Buttinette will hoch hinaus
Modernisierung Im neuen Nachschublager des Versandhauses in Wertingen müssen die Arbeiter vor allen Dingen eines: Schwindelfrei sein. Ein Großteil der Arbeit wird ihnen durch die Technik erleichtert
Wertingen So ganz ruhig bleiben konnte er nicht, als das System im Fasching seinen Härtetest erfuhr, gibt Geschäftsführer Josef Wagner zu. Im Schichtbetrieb wurde da im neuen Nachschublager von Buttinette gearbeitet, knapp 4000 teils riesige Kartons fuhren die Mitarbeiter täglich durch die Halle. Seit Ende 2016 ist das hochmoderne Nachschublager für das Versandhaus in Wertingen im Betrieb, das sich die Firma neun Millionen Euro kosten ließ. Das erste Zwischenfazit zieht Wagner jetzt gerne: „Wir sind sehr zufrieden, die Feuertaufe hat fast reibungslos geklappt.“
Beinahe besser als erwartet, sagen Wagner und der Leiter der Logistik, Günter Schäfer, als sie durch die 5000 Quadratmeter große und 20 Meter hohe Halle laufen. Besonders laut reden müssen die beiden nicht, als sie sich unterhalten, denn hier ist es bemerkenswert leise. Das liegt nicht daran, dass gerade wenig los ist– es werden hier schon fleißig Vorbereitungen für die Bastelzeit im Herbst getroffen, also einiges an Zubehör eingelagert. Still ist es vor allem dank moderner Technik.
Drei Gabelstaplerfahrer fahren gerade zwischen den gewaltigen Regalreihen hindurch, und das schnell. Möglich gemacht zum einen durch ein Computersystem, das mittlerweile einen Großteil des gesamten Betriebs direkt steuert, von der Warenzusammenstellung bis zum Etikett hat der Computer bei Buttinette das Sagen. Damit die Fahrer auf den Gabelstaplern möglichst schnell und präzise zu ihren gewünschten Kartons kommen, sind in den Boden des Nachschublagers eine ganze Menge von sogenannten Induktionsstreifen eingelassen. Auf diesen Bahnen bewegen sich die Geräte. Günter Schäfer deutet auf eine winzige Erhebung am Boden, kaum so groß wie ein 20-Cent-Stück. „Hier ist ein Chip in den Boden eingebracht, sie sind im ganzen Lager verteilt. Sie bestimmen immer genau, wo sich der Fahrer befindet.“
Das Ergebnis lautet dann „Optispeed“: Hinter dem englischen Namen verbirgt sich eine enorme Vereinfachung für die Arbeit der Lagerarbeiter. Wollen diese mit einem Gabelstapler einen bestimmten Karton holen oder einlagern, müssen sie nur noch den Zwischengang der Regalreihen anfahren und Gas geben. Dann erledigt der Computer den Rest und fährt den Arbeiter so schnell wie möglich zum Zielort.
Vor der gewaltigen Investition funktionierte das Nachschubsystem mit diversen Zwischenlagern, von denen nun aber fünf geschlossen wurden, unter anderem in Dillingen, Wertingen und Vorderried. Nur eines in Westendorf werde spe- ziell für Faschingsartikel weiter betrieben. Durch die Zentralisierung des Nachschubs – vereinfacht gesagt dem Teil der Ware, der zum richtigen Zeitpunkt an die Mitarbeiter geliefert wird, welche die Kundensendungen zusammenstellen – spart die Firma laut Josef Wagner Zeit und viel Geld. Früher mussten die Lagerarbeiter den Tag über viele Lkw abladen und mit ihre Sendungen zusammen suchen. Schlanker und effizienter ist die Logistik nun geworden. „Früher mussten die Lkw teilweise wegen ein paar einzelner Kisten noch herumfahren“, so Wagner. Ein Lkw wurde so schon eingespart, ergänzt Günter Schäfer. Das neue System sei damit auch umweltschonender.
Die Lageristen müssten heute andere Dinge können als früher. Wo damals die körperliche Fitness noch eine große Rolle gespielt hatte, erledigt die schweißtreibenden Parts heute die Technik.
Schwindelfrei sollten die Mitarbeiter auf alle Fälle sein, denn die oberste Schicht der Paletten befindet sich auf 14 Metern Höhe. Deshalb müssen die Mitarbeiter einmal jährlich eine ganz besondere SchuZetteln lung über sich ergehen lassen: Sie müssen sich in einer Übung von einem vollständig ausgefahrenen Gabelstapler abseilen – kopfüber. Josef Wagner verzieht bei der Schilderung seiner Mitarbeiter halb anerkennend, halb schockiert das Gesicht. „Das wäre so gar nichts für mich“, sagt er und lacht. Ganz nach oben muss er zumindest mit einem Gabelstapler nicht.