Aussprache mit der Ex eskaliert
Prozess Obwohl der 24-Jährige unter offener Bewährung steht, verfolgt er seine Verflossene mit dem Auto und schlägt sie. Warum jetzt auch ihrem Vater ein Verfahren drohen könnte
Landkreis Wenn eine Beziehung scheitert, ist das fast immer schmerzhaft. Meistens geht es nicht ohne Streit auseinander. Manchmal artet das Ganze auch aus. So wie bei einem 24-Jährigen aus dem Landkreis Dillingen. Der wollte nach dem Beziehungsende unbedingt noch einmal mit seiner heute 18-jährigen Ex-Freundin sprechen. Ein Wunsch, der den jungen Mann, der unter zwei offenen Bewährungen stand, nun drohte, ins Gefängnis zu bringen.
Denn laut Anklage der Staatsanwaltschaft war der Gesprächsversuch im Dezember 2015 gehörig eskaliert. Die warf ihm vor, mit seinem Auto erst dem Fahrzeug, in dem seine Exfreundin mit deren Vater und einer Freundin saß, hinterhergefahren zu sein, den Wagen dann beim Überholen geschnitten und zum Anhalten gezwungen zu haben. Als ihn seine Verflossene nach der Aktion zur Rede stellen wollte und ausstieg, gerieten die beiden derart aneinander, dass er ihr schließlich eine Ohrfeige verpasste. Und trat dann noch aus lauter Wut eine Delle in das Auto des Vaters.
Doch damit nicht genug. Kurze Zeit später soll der Mann laut Anklage in Hausen noch einmal auf das Auto mit den drei Insassen getroffen sein. Dort habe er sich dann an dessen Heck geklemmt, immer wieder aufgeblendet und sei so dicht aufgefahren, dass der Vater beschleunigen musste.
Im Prozess gab sich der Angeklagte, der sechs Vorstrafen aufzuweisen hat, reumütig. Er habe einfach nicht akzeptieren können, dass die fast zweijährige Beziehung nun zu Ende sein sollte. Deshalb habe er den Vater der Ex auf dem Handy angerufen, um herauszufinden, wo sie steckt. Der habe ihr schließlich verraten, dass man auf dem Weg nach Hausen sei. „Er hat gemeint, er fährt ein bisschen dezenter“, so der Angeklagte, der an diesem Abend gleich losfuhr. Es könne schon möglich sein, dass er im Eifer des Gefechtes etwas aufgefahren sei, als er zu ihnen aufschloss. Doch bewusst ausgebremst habe er den Wagen des Vaters nach dem Überholmanöver nicht, sondern sich dann lediglich an den Fahrbahnrand gestellt. Die Aussprache habe dann überhaupt nicht so funktioniert, wie er sich das eigentlich vorgestellt hatte. „Wir sind gleich aufeinander losgegangen und haben uns angeschrieben. Irgendwann war es mir dann zu viel und ich habe ihr eine gegeben. Dann ist mir aufgefallen: Das war jetzt eine Situation, die war mal wieder sehr intelligent.“Besonders mit Blick auf die offene Bewährung.
Eigentlich wollte er es deshalb dabei bewenden lassen, als der Vater der Exfreundin weiterfuhr. „Aber dann hatte ich ein Egoproblem und gedacht: Das kann ich immer noch nicht auf mir sitzen lassen.“So kam es, dass er dem Auto später noch einmal hinterherfuhr. Ob er dabei die Lichthupe betätigte, konnte er nicht mehr sagen. Auch nicht, ob er bewusst aufgefahren war. „Ich wollte definitiv auf mich aufmerksam machen, aber nicht, dass er sich im Acker überschlägt.“Schließlich habe er es dann aber doch gelassen.
Die Aussage des Vaters seiner Exfreundin war dann eine faustdicke Überraschung. Denn der stellte im Prozess vor Richterin Beate Bernard die Sache ganz anders dar, als damals bei der Polizei. Damals habe er in seiner Rage nicht die Wahrheit gesagt, so der 46-Jährige. So sei das Treffen auf der Straße ja am Telefon ausgemacht worden. Ein Ausbremsen habe es nicht gegeben und auch der Schlag für seine Tochter sei halb so wild gewesen. „Das war wie eine Biene, die gestochen hat.“Möglicherweise sei die Backe auch durch die Kälte erst so rot geworden, wie auf den Polizeifotos erkennbar. Auch später, in Hausen, sei er sicher nicht genötigt worden. Der Angeklagte habe sich entschuldigt, die Autotür ersetzt. Und ihm erst kürzlich beim Küchenaufbau geholfen. Die Tochter und ihre Freundin bestätigten im wesentlichen seine Aussage. Allerdings, so die Tochter und ihre Freundin, sei der 24-Jährige ihnen in Hausen durchaus nah aufgefahren, wodurch der Vater schneller wurde.
So blieben für den jungen Mann schließlich Körperverletzung und eine Nötigung im Raum stehen. Und die große Frage: Gibt es noch einmal eine Bewährung? Spitz auf Knopf stehe es da, so der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer. „Aber mit Hängen und Würgen kann man ihm noch eine letzte Chance geben.“So sah es auch Richterin Beate Bernard. Sie verurteilte ihn unter Einbeziehung eines früheren Urteils zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung.
Für ihn sprach unter anderem, dass er sich entschuldigt hatte, dass die Opfer kein Interesse an der Strafverfolgung mehr hatten, dass er erfolgreich ein zehnmonatiges Antiaggressionstraining absolviert und den Schaden reguliert hat. Als das Urteil fiel, schlug sich der junge Mann erleichtert die Hände vors Gesicht und atmete tief aus. „Jetzt kann ich endlich wieder schlafen“, sagte er. Den Vater seiner Exfreundin könnte nun aber selbst ein Verfahren erwarten. Wegen falscher Verdächtigung.