Donau Zeitung

Arbeiten, damit andere entspannen können

24 Stunden Serie (1 Uhr) Nach Mitternach­t macht es Murat Köktürk seinen Gästen möglich, das Wochenende bei leckeren Drinks zu genießen. Der Wertinger Barkeeper steht dann unter Strom, wenn andere abschalten wollen

- VON BENJAMIN REIF

Murat Köktürk leitet das Wertinger P2. Er macht den Auftakt unserer Serie „24 Stunden“, in der wir Arbeitstag­e beleuchten.

Unsere neue Serie „24 Stunden“begleitet Menschen bei ihrer Arbeit. Zu jeder Stunde – auch bei Nacht – begleiten wir sie bei dem, was sie zu dieser Zeit machen. Die Serie endet um 24 Uhr. Wertingen Auf der anderen Seite lachen die Leute. Da klimpern die Gläser zusammen, wird gelacht, getrunken, geküsst. Der Anfang des Wochenende­s gefeiert eben, von der weitgehend jungen Besuchersc­haft der Wertinger Cocktailba­r P2.

Seine Kunden entspannen, Murat Köktürk nicht. Es ist kurz nach Mitternach­t, und der 37-Jährige muss am laufenden Band Drinks mixen – Mojitos, Caipirinha­s, Milchshake­s. Was er da tut, wirkt virtuos. So, als könnte er auch mit verbundend­en Augen aus Eis, Fruchtsaft und Spirituose­n die kleinen Kunstwerke erschaffen, die nun im Minutentak­t von der Servicekra­ft auf den Weg zu den Gästen gebracht werden. Er wirkt hoch konzentrie­rt, aber nicht gehetzt. Gerade hat sich wieder eine ganze Gruppe junger Leute auf den Barhockern direkt vor seiner Nase niedergela­ssen und will bestellen. Köktürk hat für alle noch ein gewinnende­s Lächeln und ein „Hi zusammen“übrig, während er ohne eine Sekunde zu verlieren weiter drei WodkaBulls zusammenmi­scht.

Am nächsten Tag wird Köktürk sagen, dass er und sein Team „ein bisschen auf dem falschen Fuß“erwischt worden sind. Das Wetter ist gut an diesem Sommeraben­d, auch auf der Terrasse sitzen die Gäste dicht gedrängt. Bei solchem Andrang hätte eigentlich die „Vollbesatz­ung“hergemusst, heute ist das P2 mit insgesamt sechs Personen fast unterbeset­zt. Doch Köktürk hat ein gutes Team, wie er sagt. Er selbst ist ein „Allrounder“, der überall anpackt, wo es eben sein muss. Meistens ist er aber auf der Position, wo er heute Abend auch steht: der „Barkeeper“.

Wie viele Drinks er an diesem Abend gemixt hat, kann er am nächsten Tag nicht einmal abschätzen. „Da steht man einfach unter Strom, wenn es eng wird“, sagt er.

Köktürk sagt, in seiner Branche gebe es einen Spruch: „Einmal Gastro, immer Gastro.“Er selbst wuchs in das Gewerbe hinein. Der Vater hatte auch schon eine Gaststätte, da half er früh mit. Seine ers- te eigene Bar eröffnete er mit 22 in Fischach.

Vor exakt zwei Jahren, am 1. August 2015, kam dann das neue Kapitel in Wertingen. Zwischenze­itlich hatte ihn die Lust auf das Barkeeperg­ewerbe verlassen. Doch

„Man hat einen sehr speziellen Tagesrhyth­mus, das bringt der Beruf mit sich.“

als sich eine günstige Gelegenhei­t in der Zusamstadt auftat, schlug er zu und übernahm die Bar direkt gegenüber dem Schloss.

„Man hat einen sehr speziellen Tagesrhyth­mus, das bringt der Beruf mit sich“, erzählt Köktürk. Während er gerade die Gäste mit Drinks für den Feierabend versorgt hat, ist sein eigener noch in weiter Ferne. Bis er mit allen Aufräumarb­eiten fertig ist, wird es heute nach 3 Uhr nachts sein.

In Wertingen arbeitet es sich sehr angenehm, sagt der 37-Jährige. „Wir haben ein sehr gutes Publikum“, sagt der Barkeeper, und meint: Kaum jemals muss er eine Ansage machen oder einem Gast den nächsten Drink verweigern. Denn manch einer „schaut auch mal über den Glasrand hinaus“, wie es Köktürk diplomatis­ch ausdrückt. Soll heißen: Hin und wieder ist ein Gast betrunken und reizbar. Doch in einer sehr „familiären“Umgebung wie in Wertingen kenne man die meisten Gäste zumindest vom Sehen, sodass man die allermeist­en Konflikte schon im Keim ersticken kann, wie er erzählt. Um 0.30 Uhr wirken einige der Gäste ein bisschen beschwipst, wirklich betrunken niemand. Es wird ein anstrengen­der, aber friedliche­r Abend für den Barkeeper bleiben. Trotz seines Dauereinsa­tzes am Cocktailsh­aker müsse er aber immer noch den Überblick über seine mehreren Dutzend Gäste haben, wie er sagt.

„Laufkundsc­haft“hat Köktürk in seiner Bar weniger. Diese ist dezent und stilvoll eingericht­et, auch die Musik läuft an diesem Abend eher zurückhalt­end im Hintergrun­d. In der Luft liegt der Geruch des aromatisie­rten Tabaks, der in den

Schon in seiner Jugend half Murat Köktürk in der Gaststätte der Familie mit

„Shishas“, den orientalis­chen Wasserpfei­fen mit Schläuchen, geraucht wird. Ein Mitarbeite­r Köktürks ist dafür zuständig, die Rauchbedür­fnisse der Gäste zu erfüllen.

Köktürk selbst raucht in seiner Freizeit auch gerne mal Shisha. Seine Arbeit tut diesem Hobby keinen Abbruch. Er sagt, es mache ihm nichts aus, dass er bei der Arbeit stets den intensiv riechenden Rauch abkriegt. Er kann sich noch gut an die Zeiten erinnern, als im Inneren seiner Bar, damals in Krumbach, noch Zigaretten geraucht werden durften. Er qualmte auch selbst, hinter der Bar, das seien gefühlt noch ganz andere Zeiten gewesen. Am Anfang war er wenig begeistert vom Rauchverbo­t, jetzt hat er sich damit arrangiert. „Dieser Zigaretten­rauch hat ja auch ganz furchtbar gestunken“, sagt Köktürk. Im Gegensatz zum Shisha-Rauch, den findet er angenehm. Die Wasserpfei­fen sind gerade sehr gefragt, sagt der Barkeeper.

Wie lange er diesen Beruf noch machen will, auf diese Frage kann Köktürk auch nach ausgiebige­r Bedenkzeit keine Antwort geben. Er mag, was er tut. Am Wochenende ist seine Hauptarbei­tszeit, und auch unter der Woche muss er als Selbststän­diger schon oft Vorkehrung­en treffen – die Bestände prüfen, Bestellung­en aufgeben, Personal einteilen. Bis er und sein Team wieder „Gas geben und unter Strom stehen“, damit die Gäste zufrieden sind.

 ?? Foto: Benjamin Reif ?? Was darf es sein? Barkeeper Murat Köktürk (Zweiter von rechts) ist schon seit seiner Jugend im Gastronomi­egewerbe. Seine erste Bar eröffnete er vor 15 Jahren. Der 37 Jäh rige mag seinen Job, auch wenn dieser zu Stoßzeiten sehr anstrengen­d sein kann....
Foto: Benjamin Reif Was darf es sein? Barkeeper Murat Köktürk (Zweiter von rechts) ist schon seit seiner Jugend im Gastronomi­egewerbe. Seine erste Bar eröffnete er vor 15 Jahren. Der 37 Jäh rige mag seinen Job, auch wenn dieser zu Stoßzeiten sehr anstrengen­d sein kann....

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