Als der Gundelfinger David gegen den Kaiserlichen Goliath standhielt
Historisches Bürgerfest Auf der Bleiche wurde am Wochenende mehrfach der Sturmangriff auf die Tore der Stadt vor 555 Jahren nachgestellt. Wie es den Belagerten gelang zu bestehen
Gundelfingen Ein donnernder Kanonenschlag zerreißt die Stille. Dichter Rauch verhüllt die Szenerie. Der Sturm auf die Mauern von Gundelfingen, er hat begonnen. Gut, es sind jetzt keine 11000 Mann, die 555 Jahre nach der tatsächlichen Belagerung von Gundelfingen auf der Bleiche gegen das dort aufgebaute Stadttor anstürmen. Doch dramatisch wirkt die Szene trotzdem.
Zuerst hat es Markgraf Albrecht Achilles auf die sanfte Tour versucht. Und einfach darum gebeten, man möge ihm doch die Tore öffnen. Im Namen des Kaisers höchstpersönlich. Doch die Gundelfinger, die haben ihm von den Mauern herunter entgegengebrüllt, mit dem Kaiser hätten sie wahrlich nichts zu schaffen. Sie stehen fest zum Herzog von Bayern. Und so packt Albrecht Achilles in seiner strahlenden Rüstung die Kanonen aus. Der Weg des Mannes, der ihn in diesen Tagen beim Bürgerfest in Gundelfingen darstellte, in die Stadt war beinahe so beschwerlich wie die Anreise seines historischen Vorbildes. Erst musste er mit seinem Pferd, dem Überhitzung im Transporter drohte, Halt in Nürnberg machen. Dann versagte der Transporter bei Dischingen schließlich seinen Dienst. Und ausgerechnet Eugen Hander, der in der Sturmangriffszene den Gundelfinger Stadthauptmann und Erzfeind Kaspar von Westernach gibt, holte ihn kurz hinter der Landesgrenze ab.
„Mit so einem Feind kannst du keinen Krieg gewinnen“, scherzt Cheforganisator Walter Hieber, bevor es losgeht. Und mit solchen Kanonen schon dreimal nicht, findet Graf Guywan von Drachenstein. Von der Stadtmauer herunter verhöhnt der Moderator nach den ersten Kanonenschüssen die Angreifer. „Das soll es schon gewesen sein. Ich glaube, es sind ein paar Blumen im Vorgarten umgeknickt.“Auch die Gundelfinger antworten mit Beschuss. Und dann stürmt das feindliche Heer zum ersten Mal heran. „Für den Kaiser“, schreien sie, bevor sie gegen das Stadttor anrennen. Mit Leitern versuchen sie, die Mauern zu erklimmen. Doch die werden einfach zurückgestoßen. Die Gundelfinger lassen von oben Steine auf die Kaiserlichen prasseln. Rückzug.
Am 19. März dann der zweite Vorstoß. Trotz Rammbocks geben die Tore der Stadt nicht nach. Und die mutigen Gundelfinger schaffen es sogar, dem Feind eine 22 Zentner schwere Karrenbüchse abzuluchsen. Am 24. März 1462 schließlich nehmen die Eingeschlossenen ihr Glück beim neunten Glockenschlag selbst in die Hand. 1000 Mann stürmen aus der Stadt, stellen sich dem übermächtigen Gegner – David gegen Goliath. Schwerter klirren auf der Bleiche, Reiter stürzen sich ins Gewühl. In Sichtweite des Rosenschlosses Schlachtegg, wo vor 555 Jahren tatsächlich gekämpft wurde. Immer wieder sinken Männer tödlich getroffen ins Gras.
Am Ende trifft es auch Kaspar von Westernach. Er wird von Albrecht Achilles niedergestreckt. So will es die Geschichtsschreibung. Mit ihm ließen damals laut den historischen Aufzeichnungen 186 seiner Soldaten ihr Leben. Doch wieder gelingt es den Kaiserlichen
Gegenschlag beim neunten Glockenschlag
nicht, nach Gundelfingen einzufallen. Am 30. März kommt dann die Rettung. In Gestalt eines kleinen Jungen, der mit einer Nachricht zu Albrecht Achilles und seinem mächtigen Rappen saust.
In der Botschaft heißt es, dass Ulrich von Württemberg zu Hause angegriffen wird. Weil auch das Futter für die Tiere und die Verpflegung für das Heer knapp wird und der Vorrat an Kanonenkugeln zur Neige geht, wie Moderator Guywan von Drachenstein verrät, packen die Kaiserlichen schließlich ihre Sachen. Und ziehen ab.
Gundelfingen hat der Belagerung standgehalten. Dafür gibt es vom Herzog von Bayern drei Privilegien. 14 Jahre lang muss die Stadt nur die halben Steuern zahlen, sie darf Recht über die umliegenden Gemeinden sprechen und drei Rauten des bayerischen Wappens in dem ihren führen. Das tut Gundelfingen noch heute. Stolz auf das, was die Vorfahren vor 555 Jahren geleistet haben. I
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