Donau Zeitung

Hoffnung für Millionen

Altersblin­dheit Erfolgreic­he Studie mit Antikörper­n gegen die Spätform der trockenen Makuladege­neration

- VON WALTER WILLEMS

San Francisco/Bonn Erstmals haben Mediziner ein Mittel gegen eine bislang untherapie­rbare Form der altersabhä­ngigen Makuladege­neration (AMD) in Aussicht. In einer internatio­nalen Studie testete ein Forscherte­am den Antikörper Lampalizum­ab gegen die Spätform der trockenen AMD – die sogenannte geografisc­he Atrophie. Demnach bessern monatliche Injektione­n des Mittels in den Augapfel die Sehkraft zwar nicht, sie bremsen aber das Fortschrei­ten der Krankheit bei vielen Patienten deutlich. Das berichtet das Team um Erich Strauss vom Hersteller Genentech, an dem auch die Uniklinik Bonn beteiligt ist, im Fachblatt Science Translatio­nal Medicine. Ein unabhängig­er deutscher Experte spricht von beeindruck­enden Resultaten, die jedoch in größeren Studien bestätigt werden müssten. Zwei solche Untersuchu­ngen laufen bereits.

Die altersabhä­ngige Makuladege­neration ist in Industriel­ändern die häufigste Ursache für den Verlust der Sehkraft. Sie betrifft die schärfste Stelle des Sehens in der Mitte der Netzhaut – die etwa zehn Quadratmil­limeter große Makula. In Deutschlan­d sind Millionen Menschen von der Erkrankung betroffen, die sich über Jahre hinzieht. In der Frühphase häufen sich unter der Netzhaut Stoffwechs­elprodukte, die die Zellen nicht mehr abbauen können. Diese Ablagerung­en wölben die Makula auf.

Gegen die feuchte Spätform der AMD gibt es seit etwa einem Jahrzehnt eine Therapie, die das Sehvermöge­n bessern kann. Gegen die häufigere geografisc­he Atrophie, bei der die Ablagerung­en die Pigmentzel­len zugrunde richten, sind die Ärzte bislang machtlos. Von dieser Variante sind den Forschern zufolge weltweit mehr als fünf Millionen Menschen betroffen.

Hier testete das Team nun Lampalizum­ab an etwa 120 Patienten ab 60 Jahren, die entweder den Wirkstoff oder aber Scheininje­ktionen erhielten. Die Phase-2-Studie sollte vor allem die Sicherheit des Wirkstoffs und das Therapieko­nzept – also monatliche Injektione­n – testen.

Erste Resultate zeichneten sich nach sechs Monaten ab. Im Lauf der 18-monatigen Studie hemmte das Mittel das Fortschrei­ten der Schäden im Vergleich zur Scheinbeha­ndlung um 20 Prozent: In der Kontrollgr­uppe breitete sich die geografisc­he Atrophie um 2,8 Quadratmil­limeter aus, in der behandelte­n Gruppe um 2,2 Quadratmil­limeter.

Die genauere Analyse der Daten zeigte, dass vor allem Menschen mit bestimmten Erbanlagen von der Therapie profitiert­en. Bei Patienten mit diesen genetische­n Varianten – etwa 57 Prozent der Teilnehmer – sank das Fortschrei­ten des Augenleide­ns um fast die Hälfte (44 Prozent). Den übrigen Teilnehmer­n half der Wirkstoff kaum. Und: Bei Frauen fiel der Effekt deutlich stärker aus als bei Männern. Insgesamt erwies sich das Mittel als gut verträglic­h – die häufigsten Nebenwirku­ngen gingen mit den Injektione­n ins Auge einher.

„Das ist die erste saubere, größere Phase-2-Studie zur trockenen Spätform der AMD“, betont Professor Horst Helbig vom Universitä­tsklinikum Regensburg. Vor einem Urteil müsse man aber die Resultate größerer Studien abwarten. Derzeit laufen zwei Zulassungs­studien, deren erste Ergebnisse in der zweiten Jahreshälf­te erwartet werden.

Die nun vorgelegte­n Resultate hält der Experte vom Vorstand der Deutschen Ophthalmol­ogischen Gesellscha­ft jedoch aus zwei Gründen für sensatione­ll. „Wir haben erstmals die Möglichkei­t, den Prozess der geografisc­hen Atrophie aufzuhalte­n. Zudem können wir – sofern sich die Ergebnisse bestätigen – vorher anhand des Erbguts ermitteln, welche Patienten von der Therapie am meisten profitiere­n,“erklärt er. (dpa)

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Foto: imago Der Amsler Gitter Test hilft bei der Früherkenn­ung einer Makuladege­neration: Er scheinen die Linien verzerrt, kann das auf die Erkrankung hinweisen.

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