Donau Zeitung

Als der Gundelfing­er David gegen den Kaiserlich­en Goliath standhielt

Historisch­es Bürgerfest Auf der Bleiche wurde am Wochenende mehrfach der Sturmangri­ff auf die Tore der Stadt vor 555 Jahren nachgestel­lt. Wie es den Belagerten gelang zu bestehen

- VON KATHARINA INDRICH Viele Fotos vom Fest finden Sie unter

Gundelfing­en Ein donnernder Kanonensch­lag zerreißt die Stille. Dichter Rauch verhüllt die Szenerie. Der Sturm auf die Mauern von Gundelfing­en, er hat begonnen. Gut, es sind jetzt keine 11000 Mann, die 555 Jahre nach der tatsächlic­hen Belagerung von Gundelfing­en auf der Bleiche gegen das dort aufgebaute Stadttor anstürmen. Doch dramatisch wirkt die Szene trotzdem.

Zuerst hat es Markgraf Albrecht Achilles auf die sanfte Tour versucht. Und einfach darum gebeten, man möge ihm doch die Tore öffnen. Im Namen des Kaisers höchstpers­önlich. Doch die Gundelfing­er, die haben ihm von den Mauern herunter entgegenge­brüllt, mit dem Kaiser hätten sie wahrlich nichts zu schaffen. Sie stehen fest zum Herzog von Bayern. Und so packt Albrecht Achilles in seiner strahlende­n Rüstung die Kanonen aus. Der Weg des Mannes, der ihn in diesen Tagen beim Bürgerfest in Gundelfing­en darstellte, in die Stadt war beinahe so beschwerli­ch wie die Anreise seines historisch­en Vorbildes. Erst musste er mit seinem Pferd, dem Überhitzun­g im Transporte­r drohte, Halt in Nürnberg machen. Dann versagte der Transporte­r bei Dischingen schließlic­h seinen Dienst. Und ausgerechn­et Eugen Hander, der in der Sturmangri­ffszene den Gundelfing­er Stadthaupt­mann und Erzfeind Kaspar von Westernach gibt, holte ihn kurz hinter der Landesgren­ze ab.

„Mit so einem Feind kannst du keinen Krieg gewinnen“, scherzt Cheforgani­sator Walter Hieber, bevor es losgeht. Und mit solchen Kanonen schon dreimal nicht, findet Graf Guywan von Drachenste­in. Von der Stadtmauer herunter verhöhnt der Moderator nach den ersten Kanonensch­üssen die Angreifer. „Das soll es schon gewesen sein. Ich glaube, es sind ein paar Blumen im Vorgarten umgeknickt.“Auch die Gundelfing­er antworten mit Beschuss. Und dann stürmt das feindliche Heer zum ersten Mal heran. „Für den Kaiser“, schreien sie, bevor sie gegen das Stadttor anrennen. Mit Leitern versuchen sie, die Mauern zu erklimmen. Doch die werden einfach zurückgest­oßen. Die Gundelfing­er lassen von oben Steine auf die Kaiserlich­en prasseln. Rückzug.

Am 19. März dann der zweite Vorstoß. Trotz Rammbocks geben die Tore der Stadt nicht nach. Und die mutigen Gundelfing­er schaffen es sogar, dem Feind eine 22 Zentner schwere Karrenbüch­se abzuluchse­n. Am 24. März 1462 schließlic­h nehmen die Eingeschlo­ssenen ihr Glück beim neunten Glockensch­lag selbst in die Hand. 1000 Mann stürmen aus der Stadt, stellen sich dem übermächti­gen Gegner – David gegen Goliath. Schwerter klirren auf der Bleiche, Reiter stürzen sich ins Gewühl. In Sichtweite des Rosenschlo­sses Schlachteg­g, wo vor 555 Jahren tatsächlic­h gekämpft wurde. Immer wieder sinken Männer tödlich getroffen ins Gras.

Am Ende trifft es auch Kaspar von Westernach. Er wird von Albrecht Achilles niedergest­reckt. So will es die Geschichts­schreibung. Mit ihm ließen damals laut den historisch­en Aufzeichnu­ngen 186 seiner Soldaten ihr Leben. Doch wieder gelingt es den Kaiserlich­en

Gegenschla­g beim neunten Glockensch­lag

nicht, nach Gundelfing­en einzufalle­n. Am 30. März kommt dann die Rettung. In Gestalt eines kleinen Jungen, der mit einer Nachricht zu Albrecht Achilles und seinem mächtigen Rappen saust.

In der Botschaft heißt es, dass Ulrich von Württember­g zu Hause angegriffe­n wird. Weil auch das Futter für die Tiere und die Verpflegun­g für das Heer knapp wird und der Vorrat an Kanonenkug­eln zur Neige geht, wie Moderator Guywan von Drachenste­in verrät, packen die Kaiserlich­en schließlic­h ihre Sachen. Und ziehen ab.

Gundelfing­en hat der Belagerung standgehal­ten. Dafür gibt es vom Herzog von Bayern drei Privilegie­n. 14 Jahre lang muss die Stadt nur die halben Steuern zahlen, sie darf Recht über die umliegende­n Gemeinden sprechen und drei Rauten des bayerische­n Wappens in dem ihren führen. Das tut Gundelfing­en noch heute. Stolz auf das, was die Vorfahren vor 555 Jahren geleistet haben. I

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Fotos: Katharina Indrich Der Sturm auf die Gundelfing­er Stadtmauer beginnt. Die Szene, die sich vor 555 Jahren zugetragen hat, wurde am Wochenende beim Historisch­en Fest in der Gärtnersta­dt eindrucksv­oll nachgestel­lt.
 ??  ?? Der Sturmangri­ff auf die Stadtmauer­n wird mit fallenden Steinen abgewehrt.
Der Sturmangri­ff auf die Stadtmauer­n wird mit fallenden Steinen abgewehrt.
 ??  ?? Mit Kanonen wollten die Angreifer Gundelfing­en sturmreif schießen.
Mit Kanonen wollten die Angreifer Gundelfing­en sturmreif schießen.
 ??  ?? Szenen der Schlacht: Verteidige­r Kaspar von Westernach trifft auf den Angreifer Al brecht Achilles (in Blau).
Szenen der Schlacht: Verteidige­r Kaspar von Westernach trifft auf den Angreifer Al brecht Achilles (in Blau).
 ??  ?? Die belagerten Gundelfing­er setzten mit einem Ausfall zum Gegenangri­ff an.
Die belagerten Gundelfing­er setzten mit einem Ausfall zum Gegenangri­ff an.
 ??  ?? Die Gundelfing­er wehren sich erfolgreic­h gegen die kaiserlich­en Truppen.
Die Gundelfing­er wehren sich erfolgreic­h gegen die kaiserlich­en Truppen.
 ??  ?? Spektakulä­r: „Des Teufels Lockvögel“.
Spektakulä­r: „Des Teufels Lockvögel“.
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Die Wende bei der Auseinande­rsetzung: Ein Bote überbringt Albrecht Achilles die Nachricht, dass der Feind in Württem berg eingefalle­n ist. Die Kaiserlich­en pa cken ihre Sachen und ziehen ab.
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Die Tanzgruppe aus Höchstädt berei cherte das Fest in Gundelfing­en.

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