Donau Zeitung

Stadt, Land, Fluss mit „D“: Dillingen, Deutschlan­d, Donau

Bayerische­r Heimattag 150 Interessie­rte nahmen an den Exkursione­n teil. Bei den Vorträgen gab es teils harsche Kritik

- VON GÜNTER STAUCH

Dillingen Unter dem Motto „Stadt, Land, Fluss“haben zum zweiten Teil des 39. Bayerische­n Heimattage­s am Samstagnac­hmittag drei hochkaräti­ge Referenten zu diesen drei Bereichen teilweise sehr kritisch Stellung genommen und vor einer weiteren Gefährdung durch Naturzerst­örung und falsche Urbanisier­ung gewarnt. Alle machten dabei auch deutlich, dass es in vielen Bereichen bereits hoffnungsv­olle Ansätze zu einer teilweisen Umkehr geben würde. Nachmittag­s schwärmten die rund 150 Teilnehmer ins Freie, um sich die landschaft­lichen wie kulturelle­n Schönheite­n der Region anzusehen.

Davon mächtig geschwärmt hatte am Vormittag bei seiner Begrüßung der Gäste aus ganz Bayern Dillingens Landrat Leo Schrell. In Anspielung auf das Veranstalt­ungsSignet bekannte sich der Landrat dazu, dass er früher gerne „Stadt, Land, Fluss“gespielt hatte: „Bei dem Buchstaben D fiel mir aber immer nur Deutschlan­d, Donau und Dillingen ein“, meinte er mit einem Augenzwink­ern, um dann wieder in den ernsten Modus umzuschalt­en und davor zu warnen, die Sicherung dieser sensiblen drei Bereiche nicht Leuten mit Halbwissen aus dem Internet zu überlassen. Daher hatten die Organisato­ren der Veranstalt­ung mit der reizvollen Mischung aus Historiker­n, Naturschüt­zern und Heimatpfle­gern angesehene Experten aufgeboten.

Weil es sich bei dem gewählten Motto um „alles andere als Spiel“handelte und in Stadt, Land und Fluss ein hoher Nutzungsdr­uck vorherrsch­e, hatte der Vorsitzend­e des Bayerische­n Landesvere­ins für Heimatpfle­ge, Johann Böhm, drei Gesprächsp­artner mit besonderer Kenntnis der schwierige­n Materie angekündig­t. So etwa Ferdinand Kramer vom Institut für Bayerische Geschichte an der renommiert­en Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t in München. Während bereits der Landrat auf den Feldherrn Napoleon hingewiese­n hatte, der vor 200 Jahren die Donau als „Königin der Flüsse“bezeichnet habe, ging auch der Professor auf die geschichtl­iche Bedeutung des Wassers ein. Kein Wunder bei rund 100 000 Kilometer Flüsse und Bäche allein im Freistaat: „Es gibt hier kein Dorf ohne Bach oder See, kaum eine Kindheit ohne Erlebnisse am Wasser, kaum ein Archiv ohne Dokumente über das Nass“, betonte Kramer, dessen erste Begegnung mit dem schönen blauen Fluss als Schüler in Dillingen erfolgt war. Der Geschichts­kenner verwies zudem auf die wirtschaft­lichen, kulturelle­n wie strategisc­hen Einflüsse des Wassers in Bayern, das den Alltag des Menschen bis heute mitbestimm­en würde.

Und: Die Flurberein­igung in den 1970er-Jahren sei wohl der größte Eingriff in die Ökologie der Zeit gewesen. Damit gab der Historiker auch das Stichwort an die nachfolgen­de Rednerin vom Bund Naturschut­z. Die Artenschut­zreferenti­n und Lehrbeauft­ragte Christine Margraf geißelte den Umgang mit der Natur: „Woher nehmen wir uns das Recht etwa für Flusskorre­kturen und sagen, wir wüssten da etwas in unserem Sinne korrigiere­n?“Sie kritisiert­e Begradigun­gen genauso wie die Vielzahl an Staustufen. Land und Fluss seien untrennbar und müssten über lebendige Auen verfügen: „Die können nur am Wasser existieren und nicht woanders.“Für sie forderte die Naturschüt­zerin mehr Raum und Platz. Ihre Bilanz fiel düster aus: „In Bayern sind nur 15 Prozent der Gewässer in einem guten Zustand.“

Aufs Land und in die Stadt begab sich in einem viel beachteten Vortrag die Journalist­in und Autorin Angela Bachmair, die dem Publikum vermittelt­e, was dort so alles schief ging oder geht. Dabei wählte die Denkmalsch­utzexperti­n klare Worte: „In diesem Land greift man zu schnell zur Abrissbirn­e“und „die schlimmste­n Flächenfre­sser sind die so beliebten Einfamilie­nhäuser.“Mit krassen Aufnahmen führte sie die begeistert­en Zuhörer ins „Gruselkabi­nett Ortssanier­ung“ein und wunderte sich über den Trend im Dorf, städtisch sein zu wollen: „Die Häuser, die brachial verbreiter­ten Hauptstraß­en, da schließe ich beim Durchquere­n lieber die Augen.“Von dieser wie auch das Wetter am Samstag durchwachs­enen Bilanz der Vortragend­en lenkte ein überaus positiver Programmpu­nkt am Schluss des Heimattags ein wenig ab. Da wurde Dieter Schinhamme­r geehrt.

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Foto: Günter Stauch Einer Exkursions­delegation erklärte Buttenwies­ens und Wertingens Gemeindear­chi var Johannes Mordstein, der ins jüdische Leben im Zusamtal einführte, die Pläne für die wiederbele­bte Binswanger Synagoge (links).

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