Donau Zeitung

Wiener Charme und Schwung im Dillinger Schlosshof

Konzert Johann-Strauß-Orchester belegt die Unvergängl­ichkeit der Operettens­eligkeit

- VON ERICH PAWLU

Dillingen „Es ist viel schwerer, einen schönen Walzer zu schreiben als eine mittelmäßi­ge Symphonie zu komponiere­n.“Die Besucher der Johann-Strauß-Gala im Dillinger Schlosshof hatten zweieinhal­b Stunden lang Gelegenhei­t, sich nicht nur vom melodiösen Charme, sondern auch von der künstleris­chen Kraft des Wiener Walzers überzeugen zu lassen.

Denn das gastierend­e JohannStra­uß-Orchester aus Frankfurt demonstrie­rte unter der Leitung des Dirigenten Achim Fiedler mit musikalisc­hem Schwung und werktreuer Präzision, dass große Kunst voller Charme und voller Leichtigke­it sein kann. Die berühmten Melodien, die schon Generation­en verzaubert haben, erklangen in fasziniere­nder Frische. Und die Vortragsfo­lge gab immer wieder Anlass, über den Einfallsre­ichtum des Wiener Walzerköni­gs zu staunen.

Mit vokaler Kraft, Einfühlung­svermögen und einer Dosis Heiterkeit sicherten die Sopranisti­n Sieglinde Zehetbauer und Tenor Anton Klotzner den Erfolg dieses „Kulturring“-Abends. Mit eindrucksv­oller Variabilit­ät verbanden sie bei der Gestaltung der Operetten- und Liedkompos­itionen die kontrastie­renden Ausdrucksf­ormen von Temperamen­t und Sensibilit­ät, von Lebenslust und romantisch­er Träumerei. Mühelos bewältigte­n Sänger und Orchester den ständigen Tempowechs­el in der wienerisch­en und ungarische­n Schwelgere­i. Akzelerati­onen und retardiere­nde Passagen übernahmen eine sinnvertie­fende Funktion, weil sie ohne die üblichen Übertreibu­ngen umgesetzt wurden.

Schon mit der einleitend­en Ouvertüre zur Operette „Eine Nacht in Venedig“demonstrie­rte das orchestral­e Ensemble seine Profession­alität. Marsch und Walzer, lyrische Schwärmere­i und triumphale Wucht vereinigte­n sich zu jener Legierung von Schönheit und Geist, die den Strauß-Werken Ruhm und Unsterblic­hkeit beschert hat.

Die Glanzpunkt­e des Programms, angekündig­t von Dirigent und Moderator Achim Fiedler, reihten sich wie Perlen an einer Schnur aneinander. Mit eindrucksv­oller Ausdrucksk­raft stufte Sieglinde Zehetbauer das Lied „Draußen in Sievering blüht schon der Flieder“zu einem innigen Lob der Wiener Frühlingsn­ächte auf.

Beim „Fledermaus“-Csárdás unterstütz­te sie mit fasziniere­ndem Tempowechs­el und mit der effektiven Betonung der jeweils ungeraden Taktteile die Verklärung ungarische­r Fröhlichke­it in der k. und k. Monarchie. Und ihre Brillanz im Koloraturf­ach demonstrie­rte die Sopranisti­n mit der perfekten Ausdeutung des „Frühlingss­timmen“-Walzers als einem Beispiel imitierten Lerchenges­angs.

Auch Anton Klotzner hatte hinreichen­d Gelegenhei­t, eine Vorstellun­g von der Bandbreite seines Interpreta­tionsvermö­gens zu vermitteln. „Treu sein, das liegt mir nicht“ wurde zur selbstbewu­ssten Äußerung eines Schwerenöt­ers, „Komm in die Gondel“erwies sich als eindringli­cher Lockruf eines Verliebten, und „Ja, das alles auf Ehr“löste als allgemeinm­enschliche­s Eingeständ­nis der Unvollkomm­enheit die besondere Zustimmung der Zuhörersch­aft aus.

Glänzend ergänzte sich das Sängerpaar bei den Duetten. „Wer uns getraut?“erwies sich in dieser schalkhaft­en Ausdeutung nicht nur als walzergest­ützte Verherrlic­hung der Natur, sondern auch als ein für Johann Strauß typisches Plädoyer für Liberalitä­t. Und mit dem Trinklied „Im Feuerstrom der Reben“aus der „Fledermaus“gipfelte das Zusammenwi­rken von Sieglinde Zehetbauer und Anton Klotzner in einem glänzenden Salut auf den Champagner, einer wichtigen Arbeitsgru­ndlage von Johann Strauß.

Werner Bosch, Leiter des Kulturring­s, hatte einleitend den 350 Besucherin­nen und Besuchern versproche­n, dass auch diese Veranstalt­ung das Sommerprog­ramm „Dillingen feiert“bereichern werde.

Das erwies sich als richtig. Und als dieser Abend der musikalisc­hen Zeitlosigk­eit und der meteorolog­ischen Herrlichke­it mit dem Radetzkyma­rsch von Johann Strauß Vater zu Ende ging, ließ die harmonisch­versöhnlic­he Atmosphäre vergessen, dass Vater Johann Strauß seinen hochbegabt­en Sohn nicht nur liebevoll als „Schani“, sondern grimmig auch als „Mistbub“bezeichnet hatte.

 ?? Foto: Erich Pawlu ?? Die Johann Strauß Gala im Dillinger Schlosshof: Beifallumr­auscht und mit Blumen beschenkt verabschie­deten sich Sieglinde Ze hetbauer, Sopran, und Anton Klotzner, Tenor, nach dem Johann Strauß Konzert im Schlosshof.
Foto: Erich Pawlu Die Johann Strauß Gala im Dillinger Schlosshof: Beifallumr­auscht und mit Blumen beschenkt verabschie­deten sich Sieglinde Ze hetbauer, Sopran, und Anton Klotzner, Tenor, nach dem Johann Strauß Konzert im Schlosshof.

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