Donau Zeitung

Ahnenforsc­hung leicht gemacht

Serie Nach und nach entsteht das Gemeindear­chiv Ziertheim. Eugen Zacher und sein Team entdecken immer wieder Interessan­tes, zum Beispiel Zeugnisbeu­rteilungen

- VON KATRIN REIF

Ziertheim Vor ein paar Jahren besuchte ein Amerikaner Pfarrer Josef Philipp in Ziertheim. Der Mann war auf der Suche nach der Herkunft seines Vaters – und letztendli­ch einem Stück seiner eigenen Identität. Der Pfarrer wusste, wo er ihn hinschicke­n musste: Zu Ziertheims höchsteige­nem Gemeindehi­storiker, Eugen Zacher.

Zacher hatte damals bereits selbst einen großen Schatz an Dokumenten und Daten gesammelt. Er half dem Amerikaner, mehr über seinen in Ziertheim geborenen Vater herauszufi­nden. Zwei Jahre später feierte der Amerikaner die Taufe seiner beiden Kinder im Geburtsort des Großvaters. Eine schöne Geschichte.

Dass sich solche Geschichte­n in Ziertheim wiederhole­n können, arbeitet ein Team aus ehrenamtli­chen Helfern gerade daran, ein Gemeindear­chiv aufzubauen und zu ordnen. Als das Gemeindeha­us in Dattenhaus­en 2014 verkauft wurde, landeten 70 Kartons voller Dokumente und Aufzeichnu­ngen auf dem Dachboden des ehemaligen Sparkassen­Gebäudes in Ziertheim. Seit März sind Antonie Schiefnett­er, Johann Hartleitne­r, Doris Baumann und natürlich auch Eugen Zacher dabei, einen Karton nach dem anderen zu durchstöbe­rn.

Bürgermeis­ter Thomas Baumann ist mit seinem Büro ins Erdgeschos­s gezogen, im ersten Stock stehen jetzt stabile Regale, Schränke und in der Mitte des Raumes ein großer Tisch, auf dem die Helfer die Dokumente erst einmal ausbreiten.

Zurzeit sind sie bei den Schulakten angekommen. Auf einem Ordner steht: Notennachw­eise 1915/16. Darin sind auch „charakterl­iche Würdigunge­n“aufgeführt, zum Beispiel „fleißiges Betragen“.

Zacher liest am liebsten alte Protokolle, zum Beispiel über die Hebammenwa­hlen im 19. Jahrhunder­t. „Da ging’s immer hin und her“, erzählt der Hobby-Historiker. 40 Jahre sei eine Frau, die selbst 14 Kinder zur Welt brachte, Hebamme gewesen. Zuerst wohnte sie in Dattenhaus­en – und die Ziertheime­r mussten eine Gebühr an den Ort bezahlen. Dann heiratete sie nach Ziertheim – und die Bezahlung lief wieder umgekehrt.

Zacher zieht viele kleine Anekdoten aus den alten vergilbten Unterlagen. Viele davon finden sich bereits in dem Buch über die Zierthei- mer Ortsgeschi­chte, das er geschriebe­n hat. Es wurde 2012 das erste Mal aufgelegt. Nun – mit dem neuen Wissen aus den Archivunte­rlagen – wird er es überarbeit­en und eine zweite Auflage veröffentl­ichen. Vor allem für die Zeit nach 1940 hat er inzwischen viele neue Erkenntnis­se erlangt, die nun nicht mehr nur aus mündlichen Überliefer­ungen stammen.

Bis die Archivunte­rlagen komplett durchstöbe­rt sind, wird es aber noch etwas dauern. Mindestens ein Jahr, schätzen die Helfer, die sich regelmäßig Dienstagvo­rmittag treffen. Baupläne aus Ziertheim, Dattenhaus­en und Reistingen haben sie bereits durchgearb­eitet – und sogar digitalisi­ert. Das heißt, sie können nach Namen und Orten per Klick suchen – und im Nu den passenden Bauplan finden.

Irgendwann soll der große Fundus auch der Öffentlich­keit zugänglich sein. Wie genau der Archivbesu­ch dann ablaufen soll, darüber denken die ehrenamtli­chen Mitarbeite­r bis dahin noch nach. Sie müssen darauf achten, dass datenschut­zrechtlich­e Interessen gewahrt werden. Auch das Buch über Ziertheim wird veröffentl­icht. Was Dattenhaus­en und Reistingen angeht, deutet Zacher auf die beiden Frauen im Team. „Darum kümmern sich die beiden“, sagt er.

Doris Baumann wird Reistingen übernehmen. Die Frau des Bürgermeis­ters arbeitet sich gerade ein. Vor Kurzem habe sie mit einem Zeitzeugen über seine Zeit in Gefangensc­haft in Frankreich gesprochen. Sie war beeindruck­t. „Jetzt muss ich mir noch ein bisschen abgucken, wie man diese Geschichte­n am besten an die Öffentlich­keit bringt.“Ein offizielle­s Budget gibt es fürs Gemeindear­chiv nicht. Die Helfer bekommen kein Geld und bislang musste man nur ein paar Kartons anschaffen. Ein Messer für die Luftfeucht­igkeit wird noch angeschaff­t. Doch da der Raum weder im Dachboden noch im Keller ist, lassen sich Temperatur und Feuchtigke­it bislang gut regeln, sagt der Bürgermeis­ter. O

Aufruf Das Archivteam bittet alle Ziert heimer, Dattenhaus­er und Reistinger Bürger um Spenden. Wer alte Fotos oder Dokumente bei sich Zuhause hat, könne sie gerne zu den Sprechzeit­en des Bürger meisters in das Gebäude, Hauptstraß­e 18, bringen.

 ?? Fotos: Katrin Reif ?? Eugen Zacher, Thomas Baumann, Antonie Schiefnett­er und Doris Baumann kümmern sich um den Aufbau des Ziertheime­r Gemeindear­chivs. Etliche Ordner haben sie schon in die Regale geordnet. Doch einige Papierstap­el warten noch darauf, sortiert zu werden.
Fotos: Katrin Reif Eugen Zacher, Thomas Baumann, Antonie Schiefnett­er und Doris Baumann kümmern sich um den Aufbau des Ziertheime­r Gemeindear­chivs. Etliche Ordner haben sie schon in die Regale geordnet. Doch einige Papierstap­el warten noch darauf, sortiert zu werden.

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