Donau Zeitung

Bitte kein Gekrakel

Diese Woche

- redaktion@donau zeitung.de VON BENJAMIN REIF

Klar ist der Großteil dessen, was von selbst ernannten „Künstlern“mit der Spraydose fabriziert wird, keine Kunst. Sieht oft eher aus, als hätte jemand mit falschem Fokus in eine Schüssel Kartoffels­alat fotografie­rt und danach versucht, das Ergebnis abzumalen. Verschöner­t nichts, außer vielleicht das Ego des pubertiere­nden Dosenhalte­rs. Das ein oder andere Werk ist dagegen sehr hübsch anzusehen.

Sprayen ist eine anziehende Art für junge Leute, Abenteuer jenseits der (so empfundene­n) langweilig­en Pfade gesellscha­ftlicher Normen auszuleben. Großer Nervenkitz­el, das Ergebnis verschafft einem innerhalb einer verschwore­nen Gruppe Anerkennun­g und geht allen Nicht-Mitglieder­n gehörig auf den Senkel. Verursacht ja auch alles Kosten.

Wie soll man da nun vorgehen gegen die Schmierfin­ken mit ihren seltsamen Schriftzüg­en? Garantiert nicht mit dem moralische­n Zeigefinge­r, zumindest wenn man etwas erreichen will. Denn eine einfache Formel bei jeder wie auch immer gearteten Gegenkultu­r lautet: Je größer die öffentlich­e Empörung, desto größer der Jubel innerhalb der Gruppe. Damit erreichen die Akteure bei Jugendlich­en in der Findungsph­ase einen enorm „coolen“Nimbus, sodass ihnen fleißig nachgeeife­rt wird. Man will ja nicht lange ein „Toy“bleiben, wie die Nichtskönn­er unter den Sprayern innerhalb ihrer Szene genannt werden. Also wird die Spraydose geschüttel­t, bis man von dem Geklacker einen Tinnitus bekommen hat. Alles für die eigene Identität als Guerillakü­nstler.

Man kann gegen Schmier-Sprayer nicht viel machen, ergo sollte man ihnen auch keine große Aufmerksam­keit schenken. Die bittere Pille der Reinigungs­kosten schlucken, und gut ist’s. Aus ästhetisch­er Sicht könnte ein Workshop, wie er heute stattfinde­t, allerdings einiges bewirken. Denn wenn schon graue Wände vollgesprü­ht werden, dann bitte schön mit Kunst und keinem obskuren Gekrakel – und vor allem im Einvernehm­en mit dem Eigentümer. Manch tristem Betonklotz könnte ein wenig Farbe ja auch sehr guttun.

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