Rund um die Uhr im Einsatz für die Bürger
24 Stunden Serie (2 Uhr) Wenn andere feiern, sind Roland Philipp und seine Kollegen im Einsatz. Der Polizeibeamte ist Dienstgruppenleiter in Dillingen. Eine Nachtschicht
Dillingen Roland Philipp drückt auf die linke Taste der Computermaus und macht den Ton lauter. Klar und deutlich ist eine Frauenstimme zu hören. Sie schildert, dass sie gerade mit ihrem Auto nach Hause gefahren ist und dabei einen jungen Mann mit seinem Fahrrad auf der Straße liegen hat sehen. Kurz erklärt sie, wo genau sie den Kerl entdeckt hat, der Mann am anderen Ende der Leitung bedankt sich und verspricht, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Wieder ist ein Alarmton zu hören. „Dann bin ich an der Reihe“, sagt Philipp und schmunzelt. Er ist in dieser Nacht der Dienstgruppenleiter bei der Polizeiinspektion Dillingen. Kurz vor zwei Uhr nachts wird dieser Notruf von der Integrierten Leitstelle in Augsburg weitergeleitet – alles digital. „Wenn das Signal ertönt, dann schaue ich rein und entscheide, was zu tun ist“, erklärt der Polizeibeamte. In diesem Fall, der sich in einer Nacht von Freitag auf Samstag in Gundelfingen abspielt, schickt er zwei junge Kollegen raus. Es ist kurz nach 2 Uhr.
Roland Philipp und die Besetzung in dieser Nachtschicht sind seit 18.30 Uhr im Dienst. 14 Einsätze sind schon zu vermelden. Unfallflucht, Bedrohung, Wildschaden, Einweisung ins Krankenhaus, häusliche Streitigkeiten, ein herrenloser Tresor – die Palette ist breit gefächert. Und das ist nicht ungewöhnlich. Der Dienstgruppenleiter erklärt: „Im Sommer und am Wochenende häufen sich die Einsätze. Die Leute sitzen draußen und trinken Alkohol. Zudem sind viele Feste, da haben wir einfach mehr zu tun. Uns wir definitiv nicht langweilig.“Durchaus gebe es aber Fälle, so Philipp, die nachts nicht immer unbedingt sein müssten. Aber selbstverständlich, so der 49-Jährige, werde niemand weggeschickt – das dürfe er gar nicht.
Einige Bürger sind in dieser Nacht schon direkt bei der Polizei gewesen und wurden von Polizeiobermeisterin Carina Zirkelbach in Empfang genommen worden. Sie sitzt vorne in der Wache. Seit vier Jahren ist sie bei der Polizei Dillingen – ihr absoluter Traumberuf, er- zählt die 28-Jährige. „Ich wollte von klein an bei der Polizei arbeiten“, sagt sie. Es seien die Abwechslung und die Arbeit mit den Menschen, die den Job ausmachen. Und an die Nachtschichten gewöhne man sich auch recht schnell. „Das geht schon. Klar gibt es mal Durchhänger, wenn nicht viel los ist, aber das kommt selten vor“, sagt sie und schmunzelt. Wie in dieser Nacht – da ist Carina Zirkelbach nicht nur in der Wache präsent, sondern schon mit einer Streifenbesatzung rausgefahren und hat vor Ort mitgeholfen. An eine Nachtschicht kann sie sich besonders gut erinnern. An die, in der in Höchstädt ein Mann mit einer Machete umhergelaufen ist. „Das vergesse ich nicht.“
Roland Philipp hat ebenfalls so eine Nacht, an die er sich noch lange erinnern wird. Die, in der eine Vergewaltigung in Wertingen passiert ist. „Da war ganz schön was los“, so der erfahrene Polizist. Als Dienstgruppenleiter muss er nicht nur einteilen, sondern auch entscheiden, die Situation einzig auf Basis des Notrufes richtig beurteilen. Er hat die Verantwortung. „Was wir nachts lösen können, lösen wir nachts. Manches muss aber warten oder an Kollegen weitergegeben werden“, so Philipp. Deshalb fährt er selbst nicht mehr raus, sondern muss vor Ort in der Polizeiinspektion alles koordinieren – hinzu kommt Bürokratie. Seit 1992 ist er im Schichtbetrieb, der bei der Polizei sechs Wochen im Voraus festgelegt ist, im Dienst. Irgendwann wolle er nicht mehr schichten, auch wenn das für ihn und seine Familie mittlerweile ganz normal sei. Er brauche auch nicht mehr Kaffee als sonst bei Nacht, am Nachmittag wird gut vorgeschlafen, erzählt er. „Wichtig ist nur die Zeitung. Die kommt nachts und dann können wir gleich die Polizeiberichte anschauen“, sagt er und lacht. Seit 2004 ist Philipp in Dillingen, seit sieben Jahren Dienstgruppenleiter. Und er hat einen Appell: „Die Leute sollten wieder mehr miteinander reden.“
Es ist kurz vor 3 Uhr. Die zwei jungen Kollegen, die Philipp nach Gundelfingen geschickt hat, sind wieder zurück – ohne Ergebnis. „Da war niemand. Wir haben ihn nicht gefunden“, ruft einer der beiden und fragt: „Damit hat es sich erledigt, oder?“Philipp nickt. Der Alarmton am Computer ist wieder zu hören. Ein neuer Notruf. In wenigen Stunden ist die Nachtschicht vorbei. Bis zur Nächsten. O
Serie Unsere neue Serie „24 Stunden“begleitet Menschen bei ihrer Arbeit. Zu jeder Stunde – auch bei Nacht – begleiten wir sie bei dem, was sie zu dieser Zeit machen. Die Serie endet um null Uhr.