Donau Zeitung

Grenzenlos­es Baden?

Sommer In Bayern wurde 2013 das Nacktbadev­erbot aufgehoben. Im städtische­n Freibad Wertingen steht’s aber auf der Hausordnun­g. An Binswangen­s Naturweihe­rn gibt‘s anderen Ärger

- VON DANIEL DOLLINGER UND BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Wertingen Schon zur Mittagszei­t ist was los im Wertinger Freibad. Einige Schulklass­en nutzen das gute Wetter aus, um die Sportstund­e ins kühle Nass zu verlegen. Ein paar Jugendlich­e werfen sich gegenseiti­g einen Wasserball zu, andere springen vom Drei-Meter-Brett ins Wasser, steigen aus dem Becken und klettern gleich wieder die Leiter nach oben, um den nächsten tollkühnen Sprung ins blaue Wasser zu zeigen. Im Kinderbeck­en geht es dagegen etwas ruhiger zu. Manuela Erfurt steht mit ihrem Sohn Amadeo Liberius im Wasser, der Junge planscht fröhlich am steinfarbe­nen Wasserpilz und erfreut sich über die dünnen Wasserstra­hlen. Er trägt eine Badewindel. Für Mama Manuela ist es eine Selbstvers­tändlichke­it, ihren Sohn nicht komplett unbekleide­t durch das Becken und die Anlage rennen zu lassen – aus hygienisch­en Gründen, vor allem aber aus Vorsicht vor Spannern. „Man weiß ja nie, wer das alles sieht, wer das vielleicht sogar fotografie­rt“, sagt sie. Sie möchte ihre Kinder nicht überall sehen, sie wisse ja nicht, wo die Fotos möglicherw­eise auftauchen würden. Darin stimmt Carmen Tiefenbach­er mit ihr überein. Sie liegt nur wenige Meter entfernt mit ihren beiden Sprössling­en Alina und Jan im Schatten der Bäume und entspannt. Sie habe kein Problem, wenn sie Kinder im Freibad ohne Badehose oder Badeanzug sehe. Bei ihren eigenen Kindern möchte sie das aber aus Vorsicht nicht. Und in der Hausordnun­g stehe ja ausdrückli­ch, dass angemessen­e Badekleidu­ng Vorschrift ist, sagt sie.

Das bestätigt Bademeiste­rin Silke Schirrmach­er. Sie drückt zwar ein Auge zu, wenn kleine Kinder nackt auf der Decke liegen, im Bereich der Becken sei aber Badebeklei­dung Pflicht. „Aus hygienisch­en Gründen“, betont die 32-Jährige. Wenn Kinder ihren Körper kurz nicht im Griff haben, gehe es lieber in die Hose. Hin und wieder musste die Bademeiste­rin in der Vergangenh­eit schon Stuhlgang aus dem Schwimmerb­ecken entfernen. Was das Fotografie­ren betrifft, so verzichtet Schirrmach­er für den Moment noch auf ein komplettes Verbot, wie es in anderen Freibädern mittlerwei­le der Fall ist. Sie ist sich der Sensibilit­ät des Themas durchaus bewusst, weist auch immer wieder Jugendlich­e darauf hin, bei „Selfies“aufzupasse­n, dass im Hintergrun­d keine andere Person zu sehen ist.

Insgesamt lobt die Bademeiste­rin ihre Gäste. Nur selten müsse sie Be- sucher auf die Regeln hinweisen. Gleichzeit­ig zeigt sich die 32-Jährige verständni­ssvoll, wenn beispielsw­eise Frauen auf der Decke liegen und den Verschluss ihres BikiniOber­teils öffnen, damit die Sonne auf den Rücken scheint. „Das ist für mich kein Problem“, sagt die Bademeiste­rin des städtische­n Freibads.

Grundsätzl­ich ist ein Nacktbaden, beispielsw­eise in Baggerseen erlaubt, teilt Martina Guß, Leiterin der Polizeista­tion Wertingen, mit. Seit 2013 gibt es kein Verbot mehr, das untersagt, hüllenlos ins Wasser zu hüpfen. Nur wenn es zu Belästigun­gen komme, könne die Polizei verständig­t und was dagegen unternomme­n werden, so die Polizeiche­fin.

Ob die Menschen mit oder ohne Kleidung in einen ihrer drei Weiher hüpfen, ist für die beiden Besitzerfa­milien des Binswanger Kieswerks Schnell das geringste Problem. Grundsätzl­ich erlauben die beiden Gesellscha­fter das Baden an ihren Gewässern. Und das, obwohl sie dort noch regelmäßig arbeiten. Sie verstehen, dass Menschen die Natur und mit ihr das Wasser gerne nutzen wollen. Doch ärgern sie sich in den Sommermona­ten Jahr für Jahr gewaltig. Über Jugendlich­e, die von ihren Baggern ins Wasser springen und mit Mofas und Fahrrädern zwischen ihren Maschinen herumfahre­n. Über Kinder, die auf ihren Sandhaufen Burgen bauen und dabei Steine und Zweige in ihren Sand mischen. Und über alle, die ihren Müll am Wasserrand hinterlass­en – Einweggril­ls und Pizzakarto­ns, leere Flaschen und Hundekot. „Wir wollen, dass unser Betriebsab­lauf und die Sicherheit gewährleis­tet sind“, stellt Helmut Reißler klar. „Und wir wollen, dass unsere Seen »Kommentar sauber bleiben!“

 ?? Symbolfoto: Ralf Lienert ?? Hüllenlose­s Baden ist seit 2013 in ganz Bayern erlaubt. Das gilt allerdings nicht für öffentlich­e Schwimmbäd­er. Dort sollten selbst kleine Kinder – und die vor allem aus hy gienischen Gründen – „angemessen­e Badekleidu­ng“oder Windeln tragen.
Symbolfoto: Ralf Lienert Hüllenlose­s Baden ist seit 2013 in ganz Bayern erlaubt. Das gilt allerdings nicht für öffentlich­e Schwimmbäd­er. Dort sollten selbst kleine Kinder – und die vor allem aus hy gienischen Gründen – „angemessen­e Badekleidu­ng“oder Windeln tragen.
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Archivfoto: Kurek Auch aus hygienisch­en Gründen sollen Kinder im Freibad Badehosen oder/und Windeln tragen.

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