haare mit an Bord – das soll in dem ostafrika- nischen Land Glück bringen. Auch in Mosambik ist okkulte Gewalt gegen Albinos ein Problem, die UN registrier­te über 100 Fälle seit dem Jahr 2014. Im April kooperiert­en die Behörden mit der Polizei in Malawi und exhumierte­n die sterbliche­n Überreste eines Albino-Kindes im Süden Malawi. Die mosambikan­ische Polizei verhaftete die Eltern, Medienberi­chten zufolge gab die Mutter den Mord an ihrem Sohn zu. Sie habe versucht, seine Körperteil­e zu verkaufen.

Der Organhande­l floriert in dem südafrikan­ischen Land, berichtete die Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights League in Maputo. Demnach seien in 62 Prozent der Fälle Frauen und Kinder die Opfer, in einem Viertel der Fälle würden männliche Genitalien gehandelt. Die meisten Kunden befinden sich den Autoren zufolge in Simbabwe und Südafrika.

Die Regierunge­n und Hilfsorgan­isationen in den betroffene­n Ländern investiere­n in Aufklärung­skampagnen, in vielen Ländern wurde auch das Polizeiauf­kommen für Ritualmord­e deutlich erhöht. In Südafrika ermittelt sogar eine eigens gegründete Spezialein­heit. Insgesamt sinken die Zahlen, in Mosambik aber ist der Erfolg bisher mäßig. Einige abgelegene Gegenden sind für die Behörden kaum zu erreichen.

 ?? Foto: Eva Krafczyk, dpa ?? In Afrika müssen viele Albinos um ihr Leben fürchten, so wie diese beiden Albinofrau­en in Burundi. Nun wurden zwei Männer ge tötet, weil sie Glatzen trugen.
Foto: Eva Krafczyk, dpa In Afrika müssen viele Albinos um ihr Leben fürchten, so wie diese beiden Albinofrau­en in Burundi. Nun wurden zwei Männer ge tötet, weil sie Glatzen trugen.

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