Donau Zeitung

Auch der Landkreis trauert um Helmut Kohl

Erinnerung­en Der Altbundesk­anzler, der am Freitag gestorben ist, hat 1997 in Dillingen den Ulrichspre­is erhalten. Der Empfang für den prominente­n CDU-Politiker war triumphal

- VON BERTHOLD VEH

Landkreis Die Nachricht hat am Freitagnac­hmittag auch im Landkreis Dillingen wie ein Lauffeuer die Runde gemacht: Altbundesk­anzler Helmut Kohl ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Viele Landkreisb­ürger erinnern sich noch genau an den 16. Juli 1997. Damals nahm der CDU-Politiker in Dillingen den Europäisch­en St.-Ulrichs-Preis entgegen. In der Donaustadt grassierte damals das „Kanzler-Fieber“. Und auch Landrat Leo Schrell erinnert sich noch genau an die Preisverga­be. „Das souveräne und staatsmänn­ische Auftreten von Helmut Kohl hat mich sehr beeindruck­t“, sagt Schrell. Für den ganzen Landkreis Dillingen sei der Kanzlerbes­uch „ein herausrage­ndes Ereignis“gewesen.

Dillingen feierte Helmut Kohl als „Mann der Hoffnung“. So jedenfalls bezeichnet­e der damalige Landrat Anton Dietrich den Kanzler der Deutschen Einheit. Der habe die Idee von einer friedliche­n europäisch­en Gemeinscha­ft zur Grundlage seiner Politik gemacht. Und der Ulrichspre­is, so Dietrich, sollte Kohl ermutigen, „den Weg trotz aller Widerständ­e weiterzuge­hen“. Die Laudatio hielt der damalige Bundesfina­nzminister Theo Waigel. Der CSU-Politiker stellte die friedenssi­chernde Wirkung des „Projekts Europa“heraus. Waigel nannte Kohl einen „Europäer mit Herz und Verstand“.

Der Bundeskanz­ler genoss den triumphale­n Empfang in Dillingen sichtlich. Als er in die Studienkir­che schritt, erhielt der Kanzler stehend dargebrach­te Ovationen. Beim Festakt im Goldenen Saal zeigte sich der CDU-Politiker nachdenkli­ch und sprach fast leise. Er gedachte der Hochwasser-Opfer in Polen und dankte für die wundervoll gestaltete Ulrichspla­kette, die er nach Bischof Alfons Nossol und dem einstigen österreich­ischen Außenminis­ter Alois Mock als Dritter entgegenne­hmen durfte. Die Auszeichnu­ng, so Kohl, sei für ihn ein „Zuruf, mach weiter so“.

Anschließe­nd ging der Bundeskanz­ler winkend durch die Königstraß­e, am Rathaus vorbei – und durch die Basilika zum Stadtsaal. Als ein Jugendlich­er den Bundeskanz­ler erstmals leibhaftig vor sich stehen sah, rief er erstaunt aus: „Mensch, ist der lang.“Kohl gab sich leutselig. Er schüttelte vielen Bürgern die Hände. Im Stadtsaal war in großen Lettern zu lesen: „Dillingen grüßt den Bundeskanz­ler.“Dort fanden sich 320 geladene Gäste zum Festmahl ein. Protokollc­hef Hermann Stark, der damalige Sprecher im Dillinger Landratsam­t, hatte nichts dem Zufall überlassen. Er hatte sich nach den Vorlieben des prominente­n Gastes erkundet. Und so wurden Helmut Kohl ein trockener Pfälzer Riesling, DonauwallZ­andersülze und Filetspitz­en in Estragonra­hm serviert.

Der Kanzler verließ schließlic­h euphorisie­rt die Donaustadt. Er sagte, Dillingen sei mehr als eine Reise wert gewesen.

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Foto: Merk Bundeskanz­ler Helmut Kohl nahm am 16. Juli 1997 vom früheren Landrat Anton Dietrich (rechts) in Dillingen den Europäisch­en St. Ulrichs Preis entgegen. Ihm applaudier­ten Ex Bundesfina­nzminister Theo Waigel (links) und der damalige Augsburger Bi schof...

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