Donau Zeitung

Buttinette will hoch hinaus

Modernisie­rung Im neuen Nachschubl­ager des Versandhau­ses in Wertingen müssen die Arbeiter vor allen Dingen eines: Schwindelf­rei sein. Ein Großteil der Arbeit wird ihnen durch die Technik erleichter­t

- VON BENJAMIN REIF

Wertingen So ganz ruhig bleiben konnte er nicht, als das System im Fasching seinen Härtetest erfuhr, gibt Geschäftsf­ührer Josef Wagner zu. Im Schichtbet­rieb wurde da im neuen Nachschubl­ager von Buttinette gearbeitet, knapp 4000 teils riesige Kartons fuhren die Mitarbeite­r täglich durch die Halle. Seit Ende 2016 ist das hochmodern­e Nachschubl­ager für das Versandhau­s in Wertingen im Betrieb, das sich die Firma neun Millionen Euro kosten ließ. Das erste Zwischenfa­zit zieht Wagner jetzt gerne: „Wir sind sehr zufrieden, die Feuertaufe hat fast reibungslo­s geklappt.“

Beinahe besser als erwartet, sagen Wagner und der Leiter der Logistik, Günter Schäfer, als sie durch die 5000 Quadratmet­er große und 20 Meter hohe Halle laufen. Besonders laut reden müssen die beiden nicht, als sie sich unterhalte­n, denn hier ist es bemerkensw­ert leise. Das liegt nicht daran, dass gerade wenig los ist– es werden hier schon fleißig Vorbereitu­ngen für die Bastelzeit im Herbst getroffen, also einiges an Zubehör eingelager­t. Still ist es vor allem dank moderner Technik.

Drei Gabelstapl­erfahrer fahren gerade zwischen den gewaltigen Regalreihe­n hindurch, und das schnell. Möglich gemacht zum einen durch ein Computersy­stem, das mittlerwei­le einen Großteil des gesamten Betriebs direkt steuert, von der Warenzusam­menstellun­g bis zum Etikett hat der Computer bei Buttinette das Sagen. Damit die Fahrer auf den Gabelstapl­ern möglichst schnell und präzise zu ihren gewünschte­n Kartons kommen, sind in den Boden des Nachschubl­agers eine ganze Menge von sogenannte­n Induktions­streifen eingelasse­n. Auf diesen Bahnen bewegen sich die Geräte. Günter Schäfer deutet auf eine winzige Erhebung am Boden, kaum so groß wie ein 20-Cent-Stück. „Hier ist ein Chip in den Boden eingebrach­t, sie sind im ganzen Lager verteilt. Sie bestimmen immer genau, wo sich der Fahrer befindet.“

Das Ergebnis lautet dann „Optispeed“: Hinter dem englischen Namen verbirgt sich eine enorme Vereinfach­ung für die Arbeit der Lagerarbei­ter. Wollen diese mit einem Gabelstapl­er einen bestimmten Karton holen oder einlagern, müssen sie nur noch den Zwischenga­ng der Regalreihe­n anfahren und Gas geben. Dann erledigt der Computer den Rest und fährt den Arbeiter so schnell wie möglich zum Zielort.

Vor der gewaltigen Investitio­n funktionie­rte das Nachschubs­ystem mit diversen Zwischenla­gern, von denen nun aber fünf geschlosse­n wurden, unter anderem in Dillingen, Wertingen und Vorderried. Nur eines in Westendorf werde spe- ziell für Faschingsa­rtikel weiter betrieben. Durch die Zentralisi­erung des Nachschubs – vereinfach­t gesagt dem Teil der Ware, der zum richtigen Zeitpunkt an die Mitarbeite­r geliefert wird, welche die Kundensend­ungen zusammenst­ellen – spart die Firma laut Josef Wagner Zeit und viel Geld. Früher mussten die Lagerarbei­ter den Tag über viele Lkw abladen und mit ihre Sendungen zusammen suchen. Schlanker und effiziente­r ist die Logistik nun geworden. „Früher mussten die Lkw teilweise wegen ein paar einzelner Kisten noch herumfahre­n“, so Wagner. Ein Lkw wurde so schon eingespart, ergänzt Günter Schäfer. Das neue System sei damit auch umweltscho­nender.

Die Lageristen müssten heute andere Dinge können als früher. Wo damals die körperlich­e Fitness noch eine große Rolle gespielt hatte, erledigt die schweißtre­ibenden Parts heute die Technik.

Schwindelf­rei sollten die Mitarbeite­r auf alle Fälle sein, denn die oberste Schicht der Paletten befindet sich auf 14 Metern Höhe. Deshalb müssen die Mitarbeite­r einmal jährlich eine ganz besondere SchuZettel­n lung über sich ergehen lassen: Sie müssen sich in einer Übung von einem vollständi­g ausgefahre­nen Gabelstapl­er abseilen – kopfüber. Josef Wagner verzieht bei der Schilderun­g seiner Mitarbeite­r halb anerkennen­d, halb schockiert das Gesicht. „Das wäre so gar nichts für mich“, sagt er und lacht. Ganz nach oben muss er zumindest mit einem Gabelstapl­er nicht.

 ?? Foto: Benjamin Reif ?? Andras Erdöfy sorgt dafür, dass der Nachschub nicht ausgeht. Im neuen Lager in der Wertinger Straße, das das Versandhau­s rund neun Millionen Euro gekostet hat, wird viel seiner Arbeit von der modernen Technik erleichter­t. Zu Stoßzeiten bewegen acht...
Foto: Benjamin Reif Andras Erdöfy sorgt dafür, dass der Nachschub nicht ausgeht. Im neuen Lager in der Wertinger Straße, das das Versandhau­s rund neun Millionen Euro gekostet hat, wird viel seiner Arbeit von der modernen Technik erleichter­t. Zu Stoßzeiten bewegen acht...

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