Improvisationskunst an der Sandtner Orgel
Matinee Professor Jörg Abbing triumphierte in der Dillinger Klosterkirche
Dillingen Der Orgelsommer in der Klosterkirche braucht sich hinter seinen Vorgängern in der Basilika keineswegs zu verstecken. Zurecht hat der künstlerische Leiter Axel Flierl von der Vorfreude auf „intime Klangerlebnisse“mit „Meistern ihres Fachs“hingewiesen. Einen solchen aus Saarbrücken konnten die wiederum zahlreichen Besucher (unter ihnen Dillingens Oberbürgermeister Frank Kunz und sein Vorgänger im Amt Hans-Jürgen Weigl) bewundern und wertschätzen. Professor Jörg Abbing imponierte auf der zweimanualigen Sandtner-Orgel mit einer begeisternden Improvisation, aber auch mit Werken von Johann Sebastian Bach und dessen zweitältesten Sohn Carl Philipp Emanuel.
Vom barocken Altmeister präsentierte der Organist die Toccata und Fuge (BWV 540). Schlüssig hob Abbing die kanonischen Durchgänge hervor, stellte mit Präzision die Pedalstellen heraus und befeuerte die Toccata mit kadenzreichen Achtelschlägen. Die Parallelität zwischen Diskant und Bassbewegungen war frappierend, eine unabhängige Mittelstimme bereicherte das fließend gestaltete Trio-Musizieren. Der Doppelfuge gab der Organist das anspruchsvolle Gewicht sowohl im ersten Thema mit den langen Notenwerten als auch im beschleunigten zweiten mit pulsierenden Achteln, ehe sich beide Subjekte zum triumphalen Schluss vereinten.
Von Carl Philipp Emanuel Bach stelle Abbing die vierte von sechs Orgelsonaten vor. Den Zuhörern wurde eine Musik vermittelt, die wegführte von den strengen Strukturen des Barock. In der dreisätzigen Sonate a-Moll lebten die schnellen Ecksätze vom dynamischen Kontrast, der durch den Wechsel der Manuale erreicht wurde.
Längere virtuose Passagen und die Akkordblöcke spielte Jörg Abbing auf dem Hauptwerk, die imitatorischen Einschübe erklangen mit den Flötenstimmen auf dem Schwellwerk. Im Adagio kam der „beseelte, galante Stil“des Komponisten wegen der sanften Registrierung besonders zum Tragen. Zwischen den beiden Bach-Stücken eingefügt hat Professir Abbing das „Agnus Dei“, eine Messe für Doppelchor des Schweizer Komponisten Frank Martin, die dieser 1965 für Orgel Solo verfasste. Die moderne, vom französischen Impressionismus beeinflusste Harmonik fand sich auch in einer fulminanten freien Improvisation über das Gottesloblied „Maria breit den Mantel aus“(GL 534) wieder. Hier schöpfte der 48-jährige Organist aus einem Füllhorn musikpraktischer Ideen, mit denen er die Klangmöglichkeiten der Sandtner-Orgel auslotete. Vom mystischen Versenken unter den Schutz Mariens bis zum ausdrucksstarken „...bis alle Stürm vorübergehn“reichte die Skala eines eindringlichen Orgelspiels, das den modalen Charakter zeitweise überhöhte, klangexpressive Momente zuließ und die Liedmelodie ins Pedal verschob. Lang anhaltender Beifall für ein exquisites Musizieren.