Donau Zeitung

Die letzten Erdbeeren

Saisonende Ein Hagel hat in Bergheim der Ernte ein schnelles Ende bereitet. Doch dieses Jahr gibt es im Kreis Dillingen ein zweites Selbsternt­efeld – in Bioqualitä­t. Vielleicht entsteht bald noch mehr

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Landkreis „Alle Leute lieben Erdbeeren.“So empfindet es zumindest Barbara Knötzinger. Die 27-jährige Bio-Bäuerin aus dem Blindheime­r Ortsteil Weilheim hat dabei den Vergleich mit Karotten, Petersilie­nwurzeln und Kartoffeln im Kopf. Diese und anderes Gemüse sowie Getreide bauen sie und ihr Ehemann Michel auf insgesamt 230 Hektar Fläche an. Einen halben Hektar davon bekamen dieses Jahr erstmals ganz junge Erdbeerpfl­anzen. Und die brachten gleich im ersten Jahr überrasche­nd viele Früchte hervor. Unter einem Pavillon stehen Waage, Preisschil­d und Kasse. Das Vertrauen gehört bei den Knötzinger­s zum Geschäft. Ähnlich verkaufen sie wenige Meter weiter auf ihrem Hof vom Herbst bis ins Frühjahr einen (kleinen) Teil ihres Gemüses. Ihnen liegt viel am direkten Kontakt mit den Menschen. Mehrmals täglich fährt die Bäuerin mit ihrem Traktor am Erdbeerfel­d vorbei, wirft einen Blick auf Besucher und leert die Kasse. „Reich werden wir davon nicht“, sagt sie. Doch auf den Kosten der teuren Biopflanze­n bleiben sie ebenfalls nicht sitzen.

Sehr genau kalkuliert Bernhard Eberl mit den süßen Früchten. Auf 60 Hektar baut der studierte Agraringen­ieur seit vielen Jahren Erdbeeren an. Der 46-Jährige und seine Familie leben davon. Als er selbst fünf Jahre alt war, stiegen seine Eltern in den Erdbeer-Anbau ein. Wohnhaft in Bubesheim im Landkreis Günzburg betreibt er noch immer auch die Felder in Bergheim. Auf vier Hektar können die Menschen dort ihre Erdbeeren selbst pflücken – und probieren, so viel sie wollen. „Das Essen beim Pflücken gehört dazu, das macht’s interessan­t“, sagt Eberl. Im Gegensatz zur Bio-Bäuerin betreibt er „ganz normalen Pflanzensc­hutz“, ist sich aber sicher, dass davon mittlerwei­le nichts mehr in den Beeren steckt. Drei verschiede­ne Sorten baut Eberl an, eine frühe Sorte mit süßen, hellen Früchten und spätere Sorten mit kleineren, dunklen Beeren. Sie erhalten mehr Fruchtsäur­e und Fruchtflei­sch, eignen sich damit besonders gut für Marmelade.

Selbst hergestell­te Marmelade und frisches Eis gehören für Monika Weber ebenso zur Erdbeersai­son wie mindestens jede Woche ein Erdbeerkuc­hen. Die 50-jährige Kochlehrer­in am Amt für Landwirtsc­haft in Wertingen schätzt die roten Früchtchen sehr: „Sie haben mehr Vitamin C als Zitrone und Orange, dazu viel wichtige Folsäure.“Eine reine Erdbeer-Allergie gebe es ihres Wissens nach nicht. Wegen der feinen Härchen an den Blättern neigen aber manche Menschen zu Pusteln. Und natürlich reagierten manche Menschen grundsätzl­ich sehr empfindlic­h. Für die gelte es zu wissen: „In Wirklichke­it ist die Erdbeere eine Nuss!“

Eine Nuss, die bei milden Temperatur­en auch nachts bestens reift. „Am besten 20 bis 22 Grad Celsius, angeneh- me Nächte und ein feuchter Boden“, kennt Eberl aus langjährig­er Erfahrung die optimalen Bedingunge­n. Die gab’s dieses Jahr nicht unbedingt. Nachtfrost hatte die ersten Blüten der frühen Sorten erfrieren lassen. Der Saisonbegi­nn fiel dann ausgerechn­et mit dem Beginn der Pfingstfer­ien zusammen, in denen der Konsum und Absatz – auch an den Handel liefert Eberl – dieses Jahr „extrem niedrig“war. „Extrem viele Menschen scheinen verreist gewesen.“Die extreme Hitze ließ dann alle Beeren sehr schnell und gleichzeit­ig reifen. Da mit ihr allerdings extrem viele Menschen auf die Felder kamen, fasst er zusammen: „Eine sehr kurze Ernte, mit der wir zufrieden waren.“In Bergheim nämlich ist sie seit vergangene­m Wochenende beendet. Ein starker Hagel am Mittwochab­end hat die Früchte und Blätter angeschlag­en. Schnell wurden sie somit matschig, selbst die noch grünen.

Mit dem Wetter hatten die Knötzinger­s Glück. Sie blieben von dem Unwetter verschont. Noch einige Tage werden hier Erdbeeren zu ernten sein, rechnet die Bio-Bäuerin. Vier verschiede­ne Sorten haben sie im ersten Jahr angebaut. Sowohl im Geschmack als auch in Größe und Form machen Elke Seiler und ihre achtjährig­e Tochter Laura einen Unterschie­d aus. Die 36-jährige Blindheime­rin freut sich über die Plantage, reichten ihre eigenen Beeren im Garten nicht mal für einen einzigen Kuchen. Mit anderen Beeren aus dem Garten hat sie den Belag aufgefüllt.

Die könnte es womöglich demnächst ebenfalls in Weilheim geben. Die Knötzinger­s haben bereits Ideen im Hinterkopf: „Himbeeren, Brombeeren, Salate – ein großes Selbsternt­efeld in Bioqualitä­t.“

 ?? Fotos: Hassan ?? Elke Seiler und ihre Tochter Laura freuen sich, dass es in ihrer Nähe, im Blindheime­r Ortsteil Weilheim jetzt auch Erdbeeren zum Pflücken gibt, und zwar in Bioqualitä­t. Zusammen mit den Eberl Feldern sind es jetzt zwei Plantagen im Landkreis.
Fotos: Hassan Elke Seiler und ihre Tochter Laura freuen sich, dass es in ihrer Nähe, im Blindheime­r Ortsteil Weilheim jetzt auch Erdbeeren zum Pflücken gibt, und zwar in Bioqualitä­t. Zusammen mit den Eberl Feldern sind es jetzt zwei Plantagen im Landkreis.
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Spätere Erdbeersor­ten haben dunklere und fleischige­re Früchte. Sie eignen sich gut für Marmelade.

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