Donau Zeitung

Was ist Heimat? Und wie lange noch?

Bayerische­r Heimattag Wie sehr sich die Region verändert, verdeutlic­hten drei Referenten im Dillinger Schloss

- VON CORDULA HOMANN

Dillingen Ein knallgelbe­s Rapsfeld im Vordergrun­d, dahinter ein Dorf, der Kirchturm ragt in die Höhe – solch ein Foto aus dem Kesseltal ist zurzeit in einer Ausstellun­g der VHS-Fotogruppe zu sehen. Doch auch Industriea­nlagen hat das Team um Wolfgang Elster festgehalt­en. Auf einer Landschaft­saufnahme rauchen die beiden Türme vom AKW Gundremmin­gen im Hintergrun­d. Solarzelle­n und eine gewaltige Stromleitu­ng teilen Landschaft­en, auch das hat die Gruppe festgehalt­en. Die Ausstellun­g, die am Freitag in der Dürnitz im Rahmen des Bayerische­n Heimattage­s eröffnet wurde, zieht ins Foyer der Dillinger Stadtspark­asse ein. Dort wird sie bis 14. Juli gezeigt.

Nach der Vernissage in der Dürnitz wurden die Bayerische­n Heimattage im Mozartsaal des Schlosses eröffnet. Auch dort verdeutlic­hten vor allem Fotos, wie sich der Landkreis und seine Städte in vielen hundert Jahren verändert haben.

Eingangs hatte Professor Hubert Weiger, zurzeit Präsidiums­vorsitzend­er des Bayerische­n Heimattage­s, daran erinnert, dass Heimat untrennbar mit der Natur verbunden ist, aber auch durch Geschichte, die bebaute, gestaltete Umwelt und Kultur für uns prägend sei. Daher standen die Heimattage, die dieses Jahr in Dillingen stattfande­n, unter dem Motto „Stadt, Land, Fluss“. Dillingen sei durch seine Geschichte und die Donau geprägt. „Ein Fluss, der wie kein zweiter Nationen verbindet.“Neben dem Historisch­en Verein dankte Weiger vor allem Dillingens Oberbürger­meister Frank Kunz, weil die Stadt die Umsetzung sehr unterstütz­t hatte.

Dieser gab in seiner Rede einen kurzen Abriss über die reiche Geschichte Dillingens, angefangen von der ersten Nennung der Burg (heute das Schloss) anno 973, über die Gründung der Universitä­t 1549, den Garnisonss­itz ab 1682, die Gründung der Regens-Wagner-Stiftung, auf Johann Evangelist und Theresia Haselmayr zurückgeht, bis zur Gebietsref­orm bei der die (1241 zum ersten Mal genannte) Stadt Dillingen, in den 1970er Jahren um sechs Stadtteile erweitert wurde.

Dass sich auch drumherum einiges verändert hatte, daran erinnerten die drei Referenten im Anschluss, wie Arnold Schromm vom Historisch­en Verein.

Erst Ende des 12. Jahrhunder­ts seien die Städte Lauingen, Dillingen, Höchstädt und Gundelfing­en gegründet worden. Um Licht und Raum zu schaffen, wurden im 19. Jahrhunder­t die Stadtmauer­n abgerissen. Die Industrial­isierung sorgte im 20. Jahrhunder­t für einen massiven Wandel. Inzwischen veröde manch Altstadtke­rn, würden Parkplätze große Lücken reißen, gebe es in der Altstadt immer mehr Leerstände. „Es ist ein Kampf um jedes Haus. Verlieren wir ihn, verlieren wir die Wurzeln und alle Städte werden gleich und gesichtslo­s“, mahnte Schromm.

Bezirkshei­matpfleger Peter Fassl sagte, unter den dreien – Stadt, Land und Fluss – sei das Land der Gewinner. Weil nasse Wiesen und Moore im 19. Jahrhunder­t als Keimzelle für Krankheite­n galten, wurden sie trockengel­egt. Flüsse wurden korrigiert, um Schifffahr­t zu ermögliche­n, die Wasserkraf­t wiederum bereitete den Weg für die Industrial­isierung. Und eines der Ziele, die Menschen vor Überschwem­mungen zu schützen, habe zurückgesc­hlagen. „Aber das ist eigentlich kein Wunder.“Ein Zurück zur Natur hält der Heimatpfle­ger für unmöglich. Dabei habe ein Fotowettbe­werb gezeigt: Die Menschen hätten ein großes Bedürfnis an einer harmonisch­en Landschaft. „Dieses Bedürfnis sollten wir ernst nehmen.“Agathe Lehr, ehemals Lehrerin an der Dillinger St. Bonaventur­a-Realschule, stellte das Unescodie Donauproje­kt vor. Schüler entlang der Donau arbeiten dabei nationenüb­ergreifend mit verschiede­nen Aktionen zusammen. Mit Bildern und einem Film hatten die Realschüle­r Dillingens festgehalt­en, wie schön die Donau ist, wie viele Tiere es dort gibt. Aber auch Bilder von Überschwem­mungen oder Müllablage­rungen zeigte die Präsentati­on, die Agathe Lehr, inzwischen Koordinato­rin des Donauproje­kts für Deutschlan­d, mitgebrach­t hatte.

Um Bilder ging es auch, als Kreisheima­tpfleger Alois Sailer – laut Weiger „die fleischgew­ordene Reinkarnat­ion des Heimattage­s“– mit seinen Mundartged­ichten den Abend auflockert­e. Für jedes Wort habe er drei schwäbisch­e, sagte Sailer. Es sei wie ein Farbkasten, mit dem er seine Gedichte in Wörter male.

Für seine Anekdoten gab es nicht nur viel Applaus, manch einer der rund 150 Besucher musste auch schallend lachen, weil der Heimatpfle­ger bestimmte Begebenhei­ten so exakt und gewitzt beschreibt. Seit 51 Jahren ist Sailer Heimatpfle­ger. Es dürfte, so Professor Weiger, schwerfall­en, einen länger gedienten Kollegen in Bayern oder Deutschlan­d zu finden. Johann Böhm, Vorsitzend­er des Bayerische­n Landesvere­ins für Heimatpfle­ge brachte es auf den Punkt: „Alles nur kein Langeweile­r – unser Alois Sailer.“Böhm überreicht­e Oberbürger­meister Kunz zum Schluss die neueste Ausgabe des Heimatheft­s, in deren Mittelpunk­t Stadt und Kreis Dillingen stehen.

Den Abend hatte das Lanzinger Trio aus Syrgenstei­n musikalisc­h umrahmt. Zur Überraschu­ng des Publikums hatte es zu Beginn mit den drei vermeintli­ch traditione­llen Zither, Hackbrett und Gitarre direkt den Klassiker „Stairway to heaven“von Led Zeppelin intoniert, und damit den Mozartsaal gerockt.

 ?? Foto: Karl Aumiller ?? Ein Blick aufs Kesseltal. Am Wochenende fand der Bayerische Heimattag in Dillingen statt. Dazu gehörte auch eine Fotoausste­llung zum Motto „Stadt, Land, Fluss“, die Bilder aus dem Landkreis Dillingen zeigt. Die Ver nissage fand in der Dürnitz im...
Foto: Karl Aumiller Ein Blick aufs Kesseltal. Am Wochenende fand der Bayerische Heimattag in Dillingen statt. Dazu gehörte auch eine Fotoausste­llung zum Motto „Stadt, Land, Fluss“, die Bilder aus dem Landkreis Dillingen zeigt. Die Ver nissage fand in der Dürnitz im...
 ?? Fotos: Cordula Homann ?? Im Mozartsaal des Dillinger Schlosses wurde der Heimattag feierlich eröffnet. Im Bild von links Johann Böhm, Vorsitzend­er des Bayerische­n Landesvere­ins für Heimatpfle ge, Professor Hubert Weiger, Vorsitzend­er des BUND Naturschut­z in Bayern und der zeit...
Fotos: Cordula Homann Im Mozartsaal des Dillinger Schlosses wurde der Heimattag feierlich eröffnet. Im Bild von links Johann Böhm, Vorsitzend­er des Bayerische­n Landesvere­ins für Heimatpfle ge, Professor Hubert Weiger, Vorsitzend­er des BUND Naturschut­z in Bayern und der zeit...
 ??  ?? Mit einer Ausstellun­g beteiligte sich die Fotogruppe der VHS Dillingen unter der Lei tung von Wolfgang Elster (ganz links) am Bayerische­n Heimattag. Die Ausstellun­g wird ab Dienstag, 4. Juli, bis 14. Juli im Foyer der Dillinger Sparkasse zu sehen sein....
Mit einer Ausstellun­g beteiligte sich die Fotogruppe der VHS Dillingen unter der Lei tung von Wolfgang Elster (ganz links) am Bayerische­n Heimattag. Die Ausstellun­g wird ab Dienstag, 4. Juli, bis 14. Juli im Foyer der Dillinger Sparkasse zu sehen sein....

Newspapers in German

Newspapers from Germany