Die Belagerung wird lebendig
Historisches Bürgerfest Vier Tage lang tauchen die Besucher in Gundelfingen in die Geschichte von 1462 ein. Doch beinahe hätte für die Darstellung des Sturmangriffs der Feind gefehlt
Gundelfingen Für die Gundelfinger im Jahr 1462 wäre es eine richtig gute Nachricht gewesen. Albrecht Achilles, Chef des Heeres, das vor den Toren der Stadt liegt, wird dringend anderswo gebraucht. Vielleicht wäre die Geschichte der Belagerung der Stadt vor 555 Jahren dann ganz anders ausgegangen. Vielleicht wäre Stadthauptmann Kaspar von Westernach am Leben geblieben. Im Jahr 2017 aber war die Nachricht zuerst einmal ein Schock. Denn nacheinander sagten Eugen Hander vom Historischen Bürgerverein zwei Darsteller ab, die eigentlich den gegnerischen Feldherren hoch zu Ross hätten geben sollen, wenn von Fronleichnam an in der Gärtnerstadt das viertägige Bürgerfest steigt. Aber eine Belagerung ohne Feind – das war undenkbar. Ende Mai fand Hander dann bei der Deutschen Meisterschaft der Ritterschaft doch noch seinen Achilles. Er fragte einfach Bernd Voigt, ehemaliger Berufsreiter, seit Jahren dem Mittelalter verfallen, ob er nicht Zeit habe, den Erzfeind der Gundelfinger zu mimen. Der Mann aus Hannover schaute im Terminkalender nach. Und siehe da: Es war noch ein Plätzchen frei. Der Feind wird also da sein. Und mit ihm zahlreiche Ritter, Spielleute und Gaukler, Landsknechte, Feldköche, Händler, Handwerker und allerlei Volk. Auf Hochtouren laufen in diesen Tagen die Vorbereitungen für das Historische Bürgerfest vom 15. bis 18. Juni auf der Bleiche. Das beginnt bei den Mäharbeiten, geht über die Absprache mit dem Sicherheitspersonal und endet beim Aufbau der Stadtmauer.
Denn um den Sturmangriff des Heeres um Albrecht Achilles auf Gundelfingen darzustellen, wird auf der Bleicheinsel eine zweite Stadtmauer aufgebaut – inklusive Stadttor. Durch das werden die Gundelfinger dann, so wie sie es vor 555 Jahren mehrmals getan haben, ausfallen und sich dem Gegner im Kampf stellen. Und Kaspar von Westernach, dargestellt von Eugen Hander, wird bei allen vier Darbietungen den Tod finden. So ist nunmal die Überlieferung. Der Vernichtungsschlag, der kommt von Albrecht Achilles persönlich.
Mit dem hat sich Hander bei der Deutschen Meisterschaft der Ritterschaft in Winsen erst kürzlich ein feuriges Duell mit dem Strohsack geliefert. Am Ende ging dort der Gundelfinger als Sieger hervor. Obwohl Schimmelstute Helena immer mal wieder vor Angst erstarrte, als der große schwarze Hengst mit dem Gegner in Rüstung herangaloppierte. Doch mittlerweile sind sowohl Helena als auch Hander ein erfahrebuntes nes Team beim Tjosten, Ringestechen, Axtschlagen oder Saustechen. Und so belegte der Ritter aus Gundelfingen gemeinsam mit seiner Kumpanei bestehend aus Goteberg zu Falkenstein, alias Thomas Mangner aus Peterswörth und Hans von Wernau, alias Dieter Fundel aus Ochsenhausen im Allgäu, den zweiten Platz bei der Meisterschaft. Sie alle werden kommende Woche auch in Gundelfingen bei den Ritterspielen im Rahmen des Programms ihr Können zeigen.
Damit die Besucher das Lager kennenlernen können, wird am Feiertag, dem sogenannten „Tag der guten Nachbarschaft“, kein Wegzoll fällig, erklärt Cheforganisator Walter Hieber. Außerdem wird an den Festtagen erst ab Nachmittag kassiert, so dass jeder die Möglichkeit hat zu einem mittelalterlichen Mittagessen auf dem Gelände in Gundelfingen vorbeizuschauen. Nun hoffen die Veranstalter rund um den Historischen Bürgerverein nur noch auf gutes Wetter. Kein Regen und auch nicht zu heiß, das wäre die Wunschvorstellung, sagen Eugen Hander und Walter Hieber. Denn da kommen einerseits die Ritter unter ihrer Rüstung so richtig ins Schwitzen. Andererseits treibt es die Zuschauer da eher an den Baggersee und weniger ins Mittelalter.