Donau Zeitung

Der Geist im Hochprozen­tigen

Serie Was hat es mit dem spirituell­en Wort im „Himbeergei­st“auf sich? Ist es nur ein Begriff für EU-Beamte?

- VON KATRIN REIF

Steinheim „Lieber Himbeergei­st als gar keinen Verstand.“Ein flapsiger Spruch, den man vielleicht mal in einer Kneipe oder an einem Stammtisch zu hören bekommt. Doch im Rahmen unserer Pfingstser­ie „Geistreich“haben wir uns tatsächlic­h gefragt: Woher kommt er, der Geist im Hochprozen­tigen?

Alle, die gehofft haben, im alkoholisc­hen Genuss läge tatsächlic­h etwas Spirituell­es, müssen wir an dieser Stelle enttäusche­n. Josef Rieß, Betreiber einer Obstbrenne­rei in Steinheim, erklärt es ganz nüchtern: „Geist, das ist nur ein Begriff, eine Deklaratio­n.“Doch etwas mehr steckt schon dahinter. Denn wer weiß, was dieses Wort bedeutet, gehört zu denen, für die der Genuss des hochprozen­tigen Alkohols mehr ist als nur stumpfe Trinkerei.

Der Destillate­ur erklärt die Begrifflic­hkeiten, die den feinen Unterschie­d machen: Die Himbeere ist eigentlich eine Frucht, aus der man beim Brennen nicht viel Alkohol gewinnen kann.

Deswegen werden die süßen Beeren in reinem Alkohol eingelegt. Sie saugen sich damit voll – und werden dann erst gegeistet (gebrannt). Schnaps, der auf diese Weise hergestell­t wird, heißt „Geist“. Wobei Schnaps zwar als Überbegrif­f verwendet werden kann, aber eigentlich ein umgangsspr­achliches Wort ist, sagt Rieß.

Für diesen Herstellun­gsprozess eignen sich außerdem Holunderbl­üten, Himbeeren und Schlehen. Der Geist, der aus den blauen Früchten gemacht wird, gehört zu den Favoriten des Steinheime­rs. „Schlehen sind nicht veredelt worden, sie sind noch so, wie sie die Natur geschaffen hat“, das mag Rieß besonders. Er selbst verwendet in seiner Brennerei nur Schlehen, die nach dem Herbst bereits einmal den Frost erlebt haben. „Manche schockgefr­ieren sie, aber da fehlt der Sauerstoff. Das ist ein anderer Geschmack.“

Für alle, die zu Experten werden wollen, erklärt Rieß, was es mit den beiden anderen Arten hochprozen­tigen Schnaps auf sich hat: Ist der Alkohol, der in der Flasche ist, nicht zugesetzt, sondern beim Brennen aus der Frucht entstanden, heißt das Getränk „Brand“. Gibt der Destillate­ur noch etwas hinzu, Zucker oder zum Beispiel Honig für den HonigWilli, wird das Getränk zur Spirituose.

Spirituose – „spiritus“ist lateinisch für „Geist“– wieder gibt es einen Zusammenha­ng zwischen Alkohol und dem Spirituell­en. Doch auch hier folgt die Ernüchteru­ng auf dem Fuß: Der Begriff basiert auf der „Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäisch­en Parlaments und des Rates“, dasselbe gilt für den Geist und den Brand. Zoll- und Steuerbehö­rden orientiere­n sich an diesen Deklaratio­nen.

Allenfalls, wenn wir den Begriff des Spirituell­en etwas erweitern – auf das menschlich­e Gespür und das, was unseren Geist erfreut –, dann finden wir auch in der Herstellun­g und im Genuss von Schnäpsen etwas Geistreich­es.

Rieß achtet beim Brennen auf jede Kleinigkei­t. Die Früchte zum Beispiel sollen natürlich sein, nicht schockgefr­oren. Außerdem müsse ein Destillate­ur Gespür beweisen, wenn er behutsam durch Testen überprüft, ob im Schnaps auch wirklich kein Methanol ist. „Dafür muss man sensibel sein, das ist eine Gefühlssac­he.“Methanol, der Vorlauf des Alkohols (Ethanol), ist giftig und kann für den Konsumente­n gefährlich werden.

Der Steinheime­r nimmt seine Verantwort­ung diesbezügl­ich sehr ernst. Denn nur, wenn er dafür sorgt, dass alles nach Plan läuft, können die Kunden seine Produkte ohne Bedenken – in Maßen – genießen.

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Foto: Valerii Dekhtiaren­ko, Fotolia Himbeergei­st und Hochmoorge­ist – haben diese Schnäpse tatsächlic­hes etwas Spirituell­es an sich? Wir haben nachgefrag­t.
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Foto: Reif Himbeergei­st wird auch bei der Brennerei Rieß hergestell­t. Sei nen „Erdgeist“liefert er bis nach Berlin.

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