„Nichts Schöneres unter der Sonne…“
Wort zur Woche
Ein bemerkenswerter, weil beglückender Vers aus Ingeborg Bachmanns Gedicht „An die Sonne“. Vielleicht erscheint uns die Aussage auch als Binsenwahrheit. Aber ist nicht das oft Selbstverständliche so beachtenswert? Und gerade der Hymnus „An die Sonne“bietet so viel Anschauungsunterricht des Wunders unseres Seins. Wir müssen nicht nur jammern, unzufrieden sein, wehklagen ob unserer schweren Zeit und Welt. In den alten Religionen betrachtete man die Sonne förmlich als Gott, und ihre Strahlen sind wie Segenshände, die sich jedem von uns zuwenden.
„Schönes Licht, das uns warmhält, bewahrt und wunderbar sorgt,/
dass ich wieder sehe und dass ich dich wiedersehe.“Die Sonne als Inbegriff des strahlenden Lebens, als schier unerschöpfliche Licht- und Segensquelle!
In diesem Sinne spricht die Bibel von dem Gott, der seine Sonne aufgehen lässt über Guten und Bösen. Alles erwärmend und überstrahlend, ist noch die schlimmste Untat ein geborgen in dieses göttliche Licht. Angesichts des Todes, mitten in tiefster Krankheit und nach schwerer Depression, singt Franz von Assisi sein Loblied auf Bruder Sonne und Schwester Mond, seinen Hymnus auf die zärtliche Gleichgültigkeit der Welt.
Und der Protestant Christian Knorr von Rosenroth dichtet im 17. Jahrhundert:
„Morgenglanz der Ewigkeit, Licht vom unerschaffnen Lichte, /
Schick uns diese Morgenzeit deine Strahlen zu Gesichte, /
und vertreib durch deine Macht unsre Nacht.“
Nichts ist weniger selbstverständlich als das Strahlen der Sonne, als ein strahlendes Gesicht, als glänzende Augen. Nicht zufällig sprechen wir vom Licht der Vernunft, vom Licht des Glaubens. Sie hat recht: „Nichts Schöneres unter der Sonne, als unter der Sonne zu sein.“