Grenzenloses Baden?
Sommer In Bayern wurde 2013 das Nacktbadeverbot aufgehoben. Im städtischen Freibad Wertingen steht’s aber auf der Hausordnung. An Binswangens Naturweihern gibt‘s anderen Ärger
Wertingen Schon zur Mittagszeit ist was los im Wertinger Freibad. Einige Schulklassen nutzen das gute Wetter aus, um die Sportstunde ins kühle Nass zu verlegen. Ein paar Jugendliche werfen sich gegenseitig einen Wasserball zu, andere springen vom Drei-Meter-Brett ins Wasser, steigen aus dem Becken und klettern gleich wieder die Leiter nach oben, um den nächsten tollkühnen Sprung ins blaue Wasser zu zeigen. Im Kinderbecken geht es dagegen etwas ruhiger zu. Manuela Erfurt steht mit ihrem Sohn Amadeo Liberius im Wasser, der Junge planscht fröhlich am steinfarbenen Wasserpilz und erfreut sich über die dünnen Wasserstrahlen. Er trägt eine Badewindel. Für Mama Manuela ist es eine Selbstverständlichkeit, ihren Sohn nicht komplett unbekleidet durch das Becken und die Anlage rennen zu lassen – aus hygienischen Gründen, vor allem aber aus Vorsicht vor Spannern. „Man weiß ja nie, wer das alles sieht, wer das vielleicht sogar fotografiert“, sagt sie. Sie möchte ihre Kinder nicht überall sehen, sie wisse ja nicht, wo die Fotos möglicherweise auftauchen würden. Darin stimmt Carmen Tiefenbacher mit ihr überein. Sie liegt nur wenige Meter entfernt mit ihren beiden Sprösslingen Alina und Jan im Schatten der Bäume und entspannt. Sie habe kein Problem, wenn sie Kinder im Freibad ohne Badehose oder Badeanzug sehe. Bei ihren eigenen Kindern möchte sie das aber aus Vorsicht nicht. Und in der Hausordnung stehe ja ausdrücklich, dass angemessene Badekleidung Vorschrift ist, sagt sie.
Das bestätigt Bademeisterin Silke Schirrmacher. Sie drückt zwar ein Auge zu, wenn kleine Kinder nackt auf der Decke liegen, im Bereich der Becken sei aber Badebekleidung Pflicht. „Aus hygienischen Gründen“, betont die 32-Jährige. Wenn Kinder ihren Körper kurz nicht im Griff haben, gehe es lieber in die Hose. Hin und wieder musste die Bademeisterin in der Vergangenheit schon Stuhlgang aus dem Schwimmerbecken entfernen. Was das Fotografieren betrifft, so verzichtet Schirrmacher für den Moment noch auf ein komplettes Verbot, wie es in anderen Freibädern mittlerweile der Fall ist. Sie ist sich der Sensibilität des Themas durchaus bewusst, weist auch immer wieder Jugendliche darauf hin, bei „Selfies“aufzupassen, dass im Hintergrund keine andere Person zu sehen ist.
Insgesamt lobt die Bademeisterin ihre Gäste. Nur selten müsse sie Be- sucher auf die Regeln hinweisen. Gleichzeitig zeigt sich die 32-Jährige verständnissvoll, wenn beispielsweise Frauen auf der Decke liegen und den Verschluss ihres BikiniOberteils öffnen, damit die Sonne auf den Rücken scheint. „Das ist für mich kein Problem“, sagt die Bademeisterin des städtischen Freibads.
Grundsätzlich ist ein Nacktbaden, beispielsweise in Baggerseen erlaubt, teilt Martina Guß, Leiterin der Polizeistation Wertingen, mit. Seit 2013 gibt es kein Verbot mehr, das untersagt, hüllenlos ins Wasser zu hüpfen. Nur wenn es zu Belästigungen komme, könne die Polizei verständigt und was dagegen unternommen werden, so die Polizeichefin.
Ob die Menschen mit oder ohne Kleidung in einen ihrer drei Weiher hüpfen, ist für die beiden Besitzerfamilien des Binswanger Kieswerks Schnell das geringste Problem. Grundsätzlich erlauben die beiden Gesellschafter das Baden an ihren Gewässern. Und das, obwohl sie dort noch regelmäßig arbeiten. Sie verstehen, dass Menschen die Natur und mit ihr das Wasser gerne nutzen wollen. Doch ärgern sie sich in den Sommermonaten Jahr für Jahr gewaltig. Über Jugendliche, die von ihren Baggern ins Wasser springen und mit Mofas und Fahrrädern zwischen ihren Maschinen herumfahren. Über Kinder, die auf ihren Sandhaufen Burgen bauen und dabei Steine und Zweige in ihren Sand mischen. Und über alle, die ihren Müll am Wasserrand hinterlassen – Einweggrills und Pizzakartons, leere Flaschen und Hundekot. „Wir wollen, dass unser Betriebsablauf und die Sicherheit gewährleistet sind“, stellt Helmut Reißler klar. „Und wir wollen, dass unsere Seen »Kommentar sauber bleiben!“