Ein Lobpreis auf die menschliche Stimme
Synagoge A-cappella-Ensemble „Extraton“verwandelt Konzertraum in einen Hexenkessel. Das Publikum gerät völlig aus dem Häuschen
Binswangen Der musikalische Wirbelsturm, der Binswangen streifte, heißt „Extraton“. Das sechsköpfige Vokal-Ensemble, das ein Hohes Lied auf die Macht und Variationsvielfalt der menschlichen Stimme singt, war nicht das erste Mal auf Einladung der Kleinkunstbühne Lauterbach in die Alte Synagoge gekommen. Die Sängerinnen und Sänger der Münchner A-cappella-Formation verwandelten das altehrwürdige Gebäude im Herzen von Binswangen buchstäblich in einen temperamentgeladenen und brandheißen Hexenkessel. So viel Applaus hat man in der voll besetzten Synagoge selten gehört. Der schwüle Sommerabend tat das Seinige dazu, den energiegeladenen Akteuren und dem vorgeglühten Publikum gleichermaßen den Schweiß auf die Stirne zu treiben.
Nach wenigen Minuten hat „Extraton“das Auditorium bereits in seinen Bann gezogen. Die Zuhörer wiegen sich im Takt mit und können kaum die Beine ruhig halten, wenn diese Stimmen-Zauberer mehrsprachig loslegen, sich zu einer genialen Choreografie auf kleinstem Raum bewegen und dabei nur mühselig ihr Temperament im Zaum halten können. Es ist laut, es ist schräg, manchmal aber auch ganz zärtlich und leise, was die filigran-zierliche Lady Carola Gampe (Alt), der fröhliche Bariton Marcel Assan, Andreas Hoefer (beeindruckender Bass), der quirlige Tenor Christian Decker, die zauberhafte Elisabeth Dumont (Sopran) und der unglaubliche Instrumenten-Imitator Konrad alias „Madox“Wiebe (beatboxer) da auf die Bühne bringen. Die fiktiven Tongeber, die zu hören sind, kommen voll realistisch rüber und ihr Präsentator bekommt rauschenden Applaus, den er offensichtlich genießt. Ein Konzertabend wie ein Feuerwerk voll musikalischer Virtuosität und rhythmischer Professionalität wird von „Extraton“über zwei Stunden lang gezündet. Nicht nur eine beeindruckende stimmliche A-cappella-Leistung ist das, sondern gleichermaßen auch eine körperliche Tanz-Herausforderung der Meisterklasse. Der lautstarke Lobpreis auf die große Bandbreite der menschlichen Stimme dringt über die Mauern der Synagoge hinaus in die Sommernacht. Sogar aus München und Augsburg, aus Aichach und Donauwörth, aus dem Lechtal und dem Württembergischen sind die Anhänger von „Extraton“angereist, um ihre besonderen Lieblinge zu hören. Die vielfach selbst geschriebenen Stücke des Ensembles, oftmals aus der Feder von Marcel Assan, werden viel beklatscht. Aber auch Cover-Versionen mit eigener Handschrift versehen kommen beim Publikum gut an. Die Sängerinnen und Sänger sind eine weltoffene Gruppe mit ungeheurem Charme und beeindruckendem stimmlichen Potenzial. Sie präsentieren sich abwechselnd als Leadsänger, und wenn der junge Christian Decker den „schmalzigsten Song, den wir dabeihaben“singt – „Nothing compares to you“(Sinead O’Connor) – kennt der Beifall der Zuhörer keine Grenzen.
Noch lange werden Zugaben erklatscht, bis der Chef der Brettlbühne Lauterbach, Gerd Sauter, „Extraton“verabschieden darf.